Wenn Sie Freund oder Freundin der Narretei sind, dürfen Sie an dieser Stelle auf keinen Fall weiterlesen. Klicken Sie weiter! Wenn das nicht der Fall ist und Sie seit jeher unter dem Radau leiden, sind Sie genau richtig. An dieser Stelle geht es nämlich um die schleichende Abschaffung des Karneval. Unser Gastautor Harry Hirsch erklärt Ihnen, wie das vor sich geht. Ein Siebenjahresplan, der längst begonnen hat. Jedes Jahr eine Farbe weniger, bis der alte weiße Mann alleine vor seinem Obstler sitzt.
1. Jahr: Früher war die Fasnacht noch multikulturell. Wer den Aufwand nicht scheute, färbte sein Gesicht dunkel, kleidete sich in ein Röckchen aus Bast und nahm Rasseln mit. Das geht heute gar nicht mehr. Das Blackfacing (Gesicht schwärzen) steht auf der Roten Liste ganz oben. Ausnahme sind natürlich Menschen, die sich als Schornsteinfeger verkleiden. Schwarze Mützen sind weiterhin erlaubt. Von Burkas ist weiterhin abzuraten.
Was werden die Inuit dazu sagen?
2. Jahr: Dieses Mal geht es denjenigen an den Kragen, die sich als Indianer verkleiden. Das ist politisch nicht mehr korrekt, weiß man, weil sich die sehr zahlreichen Indigenen in Deutschland daran stören. Also weg mit der Farbskala zwischen Rot und Braun. Gilt auch für Inuit und Maori. Die Fasnacht wird eintöniger und grauer.

3. Jahr: Es geht ans Eingemachte. Problem sind mal wieder die Mannsbilder – speziell solche, die sich mit Vorliebe als Frau verkleiden. Der heitere Geschlechterwechsel geht gar nicht. Menschen, die tatsächlich auf die andere Seite wollen und zwar dauerhaft, könnten da verletzt sein. Also Finger weg vom Transgendern. Ob das umgekehrt auch für Frauen gilt, die sich einen Bart ankleben und Mann spielen, ist noch offen.
4. Jahr: Jetzt wird in ein finsteres Eck geleuchtet. Pistoleros tummeln sich darin, Cowboys mit Revolvern, falsche Polizistinnen, Waffennarren. Friedensfreunde haben das längst durchschaut als Aufruf zur Gewalt. Also heißt es Abrüsten, raus mit den Militaristen, weg mit den Knarren. Die Cowboys werden auf Melker umgeschult, die Soldaten zu Baumpflanzern.
Wo spielt heute noch eine Lumpenkapelle?
5. Jahr: Diskriminierung ist ja nicht nur optisch, sie kann gerade auch das hochsensible Ohr beleidigen. So wie es Quartalssäufer gibt, gibt es auch den Quartalsmusikanten, der einmal im Jahr seine Hupe oder Pauke vom Speicher holt. Diese Unsitte beendet das Komitee zur Bekämpfung der Fasnacht. Keine Lumpenkapellen mehr, keine Schrottbläser, keine Gugga.
6. Jahr: Teenager schlüpfen gerne in Ganzkörper-Anzüge als Kuh, Zebra, Löwe. Der ganze stinkende Tierpark also, nur auf zwei Beinen. Aber haben sie jemals diese Tiere gefragt, ob sie das dürfen? Wer achtet Tierrechte? Wollen wir nicht gute Vegetarier sein? Alles Fehlanzeige. Also schnell die Pfoten weg von der närrischen Tierschau. Statt dessen heißt es an diesen Tagen: Soja statt Kutteln. Wohl bekomm‘s! Der Dank der Ställe ist den Narren sicher.
7. Jahr: Von der quietschbunten, lärmigen Fasnacht ist kaum etwas übrig. Sie schleicht sich müde dahin. Doch, eine Gruppe hätte die „Liga für zeitgemäßes Brauchtum“ (LfzB) um ein Teufelshaar übersehen: Hexen, Kobolde, Teufel, Krampusse etc. Auch sie gehören schleunigst auf den Index. Schließlich machen sie sich über Menschen lustig, die anders denken und anders aussehen (blutende Warzen, Hautauschläge).
Fazit: Nach sieben Jahren ist das Brauchtum dermaßen gereinigt, dass nix übrigbleibt. Nach dem Austreiben alles Närrischen kann sie getrost begraben werden.