Ein letztes Mal verfängt die immer gleiche Masche im Oktober 2020. Da gewinnt Nikolas Löbel die Kampfabstimmung um die erneute Nominierung als Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Mannheim haushoch mit 27 zu 195 Stimmen. Es ist ein Kantersieg, obwohl in den Monaten zuvor Löbel reihenweise negative Schlagzeilen produziert hat. „Ich habe es nicht richtig gemacht“, gesteht der 34-Jährige der Mannheimer CDU-Basis zerknirscht ein. Wenn Löbel den Bogen überspannt hat, zeigt er öffentlich Reue, entschuldigt sich und gelobt Besserung. Aber selten vergisst er den Hinweis, es handle sich eine Kampagne der Medien oder von parteiinternen Gegnern.

Niemand in der CDU ahnt an jenem Oktoberabend, dass Löbel schon im Frühjahr an der Vermittlung von Corona-Masken eine viertel Million Euro Provision verdient hat. Die Offenlegung dieses Skandals heben sich seine Gegner für das letzte Wochenende vor der baden-württembergischen Landtagswahl auf. Der politische Schaden für die CDU ist maximal. Aber auch der Druck auf Löbel, unverzüglich die Konsequenzen zu ziehen.

„Das heißt, das Mandat sofort zurückzugeben und nicht noch bis Ende August daran zu verdienen“, sagt CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann. „Absolut daneben“, findet sie das Verhalten des Mannheimers. Sie braucht die schnelle Trennung noch vor dem Wahlsonntag. Bald danach gibt Löbel auf, legt alle politischen Ämter nieder und tritt aus der Partei aus.

Die Miet-Affäre

Gleich zwei Aufreger hat Löbel sich und seiner Partei im vergangenen Sommer beschert. Berichte über bis zu 14 Euro Kaltmiete für möblierte Studentenwohnungen in seinem Haus sorgen für den ersten Aufschrei. Politisch prekär wird die Sache für den geschäftigen Politiker durch die Veröffentlichung, dass er vier der zehn Wohnungen über eine Agentur bei Vermietungsportalen wie Airbnb anbieten lässt und so dem örtlichen Markt entzieht. Ausgerechnet jener Bundestagsabgeordnete, der im Wahlkampf 2017 auf großen Plakate für mehr bezahlbaren Wohnraum gekämpft hatte.

Die Büro-Unregelmäßigkeiten

Im Herbst machen dann Gerüchte über Unregelmäßigkeiten bei der Anmietung eines Büros für seine Projektmanagement GmbH in der CDU-Geschäftsstelle die Runde. Zwei Mitglieder des Kreisvorstandes treten nach Akteneinsicht zurück. Ein von Löbel bei einem früheren CDU-Stadtrat bestelltes Gutachten bescheinigt ihm, dass rechtlich keine Fehler gemacht wurden.

Schon bei der Jungen Union, hier ein Bild aus dem Jahr 2012, sorgte Löbel für Streit.
Schon bei der Jungen Union, hier ein Bild aus dem Jahr 2012, sorgte Löbel für Streit. | Bild: Uli Deck

Mit seinen 34 Jahren hat Löbel schon viele Auf und Abs in seiner Karriere hingelegt. Als 15-Jähriger wird er Kreisvorsitzender der Schülerunion in Mannheim, später Landesvorsitzender der CDU-Youngster. Von 2011 bis zur Wahl in den Bundestag 2017 ist er Landesvorsitzender der Jungen Union. Der Nachwuchsmann schont weder die eigenen Leute, noch den politischen Gegner. Er verschafft dem Parteinachwuchs große Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, sich selbst aber auch viele Feinde.

2000 Euro aus Aserbaidschan – erst angenommen, dann abgelehnt

Er fordert 2012 den Abbau von Lehrerstellen und die Rente mit 70. Dem damals schon abgewählten CDU-Regierungschef Stefan Mappus hält er schwere politische Fehler vor, bei Kanzlerin Angela Merkel vermisst er strategisches Denken: „Der CDU fehlt der Kopf, der über die Grenzen des Haushalts hinausdenkt.“ Zwölf der 18 Mitglieder des JU-Vorstandes entziehen ihm schon im ersten Amtsjahr das Vertrauen. Aber die folgende Kampfabstimmung gewinnt er knapp. Für den JU-Landestag hatte er eine 2000-Euro-Spende des aserbaidschanischen Studentenwerks ASN angenommen, auf die dann aber noch vor der Wiederwahl verzichtet.

Weitere Vorwürfe 2016

Nach der Landtagswahl 2016 wird der kampfeslustige Löbel heiß gehandelt als Generalsekretär der Südwest-CDU. Landeschef Thomas Strobl entscheidet sich aber für Manuel Hagel, der Sitz und Stimme in der Landtagsfraktion hat. In jenem Sommer werfen die CDU-Bundestagsabgeordneten Egon Jüttner (Mannheim) und Roderich Kiesewetter (Aalen) Löbel vor, er habe sie aufgefordert, einen Mitarbeiter in der JU-Landesgeschäftsstelle je zur Hälfte aus ihrer Mitarbeiterpauschale zu bezahlen. Die Behauptungen würden jeglicher Grundlage entbehren, sagt der JU-Landeschef. Die Sache versandet.

Das könnte Sie auch interessieren

Auch in der Mannheimer CDU gibt es bald Unruhe, als Löbel 2014 Kreisvorsitzender wird. Es geht um den Schuldenstand des Verbandes. Der Schatzmeister, der sich weigert, seinen Kassenbericht zu unterzeichnen, muss gehen. Löbel wirft ihm „schädigendes Verhalten“ vor.

Seit dem Wochenende glühen die Drähte in der Union: Drei Verdachtsfälle von unlauterem Verhalten treiben die Parteizentralen um. Als Chef der baden-württembergischen Landesgruppe der Christdemokraten im Bundestag hat auch der Konstanzer CDU-Abgeordnete Andreas Jung viel telefoniert und online konferiert.

Mandat behalten hätte mehr Geld gebracht

Selbst schädigt Löbel seine Partei massiv durch den erst am Montagmittag aufgegebenen Versuch, nach dem Rückzug aus der Unionsfraktion sein Bundestagsmandat bis August zu behalten. Als fraktionsloser Abgeordneter hätte er bis dahin 50.000 Euro an Diäten kassiert plus 22.000 Euro steuerfreie Pauschale. Auch das anschließende Übergangsgeld würde einen Monat länger bezahlt. Außerdem hätte sich seine Altersentschädigung ab dem 67. Lebensjahr um monatlich 250 Euro erhöht. Bis zum 80. Geburtstag würde sich das nach den Berechnungen von Abgeordnetenwatch.de auf 39.000 Euro summieren. Viel Geld für einen, der schon für viel kleinere Beträge kein politisches Risiko gescheut hat.