Das frühere Kasernengelände in Freiburg, aus dem ein neues Stadtviertel wurde, ist ein grünes Vorzeigeobjekt: Der Öko-Stadtteil Vauban gilt international als Positiv-Beispiel für umweltgerechtes und nachhaltiges Wohnen und Arbeiten sowie für Bürgerbeteiligung.
Er ist Deutschlands Grünen-Hochburg. Und zieht Besucher aus der ganzen Welt an. In diesem Jahr ist der Stadtteil 25 Jahre alt. Doch statt Feier gibt es Frust. Ausgerechnet um eine ökologische Toilette ist ein emotional geführter Streit entbrannt – und sorgt für Unruhe im grünen Prestige-Viertel.
„Wir leben hier grün“, sagt ein junger Familienvater, der mit dem Fahrrad in dem Freiburger Öko-Stadtteil unterwegs ist. Vor einem Vierteljahrhundert zogen die ersten Bewohner ein. Heute leben rund 6000 Menschen hier – auf 38 Hektar Fläche. Die Stadtplanung lag weitgehend in Bürgerhand, Basisdemokratie wird noch immer großgeschrieben.
Vauban ist ein Aushängeschild
Nicht nur in den Sommerferien, sondern das ganze Jahr über kommen viele Besucher aus der ganzen Welt und machen sich ein Bild von dem nahezu autofreien Stadtteil. Es gibt spezielle Führungen mit dem Schwerpunkt Ökologie durch das idyllisch gelegene Vauban und die angrenzende Solar-Siedlung, in der mit Sonnenkollektoren ausgestattete Niedrig- und Plusenergiehäuser stehen. Japanische Touristen kommen ebenso wie US-Amerikaner, Schweden ebenso wie Schweizer.
Das Problem: Es gibt keine funktionierende öffentlich zugängliche Toilette. Die Stadt, die zu den Touristenmagneten im deutschen Südwesten zählt und sich international als „Green City“ vermarktet, erkannte das Problem und wollte Abhilfe schaffen.

Im Vauban, in grüner und dennoch zentraler Lage, wollte das Rathaus auf einem städtischen Grundstück eine Öko-Toilette aufstellen. Der Platz war mit einem Zaun versehen, das Fundament war gelegt, der von Bürgern getragene Stadtteilverein informiert.
Doch als der Tieflader mit dem Öko-Klo-Häuschen Anfang Juli anrollte, stellten sich aufgebrachte Anwohner quer, blockierten den Lkw und verhinderten das Abladen und Aufstellen.
Das Bio-WC wurde wieder weggebracht
Um eine drohende Eskalation zu verhindern, wie ein Rathaussprecher sagt, blieb das Bio-WC auf dem Tieflader und wurde wieder abtransportiert. Das Argument der Anwohner: Mit ihnen habe niemand gesprochen, sie seien nicht um Einverständnis gebeten worden.
Ein Toilettenhäuschen direkt neben Wohnhäusern – das gehe zu weit. Das Plakat, das die Protestierenden vor sich her trugen, liegt heute noch vor Ort. „Baustopp sofort“, steht in großen Lettern auf dem Schild, das hinter dem Zaun liegt.
Elser-Denkmal direkt nebenan
Direkt daneben steht eine Gedenksäule für den Widerstandskämpfer Georg Elser. Sie erinnert an den Mann von der Ostalb, der im Nationalsozialismus Widerstand leistete und vom NS-Regime im Konzentrationslager ermordet wurde. Das Toilettenhäuschen nur einen Meter neben der Gedenkstele fand auch der Georg-Elser-Arbeitskreis unpassend. Und schloss sich dem Protest der Anwohner an.

Das Freiburger Rathaus wurde von der Aktion überrascht. Aus Gründen des Umweltschutzes hatte sich die Stadt für neuartige, barrierefreie, öffentliche WC-Anlage entschieden. Ein Pilotprojekt, mit dem sich „Green City“ Freiburg schmückt. Und das gut in den Öko-Stadtteil gepasst hätte, wie die Stadtverwaltung betont.
Doch daraus wird vorerst nichts. „Das Interesse anderer Stadtteile an solch einer Toilette ist groß. Wir werden sie an einem anderen Ort in der Stadt aufstellen“, sagt Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos).
Drei solcher WC-Häuschen stehen bereits an stark frequentierten Standorten in Deutschlands südlichster Großstadt. Die Erfahrungen sind positiv, so Horn. Die vierte Toilette, die mit Leisten aus Lärchenholz verschönert wurde und eigentlich ins Vauban sollte, komme an eine andere Stelle.
Der Stadtteilverein Vauban will zwar für die Toilette – an einem anderen Standort im Viertel – kämpfen, doch das Rathaus lehnt ab. Auch wegen der engen Wohnbebauung in dem Gebiet komme keine andere Stelle in dem Viertel als WC-Standort infrage.
Kein reines Freiburger Problem
Mit Anwohnerprotesten hat nicht nur Freiburg zu kämpfen. Auch andernorts stoßen Stadtplanung und Behördenpläne immer wieder auf Widerstand, berichtet Frank Mentrup (SPD), Oberbürgermeister von Karlsruhe und Präsident des Städtetags Baden-Württemberg: „Entsprechende Konflikte auf kommunaler Ebene entstehen meist, wenn etwas im unmittelbaren Wohnumfeld geplant ist.“
Die Politik müsse die Sorgen ernst nehmen und Bürger beteiligen. „Am Ende geht es um einen Ausgleich zwischen Einzelinteressen und Gemeinwohl“, sagt er. Dies sei stets eine Einzelfallprüfung