Die Straße vom Parkplatz im Tal bergauf ist seit vier Jahrzehnten eine Pilgerstrecke für Schaulustige und Fans. Zu Fuß geht es zu einer der bekanntesten Fernsehkulissen Deutschlands. Professor Brinkmann und Oberschwester Hildegard haben hier ihre Spuren hinterlassen, sie haben an diesem Ort TV-Geschichte geschrieben.

Die Schwarzwaldklinik im Glottertal, wenige Kilometer nördlich von Freiburg, ist noch immer ein Besuchermagnet. Vor 40 Jahren, im Sommer 1984, begannen die Dreharbeiten für die gleichnamige Fernsehserie, die heute Kultstatus hat. Die Drehorte von damals spielen für Fans noch immer eine Rolle.

Heile Welt im Glottertal: Der Drehort zieht Touristen bis heute an.
Heile Welt im Glottertal: Der Drehort zieht Touristen bis heute an. | Bild: Jürgen Ruf

„Es ist wie eine Zeitreise“, sagt ein Ehepaar aus Herford in Nordrhein-Westfalen. „Wir verbringen in diesem Jahr unseren Sommerurlaub im Schwarzwald. Ein Besuch der Schwarzwaldklinik wollten wir uns nicht entgehen lassen. Wir haben die Serie damals als Kinder mit unseren Eltern gesehen, haben keine Folge verpasst.“

Das markante Klinikgebäude im Glottertal, vor dem das Paar steht, wurde durch die Serie rund um den Globus einem Millionenpublikum bekannt. Und zieht noch immer Neugierige an. Das Schild über der Eingangstür mit der Aufschrift „Schwarzwaldklinik“ ist noch da. Es ist, auch nach vier Jahrzehnten, Symbol für Fernsehunterhaltung der 1980er.

Carlsbau bei Freiburg zieht noch heute Touristen an

An der Parkbank oberhalb des Klinikgebäudes, die den Besuchern einen Panoramablick garantiert, wird nicht nur Deutsch gesprochen. Ausländische Touristen kommen beispielsweise aus Frankreich, Italien, Großbritannien und den Niederlanden.

Auch in diesen Ländern wurde die Arztserie ausgestrahlt. „Es werden Erinnerungen wach, wenn man die Klinik nun in Wirklichkeit sieht“, sagt eine Frau aus Norditalien, die mit ihrer Familie in den Schwarzwald gekommen ist. „Das war heile Welt damals.“

Zaungäste belagern im August 2004 das Heimatmuseum Hüsli im Kreis Waldshut, das damals Drehort einer Jubiläumssendung der ...
Zaungäste belagern im August 2004 das Heimatmuseum Hüsli im Kreis Waldshut, das damals Drehort einer Jubiläumssendung der Schwarzwaldklinik war. Die letzte offizielle Folge wurde 1989 ausgestrahlt. | Bild: Rolf Haid/dpa

Die Schwarzwaldklinik strahlt mit ihren 40 Jahren Geschichte aus bis in die Gegenwart. Sie ist nach Angaben des ZDF die populärste und erfolgreichste deutsche Fernsehunterhaltungsserie. Bis zu 28 Millionen Zuschauer saßen damals in Deutschland pro Folge vor den Bildschirmen, wenn Klausjürgen Wussow, Gaby Dohm, Sascha Hehn, Eva-Maria Bauer und andere ihre Ärzte- oder Schwesternkittel überstreiften. Einschaltquoten, die bis heute unerreicht sind.

„Deutschland stand kopf“, erinnert sich Schauspielerin Barbara Wussow, die an der Seite ihres Vaters Klausjürgen Wussow alias Chefarzt Professor Brinkmann die Rolle der Lernschwester Elke übernahm. „Die Schwarzwaldklinik wurde zu einem Blockbuster, wie man heute sagen würde, und für viele kommende Arztserien zum Wegbereiter.“

Allein in Deutschland wurden nach dem Ende der Schwarzwaldklinik mehr als 25 Ärzteserien ins Fernsehen gebracht. Den Erfolg des Vorbildes schaffte keine. Es waren aber auch andere Zeiten: Das Fernsehprogramm der damaligen Bundesrepublik, in der Hochzeit der Schwarzwaldklinik, war von drei öffentlich-rechtlichen Sendern geprägt. Die private Konkurrenz steckte noch in den Kinderschuhen.

Retro-Kult aus dem Glottertal“ in ZDF-Mediathek

Im Archiv verschwunden sind die Geschichten aus dem Sanatorium im Schwarzwald nicht. Heute werden sie vorrangig digital gesehen und sind im Internet frei abrufbar. Geschaut wird aus Nostalgie, vermutet das ZDF. Unter der Überschrift „Retro-Kult aus dem Glottertal“ hat der Sender alle Folgen in die ZDF-Mediathek gestellt. „Das Programm ist auch ein historisches Zeitdokument, das gesellschaftliche Themen aus damaliger Sicht spiegelt“, heißt es. Angeklickt werden die Folgen tatsächlich regelmäßig – obwohl die Serie längst Geschichte ist.

Zu Beginn war der Erfolg nicht abzusehen, erinnern sich damals Beteiligte. Das Drehteam rund um Produzent Wolfgang Rademann bezog im August 1984 Quartier im Schwarzwald und baute Kameras und Scheinwerfer auf. Rademann hatte sich von der tschechischen Fernsehserie „Das Krankenhaus am Rande der Stadt“ inspirieren lassen, die Ende der 70er-Jahre entstand.

Er landete einen Volltreffer. Die Schauspieler wurden durch die Schwarzwaldklinik zu Stars. Im Gegensatz zu den US-Serien „Dallas“ und „Denver-Clan“, die in den 1980er-Jahren ebenfalls im deutschen Fernsehen liefen, konnten sich die Zuschauer mit den Geschichten aus dem Schwarzwald identifizieren.

TV-Lieblinge: Gaby Dohm und Klausjürgen Wussow bei einem Dreh im Jahr 1986.
TV-Lieblinge: Gaby Dohm und Klausjürgen Wussow bei einem Dreh im Jahr 1986. | Bild: Horst Ossinger/dpa

Kritik gab es vor allem in der Anfangszeit. Intellektuellen war der Stoff zu seicht, Mediziner kritisierten die fehlende Fachkenntnis der Fernseh-Ärzte. Doch die Zuschauer waren begeistert. Auch international wurde die Serie ein Erfolg. Sie wurde in 43 Ländern ausgestrahlt und gehört damit bis heute zu den deutschen TV-Bestsellern im Ausland.

Auf der Suche nach einem passenden Drehort wurde Produzent Rademann, der für das ZDF bereits 1981 die Endlosserie „Traumschiff“ erfunden hatte, zunächst in Bad Dürrheim fündig. Die dortige Klinik sollte für die Außenaufnahmen genutzt werden. Doch kurz vor Beginn der Dreharbeiten entschied er sich anders. Ein malerisches Krankenhaus im Glottertal, der in den Jahren 1913 und 1914 auf einer Anhöhe mitten in der Natur erbaute Carlsbau, wurde zur TV-Kulisse.

Wohnhaus von Professor Brinkmann wurde im Fernsehen das Heimatmuseum Hüsli in Grafenhausen-Rothaus im Hochschwarzwald. Und wird seitdem in der öffentlichen Wahrnehmung, so wie die Klinik im Glottertal, mit der Fernsehserie verbunden.

Touristen pilgern zum Drehort in den Schwarzwald

Im Schwarzwald löste die Serie damals einen Touristenboom aus – auch am Hüsli. Der große Ruhm ist zwar vorbei, das Interesse aber noch immer da. Im vergangenen Jahr zählte das Museum knapp 16.600 Besucher. Als die Serie lief, waren es mehr als 130.000.

An der Klinik im Glottertal müssen sich Touristen an Vorgaben halten. Auf den Platz direkt vor dem Gebäude dürfen sie nicht. Schilder weisen deutlich auf ein dort geltendes Fotografierverbot hin. Und auch das Innere des im Jugendstil errichteten Hauses ist tabu. Denn dort ist seit genau zehn Jahren eine Fachklinik für psychosomatische Medizin untergebracht. Betreut werden Menschen mit Depressionen, Essstörungen und anderen Leiden, die psychisch bedingt sind.

„Wir bitten, die Privatsphäre sowie das Schutz- und Ruhebedürfnis unserer Patientinnen und Patienten zu respektieren“, sagt Klinikchefin Vicky Pfirsig. „Im Inneren der Klinik gibt es ohnehin nichts zu sehen, weil hier drinnen nicht gedreht wurde.“ Die Innenaufnahmen der Schwarzwaldklinik entstanden in Fernsehstudios in Hamburg.

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„Die Geschichte des Hauses und die Schwarzwaldklinik sind hier immer Thema. Wir sprechen dies bewusst an, wenn Patientinnen und Patienten erstmals bei uns ankommen“, erzählt Pfirsig: „Es ist ein Glücksfall, ein derart prominentes und geschichtsträchtiges Gebäude nutzen zu dürfen. Gleichzeitig achten wir darauf, unseren Patientinnen und Patienten ein Schutzumfeld zu gewährleisten.“

Nicht alle Neugierige halten sich an die Regeln. „Es gab auch schon welche, die in die Küche gegangen sind und gefragt haben, was es heute zu essen gibt. Das geht natürlich nicht“, berichtet die Klinikleiterin.

Für die Patienten sei die Krankenhausserie nicht so wichtig. „Das ist für manche zunächst ein Aha-Effekt, aber sie sind froh, dass sie einen Klinikplatz gefunden haben, dass ihnen geholfen wird und dass ihre Nöte ernst genommen und ihre Leiden behandelt werden.“ Pfirsigs Rat an alle Schwarzwaldklinik-Fans: „Am besten ist, wenn Besucherinnen und Besucher auf den Wanderwegen bleiben. Von dort aus sieht man die Klinik am besten.“