Der Kormoranbestand am Bodensee ist erneut gestiegen. 2022 gab es noch 1219 Brutpaare am See, 2024 waren es 1458. Seit 2014 hat sich der Kormoranbestand damit verfünffacht.

Die Daten gehen aus einer parlamentarischen Anfrage der Göppinger Landtagsabgeordneten und fischereipolitischen Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Sarah Schweizer, hervor. In einer Pressemitteilung fordert sie jetzt eine ehrliche Debatte und Lösungen statt „Fake News“.

600 Tonnen Fisch für den Kormoran

2024 haben die Berufsfischer fünf Tonnen weniger Fisch aus dem Bodensee geholt als im Vorjahr. Der Präsident des Landesfischereiverbands Baden-Württembergs, Thomas Wahl, stellt eine Rechnung auf: Im Winter dürfte der Kormoranbestand bei mindestens 10.000 Exemplaren liegen, jeder Kormoran fresse rund 500 Gramm Fisch, bei 10.000 Vögeln seien das etwa 150 Tonnen Fisch im Monat.

Die Kormorane vermehren sich am Bodensee und bringen die Fischbestände unter Druck.
Die Kormorane vermehren sich am Bodensee und bringen die Fischbestände unter Druck. | Bild: Anette Bengelsdorf

Anita Koops ist die Sprecherin des Württembergischen Fischereivereins und Schriftführerin im Internationalen Bodensee-Fischereiverband. Sie korrigiert die Zahlen: Bei den 10.000 Vögeln handele es sich um den Kormoranbestand im Sommer – im Sommer seien noch mehr Vögel am See.

Fischer stehen in Konkurrenz zum Kormoran

2024 habe der Kormoran rund 600 Tonnen Fisch aus dem See geholt sagt sie, die Berufsfischer allerdings nur 100 Tonnen. Diese 100 Tonnen habe man nachhaltig gefischt, der Kormoran aber fischt nicht nachhaltig. Da aktuell am Obersee noch das Felchenfangverbot herrscht, sind die Fischer darauf angewiesen, im Flachwasserbereich zu fischen. Damit stehe man in direkter Konkurrenz zum Kormoran.

Koops Fanggebiet befindet sich an der Lippachmündung. Dort beobachet sie auch andere Auswirkungen des Kormorans: Abgestorbene Bäume, zersetzt von den Exkrementen der Kormorane. „Leider scheint das Ökosystem in den Schutzgebieten am Ufer für manche Naturschützer genauso wenig schützenswert zu sein wie die Fischarten in den Gewässern“, sagt sie.

Schweizer stellt Nabu in die Kritik

Die Landtagsabgeordnete Sarah Schweizer will endlich ins Handeln kommen, anstatt weiter „Studie an Studie und Pilotprojekt an Pilotprojekt aneinanderzureihen“, sagt sie. Sie habe bereits im Januar 2024 den gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen zum Kormoranmanagement in Schutzgebieten initiiert, die Umsetzung lasse aber weiter auf sich warten.

Sie will Fortschritte – der nächste Schritt sei ein Projekt zum Kormoranmanagement, das unter anderem den Drohneneinsatz bei der Brutkontrolle vorsieht. Für Schweizer ist klar: „Das muss klappen, es geht auch um Glaubwürdigkeit der Politik.“

Sarah Schweizer drängt auf schnelle Lösungen beim Kormoranmangement.
Sarah Schweizer drängt auf schnelle Lösungen beim Kormoranmangement. | Bild: Tom_Bilger_Stuttgartcontact@tom

Schweizer kritisiert den Naturschutzverbund Nabu. Es sei nicht hilfreich, so die CDU-Politikerin, wenn Verbände wie der Nabu mit „Fake News“ zum Kormoran hausieren gehen. So behaupte der Nabu, eine Studie der Universität Konstanz würde den Kormoran für den Rückgang der Felchen am Bodensee freisprechen,–, obwohl in dieser Studie das Wort Kormoran nicht ein einziges Mal auftaucht. „Hier werden schlichtweg Lügen verbreitet“, so Schweizer. Seitens der Umweltverbände wünscht sie sich eine „Versachlichung der Debatte.“

Eberhard Klein im Wollmatinger Ried. Bild: Claudia Rindt
Eberhard Klein im Wollmatinger Ried. Bild: Claudia Rindt | Bild: Rindt Claudia

Die Gründe für den Rückgang von den Felchen sieht der Leiter des Nabu-Bodenseezentrums, Eberhard Klein, primär an der nicht mehr funktionierenden Reproduktion der Fische und weniger am Kormoran. Dass der Kormoran in der, wie er sagt, wissenschaftlichen Studie der Universität Konstanz nicht aufgeführt wird, ergibt für ihn Sinn – ‚das liegt daran, dass er nicht schuld ist‘, sagt er.

Den Kormoran zu bekämpfen würde laut ihm nichts nützen, wenn nicht auch an anderer Stelle angesetzt wird, damit sich die Fischbestände wieder erholen. Aus der Debatte um den Kormoran müsse man laut ihm die „Emotionen rauskriegen“ – „und dabei hilft es nicht, wenn man jemanden des Lügens bezichtigt“, sagt er.