Ab in den Bodensee! Noch zu kalt? Nein, eigentlich ist er zu warm. Nicht zum Baden, aber im Vergleich zu seiner früheren Temperatur. Das zeigen Daten des Seenforschungsinstituts Langenargen, das seit 1962 die Wassertemperatur im See misst.

So hat sich das Jahresmittel der Oberflächentemperatur verändert

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Quelle: LUBW

Im Jahr 2022 hat der See, mit einem Jahresdurchschnitt von 14,1 Grad an der Wasseroberfläche, die höchste Temperatur erreicht. Das ist ein Rekordwert und in der Liniengrafik zeigt sich ein klarer Trend: Das Wasser wird wärmer.

Bodensee durchmischt sich im Winter – normalerweise

Der Bodensee ist im Sommer an der Oberfläche deutlich wärmer als in der Tiefe. Wenn es im Herbst kälter wird, nähern sich die Temperaturen an. Früher waren die Schichten in den meisten Wintern gleich warm und der See konnte sich durchmischen. Sauerstoff von oben gelangte nach unten und Nährstoffe von unten nach oben.

Seit sechs Jahren keine Durchmischung mehr

Auch in der Tiefe wird der See immer wärmer, aber nicht so schnell wie in den höheren Schichten:

So hat sich das Jahresmittel der Temperatur in 250 Metern Tiefe verändert

198020002020 3,54,04,55,05,56,0 °C
Quelle: LUBW

Wenn die Temperaturen in den oberen Schichten zu hoch sind, kann sich der See nicht durchmischen. „Damit sich der See vertikal gut durchmischt, müssen sich die Dichteunterschiede des Wassers auflösen. Die Unterschiede sind temperaturabhängig. Dies geschieht im Bodensee bei Oberflächentemperaturen nahe vier bis fünf Grad Celsius, also bei winterlichen Temperaturen, die über einen längeren Zeitraum anhalten“, erklärt Tatjana Erkert von der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW).

Seit mehreren Jahren haben diese Temperaturen nicht mehr lang genug angehalten. „Die letzte annähernd vollständige Durchmischung des Bodensees fand Ende des Winterhalbjahres 2017/18 statt“, so Erkert.

Tote Aale und viele Karpfen

Im Bodensee ist nicht nur Wasser, er ist auch Lebensraum von über 30 Fischarten. Was bedeutet die gestiegene Wassertemperatur für diese Fische? Das ist nicht so einfach zu beantworten. „Grob könnte man sagen: kälteliebende Fischarten leiden und wärmeliebende Fischarten profitieren“, sagt Jan Baer von der Fischereiforschungsstelle Langenargen.

Zu den Fischarten, die profitieren, gehören Karpfen und Rotauge „sie brauchen hohe Temperaturen, um sich zu vermehren“, so Baer. Auch Welse entwickelten sich gut in warmen Sommern. Aber „einige Fischarten reagieren auf hohe Temperaturen mit Stress“, sagt Baer und verweist auf das Aalsterben im Jahr 2022. Damals stieg die Temperatur im See auf bis zu 28 Grad an. Zu heiß für Aale, mehrere trieben tot im Wasser. Die hohen Temperaturen sorgten bei ihnen für Stress, der sie dann umgebracht hat.

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Die Auswirkungen des Klimawandels und der gestiegenen Seetemperatur wird in dem Forschungsprojekt Seenwandel Klima untersucht. Laut der Internetseite des Projekts läuft es seit Mitte 2023 bis Ende 2026.

Und die Pflanzen?

Fische sind nicht die einzigen Bewohner des Sees, dort wachsen viele verschiedene Wasserpflanzen. Und auch die sind dem wärmeren Wasser ausgesetzt. „Viele Wasserpflanzen können auch höhere Temperaturen bis zu einem gewissen Grad tolerieren“, sagt Erkert von der LUBW.

Aber die gestiegenen Temperaturen könnten doch Auswirkungen auf die Artenvielfalt im See haben. „Höhere Temperaturen im Winter könnten dazu führen, dass sich wärmeliebende Arten, die derzeit noch nicht im Bodensee vorkommen, ansiedeln und ausbreiten können“, sagt Erkert.

Die immer seltener werdende Durchmischung ist nicht nur ein Symptom des wärmer werdenden Sees. Sie selbst kann Auswirkungen auf die Lebewesen im Bodensee haben. „Eine unvollständige Durchmischung des Sees in Folge der klimatischen Erwärmung wirkt sich zum Beispiel dann auf Lebewesen aus, wenn hierdurch am Seeboden Sauerstoffmangel eintritt und der Lebensraum für dort vorkommende Lebewesen nicht mehr bewohnbar wird“, so Erkert. Aber bis jetzt sei das noch nicht passiert. „Trotz mehrerer Jahre ohne vollständige Durchmischung ist im Bodensee derzeit noch genügend Sauerstoff in der Tiefe vorhanden.“