Als der Psychiater eben erklärt hat, dass der 47-Jährige wohl an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie leide, ist das für den Mann selbst, den in Überlingen die meisten als ‚Hans‘ kennen, kaum zu ertragen. Er schüttelt immer wieder den Kopf. Und redet dazwischen. Er bilde sich das alles nicht ein, sagt er, er höre keine Stimmen. Seit sieben Jahren würden 120 Autos täglich an seiner Wohnung vorbeifahren und hupen.

Zuvor hatte sein Verteidiger David Schneider-Addae-Mensah im Landgericht Konstanz noch eine Einlassung verlesen. Darin bestreitet der Angeklagte alle Vorwürfe – also vor allem den Hauptanklagepunkt, dass „Hans“ Feuer in einem Haus in der Überlinger Innenstadt gelegt haben soll.

Kiffen verschlimmert Psychose

Der psychiatrische Sachverständige Hermann Ebel bestätigte dagegen die Diagnose, die schon ein anderer Gutachter im letzten Verfahren stellte. „Jeder Psychiater der Welt käme zu dieser Diagnose“, sagte Ebel. Der Angeklagte konsumiere regelmäßig Cannabis, was seine Erkrankung verschlimmere.

Der Angeklagte zeige keinerlei Krankheits- und Behandlungseinsicht. Das sei nicht überraschend bei dieser Erkrankung. Ebel bezeichnete sie als eine der grauenhaftesten, die man haben kann. Eine ambulante Behandlung lehnte Ebel ausdrücklich ab. Man müsse sich die Frage stellen: Wie lange will man noch warten? Wenn er sich therapieren ließe, könne er ein ganz anderes Leben führen.

Die Plädoyers: zweimal Freispruch

Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth forderte in seinem Plädoyer einen Freispruch. Der Angeklagte sei schuldunfähig. Er forderte die Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Einrichtung, da von ihm eine erhebliche Gefahr ausgehe. Der 47-Jährige habe die angeklagten Taten begangen, daran habe er keinen Zweifel. Vom Mordvorwurf sah Roth ab. Es sei aber bloßes Glück gewesen, dass das Haus nicht in Flammen aufging.

Ein „nationalsozialistischer“ Paragraf

Demgegenüber kritisierte Verteidiger David Schneider-Addae-Mensah die Beweisführung als nicht schlüssig. Er hob hervor, dass die Mischspur an einem Schlauchschal die Möglichkeit offenlasse, dass eine dritte Person ins Haus eingedrungen sei.

Der Verteidiger bezeichnete den Paragrafen 63 StGB, der eine Zwangsunterbringung erlaubt, als „nationalsozialistisch“und „rechtsstaatlich unwürdig“. Dieser sei von den Nazis eingeführt worden, um unliebsame Personen wegzusperren. Und auch in Überlingen gebe es große Antipathien gegenüber seinen Mandanten.

Weder die Brandstiftung noch die zwei Körperverletzungsdelikte seien bewiesen, erklärte er und forderte Freispruch. Sollte das Gericht dennoch von einer Tat überzeugt sein, plädierte er auf eine Haftstrafe. Sein Mandant sei voll schuldfähig. Das Urteil soll am 12. August verkündet werden.