„Den dürfen sie nicht anfassen, er ist frisch lackiert“, sagt Helmut Peters und zeigt auf einen frisch glänzenden VW Bus. Das Fahrzeug der Reihe T1 schaut lecker aus, sauber ist die prägnante Nase in weißer Farbe abgesetzt von den Flanken. Den VW Bulli hat der 56-Jährige gerade in Arbeit, und vor der Werkstatt warten schon drei weitere Kandidaten auf Reparatur. Wer seinen Klassiker repariert haben will, braucht Zeit und ein wenig Kleingeld.

Jedes Auto hat seine Geschichte

Peters hat eine Nische ausfindig gemacht. Er repariert die beiden berühmtesten Modelle des Wolfsburger Autobauers – und nur die beiden. In dieser Kennerbranche ist er ein gefragter und ein wenig eigenwilliger Spezialist. Er versteht sich nicht als Klempner, der schnell mal den Stoßdämpfer austauscht. Vielmehr muss das Ganze stimmen. Wer einen Bulli fährt, tut es es aus Überzeugung.

In der Scheune (hinten) repariert Helmut Peters die legendären Bulli und VW Käfer. Auf dem Hof warten schon die nächsten Autos auf ...
In der Scheune (hinten) repariert Helmut Peters die legendären Bulli und VW Käfer. Auf dem Hof warten schon die nächsten Autos auf Inspektion. | Bild: Fricker, Ulrich

Peters spricht lange mit einem neuen Kunden, er fragt nach der Vita eines Fahrzeugs. Er zeigt auf den schmalen Hof vor seiner Werkstatt und sagt: „Jedes dieser Autos hat seine Geschichte“. Die meisten VW samt Besitzer kennt er schon. Der Bulli-Doktor im Hegau ist in der Szene bekannt.

Aus der Leidenschaft wurde ein Beruf

Sein erstes Modell fuhr er mit 22 Jahren. Der Kleinbus, der in jede normale Parklücke passt, hatte es ihm angetan. Der Villinger lernte Kfz-Mechaniker, dann machte er den Meister. Er schraubte für Ford, Talbot und Peugeot. Irgendwann sprachen ihn andere an, die einen Tipp haben wollten und einen Handgriff benötigten. Er ahnte: Da gibt es einen Bedarf. So fiel vor zwölf Jahren die Entscheidung. Aus dem Nebenher macht er den Haupterwerb.

Der Familienvater hatte damals ein altes Haus in Hilzingen gekauft, das mit einem geräumigen Ökonomieteil verbunden war. Hier öffnete er seine Werkstatt. Viel geändert hast sich nicht, nur dass statt Strohballen viel Werkzeug zu sehen ist.

Die Bulli-Gemeinde

Peters arbeitet alleine. Die Sorge, dass ihn dieses Geschäft nicht trägt, zerschlug sich schnell. Der Bulli läuft und läuft, seine Fans werden älter, doch ihre Begeisterung für das Adenauer-Design bleibt jung. Die Freude an den alten Kisten mit einer Technik aus prä-digitaler Zeit wächst eher. Je moderner heutige Autos sind, desto interessanter werden die Karren aus der Nachkriegszeit.

Sein eigener Bus ist rundum handbemalt. Dieses Szene hat die Familie bereits selbst erlebt: Das kaputte Fahrzeuge wurde gezogen und ...
Sein eigener Bus ist rundum handbemalt. Dieses Szene hat die Familie bereits selbst erlebt: Das kaputte Fahrzeuge wurde gezogen und geschoben. | Bild: Fricker, Ulrich

Der Mechaniker hat eine kühne Erklärung parat: „Mit diesem Auto wurde Deutschland aufgebaut“, sagt er. Handwerker, Strickereien und Einzelhändler erwarben den T1 mit Pritsche, der war erschwinglich. Der Bulli ist das Wirtschaftswunder auf vier Rädern. Peters wuchs damit auf. Er kennt die Varianten der T-Reihe. Sie haben unterschiedliche Fenster, Sitze, Stoßstangen. Nur ein Bruchteil der Bulli wurde nach 1950 für die Freizeit genutzt; zunächst diente er als Lastesel.

Einen Bulli muss man reparieren können

Ein modernes VW-Autohaus kann mit den schlanken Oldtimern wenig anfangen. „Wenn ich einen Bulli dort in die Werkstatt bringe, sehe ich viele Fragezeichen“, schmunzelt Peters. Auch deshalb sperrte er seine Scheune auf: als Spezialbetrieb für Automobile, die man nicht einfach an den Computer hängen kann.

Das berühmteste Fahrzeuge mit Heckmotor ist der VW Käfer. Dieses Exemplar wurde in Mexiko produziert.
Das berühmteste Fahrzeuge mit Heckmotor ist der VW Käfer. Dieses Exemplar wurde in Mexiko produziert. | Bild: Fricker, Ulrich

Seine Garage ist das Gegenteil der durchgeplanten Werkstatt. Der Raum erinnert an das Prinzip des kreativen Chaos. Viele Fotos zeigen die VW-Patienten, denen er zurück auf die Straße geholfen hat. Mancher Bulli stand jahrelang unter Bäumen, Mäuse nisteten im Faltdach. Die Katze ging ein und aus. Peters holt schlummernde Technik zurück ins Leben, das meiste in Handarbeit. Und die hat ihren Preis. 85 Euro nimmt der Meister als Stundenlohn.

Das Auto aus der Flower-Power-Zeit

Seine Familie hat den Wechsel in die Oldtimerbranche unterstützt. Tochter Emma hat einen VW T3 sogar zum Geburtstag erhalten. Den Schlüssel trägt sie um den Hals. Ihr Auto kommt wie das Plattencover aus der Rock-Ära daher. Er ist bunt bemalt mit den verrückten Motiven aus der Zeit der kalifornischen Aussteiger. Peace-Zeichen, Buddha und Shiva – das ganze Bildprogramm der Flower-Power-Szene.

Dass der kultige Kleintransporter mit Drogen und Dauerparty in Verbindung gebracht wird, ist Teil seines Lebenslaufs. Ein Verwandter hat Helmut Peters damals dringend davon abgeraten, die alten VW zu reparieren. „Mit solchen Autos fahren nur Hippies und Hascher herum“, meinte er. Den gut gemeinten Rat hat der Mechanikermeister in den Wind geschlagen. So viel steht fest: Er wird noch manchen verzweifelten Bullibesitzer anhören und noch manche verrostete Heckklappe öffnen.