Geimpfte können nun ihre Corona-Schutzimpfung mit ihrem Handy nachweisen, das lästige gelbe Impfbüchlein ist dazu nicht mehr unbedingt nötig. Seit Montag, 14. Juni, können sich die 20 Millionen Bürger, die bereits vollständig geimpft sind, ihren digitalen Impfpass nachträglich über das Smartphone abrufen – zumindest theoretisch.
Genese, die nur einmal geimpft wurden, schauen vorerst in Röhre. Bei Impfstoffen, die zweimal verimpft werden müssen, wird kein vollständiger Schutz in der App angezeigt, man benötigt also weiterhin einen Nachweis über eine bereits durchgestandene Infektion. Dieses Problem soll in den kommenden Wochen behoben werden.
Notwendig ist für den Digitalen Impfpass für Geimpfte zunächst aber so oder so ein Gang zur Apotheke, später sollen auch die Hausärzte dazukommen. Auch die Impfzentren sollen das neue Zertifikat bei der Zweitimpfung ausstellen können.
Großer Andrang auf den digitalen Impfnachweis
„Es gab am Montag einen großen Andrang bei den Apotheken im ganzen Bundesland“, sagt Frank Eickmann, Pressesprecher des Landesapothekenverbandes Baden-Württemberg, auf SÜDKURIER-Nachfrage. „Der Wunsch nach dem digitalen Nachweis scheint groß zu sein.“
Mindestens über die Hälfte aller Apotheken in Baden-Württemberg würden laut Frank Eickmann die digitalen Zertifikate ab Montag ausstellen. Bundesweit sind inzwischen 13.000 der knapp 19.000 Apotheken für die Digitalisierung des Impfnachweises gelistet. Ob ihre Apotheke dabei ist, können Interessierte unter mein-apothekenmanager.de herausfinden. Eickmann appelliert nach dem großen Andrang aber auch an die Geduld der Interessierten, man solle die Apotheken nicht überfordern.
Server sind überlastet
Tatsächlich schien die Nachfrage nicht nur an der Tiergarten-Apotheke in Konstanz groß, sondern auch im Rest des Landes. So groß, dass prompt die Server, über die das System läuft, überlastet waren. „Am Anfang hat das gut funktioniert“, so Nina Martschinke von der Konstanzer Apotheke. „Aber nach ein bis zwei Stunden war der Server nicht mehr erreichbar.“ Die Angestellten der Konstanzer Apotheke, die den digitalen Impfpass für Interessierte ausstellten, erfassten die Daten der Impflinge in der Folge handschriftlich, um sie später in das elektronische System zu übertragen.

Auch in einigen anderen Regionen kam es zu technischen Problemen und Überlastungen von den Apotheken-Servern. Der Ansturm auf das Zertifikat war bundesweit hoch. In Konstanz hatten bis zur Mittagszeit bereits 100-200 Menschen ihren digitalen Impfpass bei der Tiergarten-Apotheke von Daniel Hölzle beantragt. „Der Andrang war wie erwartet groß“, sagt Daniel Hölzle. „Die Server stehen unter Last.“ Der Inhaber der Apotheke hatte dies bereits im Vorfeld vermutet und entsprechende Formulare vorbereitet, um die Anträge händisch erfassen zu können. Um das elektronische Netzwerk kümmere sich nun der deutsche Apothekenverband, der das System stelle.
System zur Erfassung von elektronischen Rezepten
Frank Eickmann vom Landesapothekenverband sagt: „Grundsätzlich wird bei dem System eine Technologie eingesetzt, die zuvor für das Erfassen von elektronischen Rezepten gedacht war“. Es handelt sich dabei um Telematik Infrastruktur (TI), die alle Beteiligten im Gesundheitswesen, beispielsweise Ärzte, Krankenhäuser, Apotheken und Krankenkassen miteinander vernetzen soll. Nun wird sie auch für den digitalen Impfausweis verwendet.
Dazu musste sich jede Apotheke vorbereiten, man benötigt eine entsprechende ID, um auf die Server zugreifen zu können. „Alle Apotheken, die das nicht haben, können auch keine digitalen Zertifikate ausstellen“, so Eickmann. Dies sei auch der Grund, warum nicht alle Apotheken an dem System teilnehmen. Viele hätten eine solche ID noch nicht, außerdem gebe es hohe Sicherheitshürden und organisatorische Fragen. Die Regeln des Bundes, wie genau der Prozess ablaufen solle, seien erst am Freitag gegen Abend beim Landesapothekenverband eingetroffen und konnten dann erst an die Apotheken weiter verteilt werden.
Zertifikate bei den Impfzentren und Häusärzten?
Und wie sieht es bei den Impfzentren aus? Immerhin wird dort immer noch ein erheblicher Teil der Menschen geimpft. Florian Mader, Pressesprecher des Sozialministerium sagt auf SÜDKURIER-Anfrage: „Alle baden-württembergisches Impfzentren stellen heute oder spätestens im Laufe dieser Woche den vollständig Geimpften den digitalen Impfnachweis aus.“ Warum nicht gleich alle von Anfang an mit dabei sind? „Bei den Impfzentren, die erst im Lauf der Woche starten, liegt dies an Prozessänderungen vor Ort“, so der Pressesprecher nur.
Marlene Pellhammer, Pressesprecherin des Landratsamts Konstanz verweist für das Kreisimpfzentrum in Singen auf dessen Webseite. Laut den dortigen Informationen stellt das Kreisimpfzentrum für bereits abgeschlossene Impfungen keine Impfzertifikate im Nachgang aus. Allerdings werden ab dem 14. Juni bei der Folgeimpfung bei der Abmeldung die notwenigen Impfzertifikate automatisch erstellt und ausgehändigt. Für Bürger, die vor der Einführung des digitalen Impfnachweises beide Impfungen erhalten haben, wird auf die Zertifikate verwiesen, die noch per Post übermittelt werden. Mit dem Versand möchte das Land in ein bis zwei Wochen beginnen.
Die Hausarztpraxen starten im Land nicht sofort flächendeckend, sondern zunächst nur im Rahmen einer begrenzten Testphase mit dem Digitalen Impfausweis, heißt es von Seiten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Grund dafür sei, dass die technischen Voraussetzungen und Klarheit über die genauen technischen Abläufe in den Praxen noch nicht geben seien. Nur in Modellprojekten sei das bereits möglich. Die Ärzte sollen deshalb erst zwischen Ende Juni und Mitte Juli an das System angeschlossen werden.