Kommt er, oder kommt er nicht? Im Laufe der nächsten Tage wird sich herausstellen, ob Russlands Präsident Wladimir Putin jetzt endlich bereit ist, seinen seit dreieinhalb Jahren andauernden Angriff auf die Ukraine zu beenden. Oder ob die Welt wieder nur die üblichen Floskeln aus dem Kreml zu hören bekommt, warum das angeblich nicht möglich sein soll. Noch steht nicht einmal der Ort für ein mögliches Treffen von Putin mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj fest – und das ist längst nicht das einzige Problem.

Die Signale aus Moskau stimmen jedenfalls nicht gerade optimistisch – es ist der seit Jahren gleiche Dreiklang an Ausflüchten. Erstens: Eine Stationierung ausländischer Soldaten in der Ukraine dürfe es nicht geben – obwohl die erst durch die russische Invasion notwendig geworden ist. Zweitens: Die Ursachen des Krieges müssten beseitigt werden – was übersetzt nichts anderes heißt, als dass die demokratisch gewählte Regierung Selenskyj durch kremltreue Marionetten ersetzt werden soll. Und drittens: Die Ukraine müsse die fünf Regionen Donezk, Luhansk, Cherson, Saporischschja und die Krim an Russland abtreten – also auch Gebiete, die die russische Armee noch nicht besetzt hat.

Nichts von alldem ist für Kiew annehmbar, und auch nicht für alle anderen Staaten, denen etwas an einer nachhaltig stabilen Sicherheitsarchitektur in Europa liegt. Ein Kompromiss könnte so aussehen, die Ukraine zeitweise auf die Kontrolle über die besetzten Gebiete abgeben muss, dass nach einem Friedensvertrag Neuwahlen abgehalten werden und dass nicht die Nato, aber dafür einzelne Staaten Truppen zum Schutz vor Putin entsenden werden. Jeder einzelne dieser Punkte ist für Kiew schmerzhaft und mit gewaltigen Risiken verbunden. Die Gefahr eines erneuten russischen Großangriffs bliebe weiter bestehen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die schwierige Frage nach Bundeswehr-Soldaten in der Ukraine. Hier gehen die Ansichten auseinander: Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Thomas Röwekamp (CDU), spricht sich dafür aus. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will die Option zumindest prüfen. Und Unions-Fraktionschef Jens Spahn will am liebsten gar nicht darüber diskutieren. Doch wie sich Bundestag und Bundesregierung auch winden, diese Frage muss Deutschland eher früher als später beantworten, wenn eine Waffenruhe in der Ukraine Bestand haben soll.

Es hat seine Gründe, weshalb sich die Bundesregierung bis zu Kanzler Friedrich Merz (CDU) zur Frage von Truppenstationierungen nur zurückhaltend äußert. Am Beispiel der Litauen-Brigade ist gerade ersichtlich, wie schwer sich die Bundeswehr beim Aufbau einer dauerhaften Präsenz im Ausland tut. Wer aber glaubt, dass etwa Frankreich, Großbritannien, Polen und Kanada Friedenstruppen schicken werden, während sich Deutschland einen schmalen Fuß macht, verkennt die Wirkung einer solchen Militärpräsenz.

Verbundenheit und Dankbarkeit

Die Entscheidung, deutsche Soldaten in die Ukraine zu schicken, ginge nämlich weit über sicherheitspolitische Aspekte hinaus. Es wäre ein Zeichen der Verbundenheit und Dankbarkeit für einen Kampf, den ukrainische Soldaten und auch die Zivilbevölkerung für das freie und demokratische Europa geführt haben und es noch immer tun. Es wäre ein Schutzversprechen für ein geschundenes Land, das nicht nur einen immensen Wiederaufbau bewältigen, sondern gleichzeitig politische Reformen vorantreiben und seine militärische Verteidigungsfähigkeit stärken muss.

Auch ist nicht ausgeschlossen, dass im Fall einer andauernden russischen Besatzung der ostukrainischen Regionen ein Exodus in die verbliebene, freie und demokratische Ukraine stattfindet. Schon jetzt sind die Lebensbedingungen etwa in Luhansk und Donezk miserabel, politische Repression gehört längst zum Alltag, die Versorgung mit Wasser und Strom fällt selbst in Großstädten immer wieder tagelang aus.

Dazu kommt die tiefe Abneigung gegen die Invasoren und die Aussicht, künftig unter dem Joch eines verbrecherischen Regimes mit Putin an der Spitze leben zu müssen. Von den Entscheidungen genau dieses Mannes hängt nun wieder alles ab. Anlass für allzu viel Hoffnung geben die Erfahrungen der vergangenen Jahre nicht, da darf man sich keinen falschen Illusionen hingeben. Doch sollte sich demnächst eine Chance für Frieden ergeben, dann muss auch Deutschland bereit sein.