Die 14-jährigen Zwillinge Kilian und Jamie Schimmel haben beide die gleiche Herzmuskelerkrankung, in deren Verlauf die Leistung des Organs fortschreitend abnimmt. Im Juni vergangenen Jahres wurde den Jungen zunächst aufgrund lebensgefährlicher Herzrhythmus-Störungen ein Defibrillator eingesetzt. Im Lauf der folgenden Monate verschlechterte sich ihr Zustand aber so sehr, dass sie auf die Liste für eine Herztransplantation gesetzt werden mussten. Im Februar 2021 geschah ein Wunder: Binnen drei Tagen erhielten beide ein Spenderherz.

Die Herzmuskelerkrankung von Kilian und Jamie Schimmel ist genetisch bedingt, die Zwillinge kamen damit zur Welt. Sie litten an einer krankhaften Erweiterung des Herzmuskels, die Pumpkraft des Herzens nahm über die Jahre immer weiter ab. Aufgrund dieser Erkrankung war der Familie eigentlich bereits für das vergangene Jahr eine Familien-Reha in der Nachsorgeklinik Tannheim bewilligt worden. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Nahezu zeitgleich schlugen die Herzen der beiden Jungen immer unregelmäßiger. Im Juni 2020 wurde beiden deshalb ein Defibrillator eingesetzt. Ab Herbst ging es allerdings dennoch beständig bergab, wie sich die Mutter Mareen Schimmel nur ungern erinnert.

Nach sechs Treppenstufen völlig erschöpft

„Ich konnte keine sechs Stufen oder keine 200 Meter mehr laufen, ohne dass mir vor Erschöpfung schlecht wurde und ich brechen musste“, erzählt Kilian. Die alltägliche Belastbarkeit war in keiner Weise mehr gegeben. Im November war sein Herz so geschwächt, dass er auf die Transplantationsliste gesetzt wurde. Die Chance, ein passendes Spenderherz zu finden, ist allerdings sehr gering, denn in Deutschland gibt es viel zu wenige Spenderorgane.

Auch bei Jamie ging es nach Weihnachten vor einem Jahr rapide bergab. Schließlich wurde auch bei ihm alles für das Einsetzen eines Spenderorgan vorbereitet. Für eine kurze Zeit durften beide Jungen dann noch einmal nach Hause. Die Familie lebte zu der Zeit beständig mit der Angst, dass das Herz eines ihrer Söhne seinen Dienst einstellen würde. „Mit den Ärzten hatten wir besprochen, dass sie entscheiden, welcher der beiden Jungs das Spenderherz bekommen sollte, wenn eines zur Verfügung stehen würde“, erinnern sich die Eltern Mareen und Roy Schimmel an die schwierige Situation.

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Die Nachsorgeklinik Tannheim – hier von oben zu sehen – bekommt ein neues Kinderhaus, auch mit Hilfe der Leserinnen und Leser des SÜDKURIER. | Bild: Andreas Ambrosius

Der Aufenthalt zu Hause dauerte für Jamie nur vier Wochen. Dann musste er stationär im Krankenhaus aufgenommen werden. Die Herzprobleme wurden stärker. Die Leistung des Organs lag nur noch bei acht Prozent. Sogar die Implantation eines Kunstherzens wurde bereits diskutiert. Obwohl es Jamie zu diesem Zeitpunkt bedeutend schlechter ging, kam im Februar 2021 zuerst für Kilian die Nachricht, dass ein Spenderherz zur Verfügung stehe. Aufgrund der Größe des Organs war es tatsächlich nur für ihn verwendbar. Für Kilian wäre es zu groß gewesen. Die Operation verlief erfolgreich.

Nur drei Tage später – die Eltern bezeichnen die Situation als völlig surreal – kam die Nachricht, dass es für Jamie ein Spenderherz gibt. Nur drei Tage später stand das gleiche Chirurgen-Team wieder am Operationstisch und setzte Jamie das neue Herz ein. Beide Jungen erholten sich nach der Operation recht schnell. An die Tage und Wochen davor können sie sich nicht erinnern. Erst mit dem Schlagen ihrer neuen Herzen im Körper setzt auch die Erinnerung der Zwillinge wieder ein.

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Bei Mareen und Roy Schimmel hat sich die Zeit mit den immensen Sorgen um ihre Söhne tief ins Gedächtnis eingebrannt. Der Kinderkardiologe Tilman Eberle kennt die Situation. Er weiß: „Die Dramatik, die die Eltern fühlen, empfinden die Kinder meist nicht.“ Eberle hat viel Erfahrung im Bereich der Kinderkardiologie. Er übernahm im Oktober die ärztliche Leitung der Nachsorgeklinik in Tannheim. Zuvor war er 20 Jahre als Oberarzt im Olga-Hospital in Stuttgart tätig.

Um ein Abstoßen der neuen Herzen zu vermeiden, wird das Immunsystem von Kilian und Jamie seit der Operation unterdrückt. Als immunsupprimierte Patienten, so der Fachbegriff dafür, bedürfen sie insbesondere während der Corona-Pandemie eines besonderen Schutzes, so Eberle. „Auch wenn man in der Gruppe der herzkranken Kinder keine Häufung von schweren Covid-Verläufen feststellen kann, so trifft dies eben für immunsupprimierte Kinder nicht zu. Unsere Hygiene-Maßnahmen richten wir natürlich immer an den Schwächsten aus“, erklärt der Kardiologe. Plätze für die in solch einem Fall dringend nötige Familien-Reha seien leider sehr rar und teils mit langen Wartezeiten verbunden.

Mit neuer Kraft in die Zukunft

Familie Schimmel ist unsagbar froh darüber, dass ihre Reha jetzt endlich stattfinden kann. Sowohl die Zwillinge als auch die Eltern können dank dem Aufenthalt in Tannheim mit neuer Kraft die trotz der erfolgreichen Transplantationen in vielen Teilen ungewisse Zukunft angehen.

So helfen Sie

Das SÜDKURIER Medienhaus bittet mit der Weihnachtsaktion um Ihre Unterstützung für die Nachsorgeklinik Tannheim. Mit den Spenden soll der Bau eines neuen Kinderhauses realisiert werden.

Das müssen Sie als Spender wissen:
Stichwort: „Hilfe für Tannheim“
Empfänger: Nachsorgeklinik Tannheim Sparkasse Schwarzwald-Baar
IBAN: DE17 6945 0065 0010 5500 11
BIC: SOLADES1VSS

Eine Spendenbescheinigung wird ab 100 Euro ausgestellt. Unterhalb dieses Betrages reicht beim Finanzamt die Vorlage des Kontoauszugs.