Großbritannien startet im September, Österreich im Oktober; und in Israel oder Indien etwa gibt es nach der Covid-19-Grundimmunisierung bereits Auffrischungsimpfungen, so genannte „Booster“-Impfungen. „Wir können das jetzt auch machen“, begrüßte Baden-Württembergs Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) am Montag den Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK). Wie bereitet sich Baden-Württemberg darauf vor, für wen kommt die dritte Impfung in Frage und wie kommt man an einen Impftermin? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Ist eine Auffrischungsimpfung sinnvoll?
Darüber gibt es derzeit unterschiedliche Einschätzungen. Wie lange der Schutz vor schweren Corona-Verläufen nach der Grundimmunisierung jeweils anhält, ist von verschiedenen Faktoren abhängig und von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Die Datenlage ist noch dünn. Erste Studienergebnisse weisen offenbar darauf hin, dass die Immunantwort nach einer vollständigen Impfung bei bestimmten Personengruppen geringer wird oder schnell nachlassen kann.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) hat aber noch keine klare Empfehlung ausgesprochen. Stiko-Vorsitzender Thomas Mertens weist darauf hin, dass es keinen Zeitdruck bei Auffrischungsimpfungen gebe. Dagegen haben die Gesundheitsminister der Bundesländer in ihrer Konferenz vom 2. August beschlossen, ab 1. September Auffrischungsimpfungen anzubieten. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt, die Auffrischungsimpfung für Ältere und Risikoimpfungen bereit jetzt für den Herbst zu planen.
Für wen kommt die dritte Impfung zunächst in Frage?
Für alle, die bereits ganz am Anfang zur ersten Risikogruppe gehörten: immungeschwächte Personen, Höchstbetagte, Pflegebedürftige. Voraussetzung ist, dass der erste Impfzyklus mindestens sechs Monate zurückliegt. Wer aber noch genug Antikörper gegen das Coronavirus aufweist, müsste sich nicht unbedingt erneut impfen lassen. Generelle Antikörpertests sind aber vor der Auffrischungsimpfung nicht geplant. Wer sicher gehen will und sich auf Antikörper testen lassen will, muss selbst dafür bezahlen.
Wird auch bei der Auffrischung priorisiert oder kann sie jeder bekommen?
Das steht laut Sozialministerium noch nicht fest. „Wir gehen aber davon aus, dass – sobald die sechs Monate seit der Grundimmunisierung verstrichen ist – die Kapazitäten an Impfstoffen und Impfenden ausreichen, sodass die Auffrischungsimpfungen deutlich schneller vorangehen sollten als noch in der ersten Phase der Impfkampagne“, teilt ein Sprecher am Dienstag mit. Generell richte sich der GMK-Beschluss aber zunächst noch nicht an die gesamte Bevölkerung.
Wie ist der aktuelle Stand in Baden-Württemberg?
Das Sozialministerium ist bereits dabei, die Auffrischungsimpfungen in den Impfzentren im September zu organisieren. „Wir verfolgen einen hybriden Ansatz, bestehend aus mobilen Impfteams in Altenpflegeeinrichtungen – etwa 20 mobile Impfteams bis Ende des Jahres – und Impfangeboten in den Kreisimpfzentren, die noch bis Ende September geöffnet sein werden. Darüber hinaus sollen die niedergelassene Ärzteschaft und die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte eingebunden werden“, teilt das Ministerium am Dienstag auf Anfrage mit.
Wie kommt man an die Impfung und an einen Impftermin?
Das steht noch nicht genau fest. Hierzu laufen im Land derzeit noch die Planungen. „Wir streben aber – insbesondere auch im Hinblick auf Ältere – eine wesentlich unkompliziertere Möglichkeit an, Impftermine zu vereinbaren als noch in den ersten Monaten der Impfkampagne“, sichert ein Sprecher des Sozialministeriums zu. In Alten und Pflegeheimen sowie anderen Einrichtungen sollen wie bei den ersten Impfungen mobile Impfteams vorbeischauen. Wer zuhause lebt, kann sich von seinem Hausarzt beim Hausbesuch oder in der Praxis impfen lassen.
Die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) geht davon aus, dass viel bei den Hausärzten stattfinden wird. „Ganz sicher werden die niedergelassenen Ärzte gefragt sein, in den Praxen, in Heimen oder bei pflegebedürftigen Patienten zuhause zu impfen“, sagte eine Sprecherin am Dienstag auf Anfrage. Dabei würden regionale Lösungen und Absprachen mit den mobilen Impfteams angestrebt. „Ansonsten gehen wir aber im Moment davon aus, dass die Arztpraxen auch die Auffrischimpfungen gut schaffen werden. Der Aufwand wird nicht mehr so hoch sein, da vermutlich die Aufklärungsgespräche nicht mehr so umfassend sein müssen. Und auch die Tatsache, dass voraussichtlich genug Impfstoff zur Verfügung stehen wird, entspannt die Situation ja eher“, so die Sprecherin.
Welcher Impfstoff wird verabreicht?
Laut Beschluss der Gesundheitsminister erfolgen die Auffrischungen mit einem der beiden mRNA-Impfstoffe; dabei ist es unerheblich, mit welchem Impfstoff die Personen vorher geimpft worden sind. Darüber hinaus soll ab September allen Personen, die bei der ersten Impfung Vektor-Impfstoff von AstraZeneca oder Johnson&Johnson erhalten haben, eine weitere Impfung mit dem mRNA-Impfstoff von BioNTech/Pfizer oder Moderna angeboten werden, entweder in den Impfzentren, bei niedergelassenen oder Betriebsärzten.