Auf dem Untermühlbachhof in Peterzell bei St. Georgen sind die Kühe bereit für einen Tag auf der Weide. Es ist der vierte Tag des Jahres, an dem Landwirt Albert Hahn (35) sie aus dem Stall lässt. „Da ist die Euphorie noch immer hoch, aber nicht mehr ganz so ungezügelt“, prophezeit er. Kaum hat er den Zaun geöffnet, setzt sich die Herde in Bewegung. Ein Rind hinter dem anderen trottet den Hügel hinauf. „Unsere Aufgabe ist es jetzt nur noch, hinterherzukommen. Die finden ihren Weg alleine.“
Dass Hahns Lebensweg auf diesen Hofbetrieb führen würde, war nicht selbstverständlich. Den gebürtigen Villinger zog es zunächst nach Leipzig – um Afrikanistik und Jura zu studieren. Mit seiner heutigen Frau Hannah (33) und den Söhnen Wanja (13) und Amos (11) kehrte er 2016 zurück in die Heimat – als Pächter seines heutigen Hofes.
Fachschule vor der Haustür
Seit 2010 gehört der Hof zur Stiftung Aktion Kulturland. Das Paar konnte so als Pächter einsteigen, ohne sich für die Übernahme verschulden zu müssen. Erfahrungen in der Landwirtschaft hatten die Hahns keine – abgesehen von Besuchen auf dem Hof in den Semesterferien. Es sei eine Entscheidung gegen den Büroalltag und für eine Arbeit „mit Sinnhaftigkeit“ gewesen, sagt der Biobauer. Seine Frau machte zuerst die Landwirtschaftsausbildung, Hahn holte sie an der Abendschule in Donaueschingen nach.
Mittlerweile arbeitet er dort in den Wintermonaten am Meisterbrief. „Es gibt da sehr engagierte Lehrer, die auch die Bedürfnisse in der Region hier kennen und den Unterricht stark darauf abstimmen“, erzählt er. Die Schule feierte jüngst ihr 100-jähriges Bestehen. Es gibt Sorgen um ihre Zukunft. Der Fokus soll künftig auf drei Leuchtturmstandorten im Land liegen. Donaueschingen zählt nicht dazu.
Hahn wünscht sich, dass die Ausbildung dort möglich bleibt. Nur so lässt sich das Lernen in den Alltag zwischen Hof und mittlerweile drei Kindern integrieren. 60 Stunden in der Woche beschäftigt Hahn der Hof. Im Vergleich zu früher ist vieles erleichtert. Einen Kurzurlaub kann sich die Familie gelegentlich erlauben.
Milch für die Hofkäserei
15 Rinder liefern Milch für die Hofkäserei, die Schweine schlachtet ein Metzger in St. Georgen. Schafe dienen als Landschaftspfleger. Unter dem Getreide finden sich alte Sorten wie Emmer und Dinkel – alles bio angebaut.
Im Laden des Partnerhofes in Hinterzarten sowie auf Wochenmärkten in Königsfeld und Villingen verkaufen Hahns ihre Produkte direkt. „Wir haben da eine ganz tolle Kundschaft“, sagt der Chef. „Wenn man so will, ist das eigentlich das Fundament, wieso wir hier so wirtschaften können.“
Demonstrationsbetrieb für ökologischen Landbau
Sein Hof ist ein Demonstrationsbetrieb des Bundesprogramms Ökologischer Landbau. Oft sind Kita-Gruppen und Schulklassen zu Besuch. Hahn will der Entfremdung zwischen Verbrauchern und Landwirtschaft entgegenwirken. Mehr Höfe sollten dem Beispiel folgen. „Das ist total die Bereicherung, wenn man den Betrieb in der Nachbarschaft mal sieht“, sagt er. „Gleichzeitig ist es für die Betriebe gut, sich den Fragen zu stellen und ins Gespräch zu kommen.“ Er wünsche sich mehr gegenseitiges Verständnis.
Trotz vieler Herausforderungen – auch durch die Klimakrise – schaut Hahn optimistisch nach vorn. „Ich habe mal diesen Spruch gelesen: Die Zeiten sind zu schwer, um schlechte Laune zu haben.“ Gerade wenn die Weltlage schwierig sei, müsse man nach guten Dingen Ausschau halten und sich einbringen. Der Untermühlbachhof sei für ihn der richtige Ort dafür.