Mit einem Impftermin für seinen Opa fing alles an. Mittlerweile hat Julian Ambrozy Kundschaft aus ganz Deutschland. Der Weg des Konstanzer Studenten führte bis ins Schloss Bellevue.
Dabei ist Julian Ambrozy nach eigener Einschätzung nicht extrem intelligent. Er ist einfach nur ziemlich gut mit Computern. Und das zahlte sich aus, als 2021 Millionen von Menschen in Deutschland nach einem Corona-Impftermin suchten. Einer davon war Ambrozys Großvater. Als der 17-Jährige mitbekommt, was für eine Tortur die Terminsuche ist, kommt ihm eine Idee.
Fast eine Million Menschen kommen so zum Termin
Er stellt ein Programm auf die Beine, das freie Impftermine ausliest und an ihn übermittelt. So gelangt der damalige Schüler völlig automatisiert an einen Termin für seinen Opa. Seine Innovation macht schnell die Runde. Erst in Ambrozys Bekanntenkreis im Großraum Stuttgart, dann in Baden-Württemberg und schlussendlich bei fast einer Million Bundesbürgern, die über seine Website an einen Impftermin kommen.
Drei bis vier Stunden täglich verwaltet der damalige Elftklässler die Seite. „In der Schule gefehlt habe ich nie, ich war nur manchmal müde“, sagt Ambrozy.
Einladung des Bundespräsidenten
Im August 2022 lädt der Bundespräsident Julian Ambrozy zum Dank für seine Arbeit ins Schloss Bellevue ein. „Das war eine schöne Geste“, findet der heute 20-Jährige rückblickend. Denn das Gesundheitsministerium zeigte anfangs wenig Begeisterung für Ambrozys Idee.

Um Impftourismus zu verhindern, ließ das offizielle Vergabesystem nur Terminanfragen beim nächstgelegenen Impfzentrum zu. Dass Ambrozy mit seinem Programm Daten von allen Impfzentren gebündelt verarbeitete, sorgte erstmal für Stirnfalten. Doch der Betreiber der staatlichen Impfseite, KV.Digital, erkannte das Potenzial seiner Seite.
Kassenärztliche Bundesvereinigung zeigt sich kooperativ
„Am Ende kam es zu einer relativ netten Zusammenarbeit“, sagt der Informatikstudent. Die KV.Digital habe ihm durchgegeben, an welchen Schnittstellen er Daten problemlos abgreifen kann. Letzten Endes bekommt Ambrozy sogar ein Praktikum beim Digitalunternehmen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. So wirklich seinen Traumberuf habe er dort nicht gefunden, deshalb ging es neben dem Informatikstudium an der HTWG Konstanz seitdem auch beruflich weiter.

Ein Jahr lang war Julian Ambrozy Werkstudent bei einem pfälzischen Start-Up-Unternehmen. Dort arbeitete er in einem Team von fünf Personen an einer Plattform für digitale Berufsausbildung. Anschließend schloss er sich dem Bodensee Racing Team an, das als Vertreter der HTWG Konstanz bei der Formula Student antritt.
Vom studentischen Racing Team zu Porsche
Die Formula Student ist ein Wettbewerb, bei dem Studierende ein Rennauto entwickeln und damit gegen andere Hochschulen antreten. Die Konstanzer Truppe hat einen autonomen Formelwagen auf die Strecke gebracht. Ambrozy wertet als Informatiker die Daten der Feldversuche aus.
Durch dieses Engagement kam er wenig später an ein Praktikum bei Porsche. Auch dort arbeitet der Informatikstudent im Motorsport. Mit den Stuttgarter IT-Experten verbessert er die Porsche Track Precision App. Wo mancher in so einem Prestigeunternehmen den Platz an der Sonne genießen würde, analysiert Julian Ambrozy trocken: „In so einem professionellen Umfeld zu arbeiten, ist schon cool, aber im kleinen Team ist man viel effizienter.“ Teilweise müsse ein Unternehmen über eine Woche auf einen Antrag warten und solange liege die Arbeit still.
Hausaufgaben-App inzwischen überholt
Da Ambrozy die Arbeit am liebsten gar nicht liegen lässt, stellt er auch immer wieder im Alleingang Projekte auf die Beine. So kreiert er zum Beispiel 2023 eine Hausaufgaben-App, die Schülern Kopfschmerzen ersparen sollte. Sie konnten ihre Aufgaben per Handykamera einscannen und sich von der KI-gestützten Anwendung helfen lassen.
Damit bediente sich Ambrozy einer Technologie, die derzeit in aller Munde ist. Wenn er über die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz spricht, kommt der 20-Jährige ins Schwärmen. Dabei seien viele Anwendungen, die sich KI-gestützt nennen, kaum innovativ, sondern binden ihre Programme nur an große Hersteller an. Auch seine Hausaufgaben-App habe keine eigene KI gehabt. Deshalb, sagt Ambrozy, sei sie auch mittlerweile überholt: „Heute würde ich selbst das meiste mit ChatGPT lösen.“ Das Angebot hat er Ende 2024 eingestellt.
Unternehmensgründung im elterlichen Keller
Dafür wagte er im Sommer 2024 einen noch größeren Schritt. Aus dem Keller seiner Eltern in Ostfildern heraus hat der Student sein eigenes Unternehmen gegründet. Dort hat Ambrozy nämlich mehrere 3D-Drucker angeschafft, mit denen er und sein Bruder plastische Modelle von Städten und Landschaften produzieren.
„Wir haben den kompletten Keller freigeräumt, Regale hingezimmert und eine kleine Druckfarm aufgebaut.“ Für den Kunden ist der Prozess denkbar einfach. Er geht auf die Internetseite, wählt einen beliebigen Ort auf der Karte aus und lässt sich in der Vorschau sein Modell anzeigen.
Schon 800 Modelle versandt
Ambrozys Seite verwendet Daten der Online-Karte OpenStreetMap, um die Modelle zunächst digital zu erstellen und später vom 3D-Drucker fabrizieren zu lassen. In den ersten beiden Monaten habe er 25 Bestellungen erhalten. Mittlerweile habe er über 800 Modelle in alle möglichen Ecken Deutschlands versandt. „Viele Architekten bestellen bei uns. Die finden es mega cool, so etwas an die Kunden zu geben“, sagt der Konstanzer Student.
Wohin sein eigener Weg ihn in Zukunft führt, kann Julian Ambrozy aktuell noch nicht genau sagen. Erstmal freut er sich kommendes Semester auf zwei Fächer, die das Thema KI behandeln. Diese Technologie interessiert ihn besonders. Danach steht eines fest: Was auch immer Ambrozy vorhat, es wird etwas mit Einsen und Nullen zu tun haben. Sein Opa erfreut sich übrigens bester Gesundheit.