Erneut werfen Ergebnisse eines Vergleichstests ein Schlaglicht auf sinkende Schülerleistungen. Laut einer Auswertung der baden-württembergischen Ergebnisse der jüngsten „Vera-3“-Tests, die das Landes-Kultusministerium unserer Zeitung auf Anfrage übermittelt hat, können hohe Anteile der getesteten Drittklässler deutlich unzureichend lesen, schreiben und rechnen.
Den bisher unveröffentlichten Daten zufolge lagen im Bereich Rechtschreibung 51 Prozent der Kinder „unter Mindeststandard“, 29 Prozent im Lesen und 25 Prozent in Mathematik. Jeweils weitere 20 bis 25 Prozent schafften in allen drei Bereichen nur die Mindeststandards. In der höchsten Stufe „Optimalstandards“ wurden elf (Lesen), neun (Mathe) und sieben Prozent (Rechtschreibung) der Kinder gemessen.
Ergebnisse passen ins Bild
Die Ergebnisse passen ins Gesamtbild etlicher Vergleichsstudien der vergangenen Jahre. So wies 2022 der bundesweite IQB-Bildungstrend große und wachsende „Risikogruppen“ unter Neuntklässlern nach. Dabei erreichten im Südwesten 19 Prozent der getesteten Kinder beim Lesen und Zuhören nicht die Mindeststandards, 28 Prozent in Orthografie und 20 Prozent in Mathematik.
Auch die Vera-Ergebnisse 2023 und 2024 zeigten bereits, dass sehr viele Schüler in Deutsch und Mathe nicht die Mindest- und Regelstandards erreichen. Beim neuen – allerdings umstrittenen – Test „Kompass-4“ erzielten 2024 in Mathe rund 87 Prozent und in Deutsch 55 Prozent aller Viertklässler Ergebnisse auf dem Niveau, das in Hauptschulen unterrichtet wird.
Vera-Tests dienen nicht für vergleichende Aussagen
Im Gegensatz zu den IQB-Bildungstrends sind die Vera-Tests Experten zufolge nicht geeignet, um über die Jahre hinweg Entwicklungen von Schülerkompetenzen abzubilden. „Für vergleichende Aussagen über Veränderungen zwischen Schüler-Jahrgängen oder Trends ist Vera als Instrument ungeeignet“, sagte Sonja Wagner, zuständige Referatsleiterin beim Institut für Bildungsanalysen des Landes (IBBW).
Das liege unter anderem an jährlich wechselnden Aufgabenstellungen sowie unterschiedlichen Voraussetzungen in den Prüfungen vor Ort. Sie sprach von einem Frühwarnsystem für Lehrkräfte, Schulen und die Schulverwaltung.
Vera ist ein Instrument für Lehrer
Vera sei primär ein Instrument für Lehrkräfte, um den eigenen Unterricht zu reflektieren und daraus Maßnahmen abzuleiten. Zudem würden auch Kompetenzen getestet, die noch gar nicht im Unterricht behandelt wurden. „Die definierten Regelstandards beschreiben Kompetenzen, die erst bis zum Ende von Klasse 4 erreicht werden sollten“, betonte Wagner.
Zum Rechtschreibergebnis sagte sie, ihres Wissens nach sei es nun das erste Mal, dass bei einer Vergleichsstudie ein Wert von mehr als 50 Prozent eines Jahrgangs unter Mindeststandard gemessen wurde. Sie erklärte aber, es sei „durchaus möglich, dass ein Kind, das in Klasse 3 die Mindeststandards verfehlt, in Klasse 4 sogar noch die Regelstandards erreichen kann“.
Land setzt mit verschiedenen Programmen an
„Das ist natürlich ein schlechtes Ergebnis, das uns nicht zufrieden stellen kann“, sagte Daniel Hager-Mann, der Amtschef von Kultusministerin Theresa Schopper (beide Grüne). Die Ergebnisse seien insgesamt vor dem Hintergrund früherer Tests nicht überraschend. Das Land setze mit verschiedenen Programmen an, vor allem zur Sprachförderung, um den Anteil der Schüler, die Mindest- und Regelstandards nicht erreichen, zu senken.
Die Bildungspolitik des Landes konzentriere sich bereits seit zwei Jahren sehr stark auf genau diese Defizite. „Wir sagen schon lange: Auf den Anfang kommt es an.“ Auch Hager-Mann warnte davor, die Ergebnisse mit denen früherer Vera-Tests zu vergleichen: „Solche Vergleiche liegen nahe, sind aber methodisch nicht zulässig.“
Bundesweite Ergebnisse noch nicht bekannt
Die Vera-Tests wurden bundesweit im Mai 2025 geschrieben. Bisher sind aber keinerlei Ergebnisse öffentlich geworden, auch nicht in anderen Ländern. Noch ist unklar, ob die bundesweiten Ergebnisse ähnlich aussehen oder ob es bestimmte fachbezogene oder regionale Auffälligkeiten gibt. Auch die Ergebnisse der ebenfalls im Frühling geschriebenen Tests Vera-8 für Achtklässler stehen der Öffentlichkeit bisher nicht zur Verfügung.
Das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), das die Aufgaben für ganz Deutschland erstellt, war am Mittwoch nicht für Nachfragen zu erreichen. Durchgeführt hat die Tests im Land das IBBW. Rund 91.000 Kinder nahmen laut Kultusministerium an den verpflichtenden Arbeiten teil. Benotet wurden sie nicht.