Eigentlich hat Südbaden als Wirtschaftsstandort viel zu bieten. Aber es gibt ein Problem: Woher bekommt die Region auch in Zukunft bezahlbare Energie, vor allem nach 2045, wenn Deutschland klimaneutral sein soll? Auf bisher gesetzte Energiequellen wie Kohle muss dann verzichtet werden, stattdessen werden erneuerbare Energien aus Sonne und Wind, aber auch Energieträger wie Wasserstoff eine wichtige Rolle spielen.

Da der zukünftige Bedarf an Wasserstoff nicht vollständig durch eine Produktion in Deutschland gedeckt werden kann, müssen nach Angaben des Landesumweltministeriums voraussichtlich 70 Prozent der benötigten Menge aus dem Ausland importiert werden. Die Versorgung mit dem importierten Wasserstoff soll voraussichtlich über ein Wasserstoffkernnetz von Norden nach Süden erfolgen.

Aufgrund der bisherigen Planungen gibt es die Befürchtung, dass Südbaden dabei nicht ausreichend berücksichtigt wird und damit an Attraktivität für die Industrie verliert. Claudius Marx von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee spricht von einem „Dauerschmerz“ in der Region: Wenn es um Netzausbau geht, sehe der Südwesten auf den Deutschlandkarten meist ziemlich leer aus – so auch beim geplanten Kernnetz.

Aber vielleicht gibt es auch gute Nachrichten, wie Christoph Luschnat von der Firma Terranets verriet. Terranets ist ein Fernleitungsnetzbetreiber und arbeitet an der Wasserstoffversorgung in Baden-Württemberg. Luschnat verkündete nun beim Wasserstoff-Forum der IHK, dass es in Sachen Kernnetz noch eine positive Überraschung für die Region geben könnte.

Wir kommen am Wasserstoff nicht vorbei

Wie wichtig die zuverlässige Versorgung mit Wasserstoff für die Region in Zukunft sein wird, hat das Forum ebenfalls deutlich gemacht: „Der Bedarf ist schon deutlich früher, deutlich höher, als gedacht“, so Bernd Reuter vom Landesumweltministerium. Und zwar in allen Landkreisen Baden-Württembergs. Um diesen Bedarf zu decken, sei eine Kombination aus Anbindung an das Wasserstoff-Kernnetz und Vor-Ort-Produktion geplant.

„Vielleicht gibt es ja noch eine positive Überraschung beim Kernnetzantrag“ – Christoph Luschnat, Leiter Energiepolitik und Koordinator ...
„Vielleicht gibt es ja noch eine positive Überraschung beim Kernnetzantrag“ – Christoph Luschnat, Leiter Energiepolitik und Koordinator Wasserstoff bei Terranets | Bild: Morenz, Sabrina

Beim Letzteren gehe es bereits voran, wie die IHK Bodensee-Oberschwaben kürzlich erklärte. Mehrere Unternehmen in der Region planen demnach bereits den Bau von Elektrolyseur-Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff. So befinde sich das Unternehmen Sauerstoffwerk Friedrichshafen bereits im Genehmigungsverfahren für den Bau einer solchen Anlage bei Aitrach im Kreis Ravensburg. Bei diesem Projekt soll der Strom für den Elektrolyseur unter anderem durch eine Photovoltaikanlage erzeugt und der Wasserstoff regional genutzt werden können.

Hoffnung auf positive Überraschung

Was die Kernnetzanbindung angeht, so plädierte Luschnat im Forum für Optimismus. „Alles wird gut. Vielleicht sieht es auch in Südbaden gar nicht so schlecht aus“, so Luschnat. Derzeit sei geplant, das Kernnetz bis 2032 fertig zu stellen und die Region über eine Leitung nach Lindau anzubinden.

Es könnte aber auch noch weitere Leitungen in Baden-Württemberg geben, die bislang noch nicht bekannt sind. „Vielleicht gibt es ja noch eine positive Überraschung beim Kernnetzantrag.“ Mehr möchte er noch nicht verraten. Der Antrag soll am 15. Juli abgegeben werden, über den ersten Schritt werde voraussichtlich im September entschieden.

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Man sollte außerdem mit den Nachbarländern wie der Schweiz und Italien noch stärker ins Gespräch über das Thema Wasserstoff kommen, so Markus Friedl, Leiter des Schweizer Instituts für Energietechnik. Derzeit müsse auch die Schweiz aufpassen, dass sie von der Entwicklung nicht abgehängt werde. Nach aktuellem Planungsstand sei derzeit lediglich eine Wasserstofftransitleitung durch die Schweiz vom Kanton Wallis in die Nordwestschweiz vorgesehen. „Die Schweiz und Südbaden sitzen da in einem Boot“, sagte auch Marx.

Projekt geht voran, braucht aber noch Ausdauer

Neben dem internationalen Anschluss durch das Kernnetz müssen auch regionale Netze aufgebaut werden. Auch dafür könnten sich bestehende Methanleitungen eigenen, so Friedl. Insgesamt gehe das Vorhaben voran, brauche aber Ausdauer und vor allem eine grenzüberschreitende Planung. „Wenn wir den Wasserstoff pushen, dann kommt der auch. Und wenn wir das nicht tun, dann nicht“, machte Friedl deutlich.