Ob am Küchentisch, auf der Couch oder im heimischen Büro: Das Homeoffice, dass durch die Corona-Pandemie einen drastischen Aufschwung in Deutschland erfahren hat, ist für viele Angestellte nach wie vor Alltag. Mehr als 10,5 Millionen Deutsche arbeiten seit Ende des vergangenen Jahres permanent im Homeoffice. Laut einer Studie des Digitalverbands Bitkom handelt es sich dabei um knapp ein Viertel der Beschäftigten.

Bislang gilt: Arbeitgeber sind verpflichtet, Homeoffice anzubieten, soweit keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Doch aufgrund der sinkenden Inzidenzen in Deutschland werden die Rufe nach der Aufhebung der Homeoffice-Pflicht seitens der Unternehmen, die ihre Mitarbeiter vor Art haben wollen, immer lauter. Vizekanzler Olaf Scholz möchte derweil die Homeoffice-Pflicht nicht vorzeitig aufheben. Derzeit gilt sie allerdings nur noch bis Ende des Monats. Die Grünen fordern stattdessen ein Recht auf arbeiten zu Hause – auch nach der Krise. Doch wie halten es Firmen in Südbaden, und was sind die Gründe dafür?

Die Vorbereitungen für die Rückkehr der Mitarbeiter laufen

Die Firma Binder hat sich auf die Aufhebung der Homeoffice-Pflicht bereits vorbereitet. „Wir haben uns für den Zeitpunkt X eine Strategie erarbeitet, wie die Mitarbeiter sukzessive ins Unternehmen zurückkommen können“, sagt Vizepräsident Michael Pfaff von Binder. „Damit wir vorbereitet sind, wenn die Homeoffice-Pflicht endet.“ Die Firma aus Tuttlingen stellt Ultra-Tiefkühlschränke her.

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Bei der Rückkehr der Mitarbeiter ins Unternehmen gibt es auch Probleme. So ist bisher nicht klar, was mit der geltenden Abstandspflicht passiert. „Wenn wir die Mitarbeiter zurückholen und die Abstandspflicht nicht fällt, müssen wir schauen, wie wir mit dem Thema Homeoffice weiter umgehen“, so Michael Pfaff. Eine Betriebsvereinbarung sichert den Mitarbeitern die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Homeoffice unter bestimmten Kriterien zu. Pfaff betont aber, dass die Rückkehr der Mitarbeiter für das Zusammengehörigkeitsgefühl wichtig sei.

Der Ideenaustausch ist wichtig

So seien Unterhaltungen in den Gängen oder vor dem Kaffeeautomaten für den Austausch von Ideen, kreative Herangehensweisen und letztlich auch für die Innovation enorm wichtig. „Das haben alle Unternehmen in der Pandemie gelernt“, sagt der Vizepräsident von Binder.

Binder hat sich auf die Rückkehr der Mitarbeiter bereits vorbereitet. Vizepräsident Michael Pfaff (rechts) und CEO Peter Michael Binder ...
Binder hat sich auf die Rückkehr der Mitarbeiter bereits vorbereitet. Vizepräsident Michael Pfaff (rechts) und CEO Peter Michael Binder (Mitte) sind froh, wenn ihre Mitarbeiter wieder in das Hauptquartier kommen. | Bild: Binder

Ob diese Art der Kommunikation in Zukunft im Digitalen anders gelöst werden könnte als bisher, weiß er nicht. Doch er ist sich sicher: „Den persönlichen Kontakt kann man nicht ersetzen“, so Pfaff. „Das hat eine ganze andere Qualität.“ Über das digitale Netz fehle das Zwischenmenschliche. Der Binder Vize-Präsident denkt, dass zwischen mobilem Arbeiten und Arbeiten vor Ort ein hybrider Mix entstehen werde. Das produzierende Gewerbe mit einem Produktionsband habe es dabei aber schwieriger.

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Von einer gesetzlichen Regelung, wie es beispielsweise die Grünen fordern, hält Michael Pfaff nicht viel. „Die Regelung für Homeoffice oder mobiles Arbeiten ist am besten bei den Firmen aufgehoben“, so Pfaff. „Wir müssen das jeweils mit dem Arbeitsmodell vereinbaren.“ Die Entscheidung solle dabei im Dialog mit den Mitarbeitern getroffen werden.

Sparkasse Bodensee baut Homeoffice aus

Die Sparkasse Bodensee fährt das Homeoffice-Angebot für Angestellte nach oben. „Künftig werden mehr Mitarbeiter, auf Wunsch auch an mehr Tagen pro Woche, mobil arbeiten können“, sagt die Abteilungsleiterin der Personalabteilung, Barbara Grote-Brinkmann, dem SÜDKURIER.

Barbara Grote-Brinkmann von der Sparkasse Bodensee.
Barbara Grote-Brinkmann von der Sparkasse Bodensee. | Bild: Grote-Brinkmann

Zurzeit befänden sich 330 Sparkassen-Angestellte im Homeoffice, vor der Pandemie waren es dagegen nur 80 bis 90 Mitarbeiter in Telearbeit. Ein Großteil der Menschen wird weiterhin mobil arbeiten, ist sich Grote-Brinkmann sicher. Die Strategie spiele auch für künftige Mitarbeiter eine Rolle, das Konzept steigere die Arbeitgeberattraktivität.

Digitale Platzbelegung als Pilotprojekt

Doch klar ist auch: „Wir haben natürlich auch Stellen, die vor Ort sein müssen. Beispielsweise die Servicekräfte“, so Grote-Brinkmann. Diejenigen, die sich für das mobile Arbeiten entscheiden, werden demnach aber mindestens zwei Tage pro Woche im Homeoffice bleiben müssen. Bei einem Tag pro Woche lohne sich der Aufwand nicht. Vor Ort müsse die Arbeitsplatzbelegung koordiniert werden.

Hierbei testet die Personalabteilung gerade in einem Pilotprojekt eine digitale Platzbelegung. Ist das Büro voll, muss der Mitarbeiter mobil arbeiten. Auf lange Sicht überlege man sich bereits, was mit den Räumlichkeiten passiere, die leer bleiben. Eine Möglichkeit wäre das Vermieten an andere Unternehmen, so Grote-Brinkmann.

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„Ich bin überzeugt, dass die Unternehmen sich gute Gedanken machen, wie sie das Thema Homeoffice umsetzen“, sagt Barbara Grote-Brinkmann. „Es braucht nicht immer eine gesetzliche Regelung. Oft reguliert sich der Markt dabei selbst.“ Die unternehmerische Freiheit sollte erhalten bleiben, meint sie.

Das sagt die IHK

Für die IHK Hochrhein-Bodensee ist die allgemeine Entwicklung klar. Das Homeoffice wird auch nach der Pandemie Bestand haben, glaubt Claudius Marx, Geschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee. Das bringe aber auch eine „markante Flexibilisierung der Arbeitswelt mit sich“.

Mehrere IHK haben ihre Mitglieder bereits zu dem Thema Mobiles Arbeiten und Homeoffice befragt. „Die Ergebnisse waren stets sehr ähnlich“, sagt Claudius Marx. „Die befragten Unternehmen, die auf Homeoffice setzen, tun dies vor allem, weil sich diese Arbeitsform als besonders effizient erwiesen und in der Krise bewährt hat. Eine höhere Arbeitszufriedenheit der Beschäftigten, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie mehr Flexibilität in den Arbeitszeiten werden regelmäßig genannt.“