Über Auftragsmangel kann sich Peter M. Binder nicht beklagen. Während sich bei anderen Unternehmen die Order-Bücher in der Corona-Krise im Rekordtempo leeren, kann sich der Inhaber des gleichnamigen Tuttlinger Medizintechnik-Unternehmens vor Aufträgen nicht retten. „Wir haben Glück gehabt und haben das richtige Produkt zur richtigen Zeit“, sagt der 67-jährige Binder.

Bis zu minus 90 Grad Celsius halten den Corona-Impfstoff frisch

Das 1983 von Binder selbst gegründete Unternehmen stellt Spezialschränke für die Industrie her. In manchen können Zellkulturen vermehrt, in anderen bestimmte Temperaturschwankungen exakt simuliert und Materialtests vorgenommen werden. Und manche machen einfach nur extrem kalt. Bis minus 90 Grad Celsius.

Binder ist der einzige Hersteller, der die Geräte in Deutschland produziert

Diese sogenannten Ultra-Tiefkühlschränke sind in der Corona-Krise zu einem unverzichtbaren Produkt geworden – man könnte fast sagen: Für die Weltgesundheit. Nur eine handvoll Hersteller weltweit – darunter Binder – hat das Know-How, die Kühlboxen herzustellen.

Die neuen High-Tech-Impfstoffe von Firmen wie Biontech und Pfizer brauchen sehr niedrige Temperaturen, um nicht unwirksam zu werden. Erst vor rund zehn Jahren ist Binder in den Bau der Mini-Kühlkammern eingestiegen und hat die Produkte schnell weiterentwickelt. Hier erklärt der Firmenchef selbst einmal, was so ein Kühlschrank kann:

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Der Firmen-Chef erklärt den Super-Kühlschrank Video: Rosenberger, Walther

Das Werksgelände der Firma Binder liegt am Rande Tuttlingens, das sich selbst „Weltzentrum der Medizintechnik" nennt. Der Grund: Mehrere Hundert Firmen bauen hier Produkte für die Branchen Pharma, Chemie und Automatisierung. Binder ist eine von ihnen. In den silbernen Hallen des Mittelständlers arbeiten rund 420 Menschen – zurzeit teilweise im Vierschicht-Betrieb. In der Produktionshalle findet die Bearbeitung der Kühlschrankgehäuse statt. Alles ist hoch automatisiert. Hier wird eine Seitenwand eines Kühlschranks gestanzt:

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Das Gehäuse wird bearbeitet Video: Rosenberger, Walther

Ein Ultra-Tiefkühlschrank ist ein durchaus komplexes Gebilde. Die extremen Temperaturen von bis zu Minus 90 Grad Celsius verlangen Isolierung, Elektronik und Sensoren im Innern viel ab. Binder macht viel selbst. Die Fertigungstiefe im Werk beträgt 40 Prozent. Der Rest wird zugeliefert. Hier nimmt ein Mitarbeiter die Verkabelung der Elektronik vor:

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Das Innenleben wird verkabelt Video: Rosenberger, Walther

Ein kritischer Teil im Produktionsprozess ist immer die „Vermählung“ einzelner Bauteile. Hier greift ein Vakuumgreifer die schwere Kühlschranktür...

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Die schwere Schranktür wird angehoben Video: Rosenberger, Walther

....und bringt sie langsam in eine aufrechte Position, um sie an das Endgerät anzudocken.

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'Vermählung' mit dem Gehäuse Video: Rosenberger, Walther

Passt. Sitzt. Die Tür des bis zu 20.000 Euro teuren Kühlschranks ist so gut wie montiert.

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Passt, sitzt, hat keine Luft Video: Rosenberger, Walther

Nach der Endmontage durchläuft der High-Tech-Kühlschrank noch mehrere Stationen, etwa die Qualitätskontrolle. Dann macht sich das Gerät auf den Weg zum Kunden. Dazu muss es erst einmal verschoben und verpackt werden. Das geht natürlich nur mit einem Gabelstapler.

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Transport des Geräts im Werk Video: Rosenberger, Walther

Jetzt kommen noch Packbänder außen herum.....

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Die Verpackung kommt drumrum Video: Rosenberger, Walther

......und ab geht‘s auf den Lkw, der schon draußen wartet.

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Und ab auf den Lkw Video: Rosenberger, Walther

Mehrere Tausend Ultra-Tiefkühlschränke, genauer will man es bei Binder nicht sagen, werden dieses Jahr das Tuttlinger Stammwerk verlassen. Die Kühlung der sensiblen Impfstoffe ist so gesichert. Insgesamt verlassen 2020 um die 23.000 Spezialschränke, in denen beispielsweise auch Materialtests durchgeführt werden können, das Werk.

Ein Blick vom Werk in das Innere eines an der Rampe angedockten Lkw. Im Inneren sind Spezialschränke zu sehen.
Ein Blick vom Werk in das Innere eines an der Rampe angedockten Lkw. Im Inneren sind Spezialschränke zu sehen. | Bild: Binder

Von hier geht die Reise der Spezialkühlschränke zu den Knotenpunkten der Impfstoff-Logistik: Zu Impfzentren, den Pharmaherstellern und Flughäfen, wo die Dosen kalt gelagert werden müssen.