Für viele Deutsche Angestellte sind Wohnzimmer oder Küchentisch zum Büro geworden. Mehr als 10,5 Millionen Deutsche arbeiteten Ende vergangenen Jahres permanent im Homeoffice. Laut Studie des Digitalverbands Bitkom ist das rund ein Viertel der Beschäftigten. Doch mangelhaft ausgestattete Arbeitsplätze zu Hause führen auch vermehrt zu gesundheitlichen Problemen.
Welche gesundheitlichen Probleme treten im Homeoffice auf?
Verspannungen, Rücken- und Kopfschmerzen nennen befragte Heimarbeiter als gesundheitliche Probleme, die durch den schlechten Arbeitsplatz im Homeoffice aufgetreten sind. Laut einer neuen Studie des Stuttgarter Prüfkonzerns Dekra klagten 36 Prozent, also mehr als jeder dritte Beschäftigte im Homeoffice, über Beschwerden aufgrund eines „mangelhaften, nicht ergonomischen Arbeitsplatzes“. Frauen sind demnach davon etwas häufiger betroffen als Männer.
Nach einer Erhebung der Krankenkasse DAK-Gesundheit aus dem Februar ist im Corona-Jahr 2020 bundesweit allein die Zahl der Krankheitstage von Arbeitnehmern wegen Rückenschmerzen deutlich gestiegen. Insgesamt ging die Zahl der Ausfalltage mit dieser Diagnose demnach im Vorjahresvergleich um sieben Prozent nach oben.

Mit welchen Einschränkungen oder Ablenkungen haben Beschäftigte im Homeoffice noch zu kämpfen?
Ein zu kleiner Bildschirm, instabiles Internet oder keine separate Tastatur – 34 Prozent der Befragten bemängelten laut Dekra-Studie, die vom Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt wurde, eine fehlende oder unzulängliche Arbeitsausstattung. 32 Prozent gaben an, länger zu arbeiten oder sich auch mal am Wochenende oder am Abend an die offenen Aufgaben zu setzen.
Als weitere größere Probleme empfanden Homeoffice-Beschäftigte Störungen durch die Wohnsituation oder den Alltag, etwa durch Familienangehörige oder Nachbarn (30 Prozent), sowie Störungen wegen nicht klar von der Restwohnung abgegrenzter Arbeitsbereiche (27 Prozent). 23 Prozent fehlten laut Umfrage die Wahrnehmung durch den Arbeitgeber oder die Aufmerksamkeit des Chefs, 21 Prozent beklagten Probleme mit der IT-Ausstattung.
Was muss der Arbeitgeber tun, um gesundheitliche Schäden im Homeoffice zu vermeiden?
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich in der Pflicht darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer bei der Ausübung seiner Arbeit, nicht zu Schaden kommt. „Rechtliche Grundlage ist das Arbeitsschutzgesetz, das für jede Tätigkeit eine Gefährdungsbeurteilung vorschreibt“, sagt Andreas Stephan von der gesetzlichen Unfallversicherung VBG.
Bewertet werden Unfallrisiken aber auch Gesundheitsrisiken, zu denen Rückenschmerzen oder Verspannungen durch schlecht ausgestattete Bildschirmarbeitsplätze im Homeoffice zählen. Daraus ergeben sich dann Verbesserungsmöglichkeit, um den Arbeitgeber zu schützen, so Stephan.

Der Versicherungsexperte sagt, dass der Arbeitgeber handeln muss, wenn er auf die gesundheitlichen Probleme durch das Homeoffice aufmerksam gemacht wird. „Eigentlich dürfte es erst gar nicht so weit kommen“, sagt er. „Die Idee der Gefährdungsbeurteilung ist, die Gefährdungen zu vermeiden und vorausschauend zu handeln.“ Eigentlich müsste der Arbeitgeber im Vorfeld die Situation mit dem Angestellten durchsprechen und den Arbeitsplatz dementsprechend gestalten.
Laptop und Küchentisch – welche Ausstattung erhöht die Risiken für die Gesundheit?
„Ständiges arbeiten am Laptop ist aus ergonomischer Sicht nicht günstig“, sagt Andreas Stephan von der VBG. Der Abstand von Tastatur und Bildschirm ist für längeres Arbeiten nicht optimal für die Körperhaltung und lässt sich auch nicht verstellen. Bei einem gut eingerichteten Arbeitsplatz sollte die ideale Entfernung des Bildschirms vom Auge zwischen 50 und 60 Zentimetern betragen. Die Tastatur sollte etwa 10 bis 15 Zentimeter von der Tischkante stehen, erklärt der Experte.
Wer einen richtigen Sehabstand zum Bildschirm einhalten will, arbeitet permanent mit ausgestreckten Armen. „Da wären eine externe Maus und Tastatur eine gute Hilfe, um den Bildschirm auf Distanz zu bringen“, sagt Stephan Andreas. Oft seien auch die Bildschirmdiagonalen zu klein, das Licht nicht ausreichend oder der Stuhl für langes Sitzen nicht optimal.
Telearbeit, Homeoffice und mobiles Arbeiten – wo liegen die Unterschiede?
„Das Grundproblem liegt in der Unterscheidung zwischen Telearbeitsplatz und mobilem Arbeitsplatz“, hebt Andreas Stephan hervor. Für einen Telearbeitsplatz wird zwischen Beschäftigten und Unternehmen vorher eine Vereinbarung getroffen. Der Arbeitsplatz wird fest für den Beschäftigten zuhause eingerichtet, wofür der Arbeitgeber verantwortlich ist. Er ist in der Regel vergleichbar mit einem Bildschirmarbeitsplatz im Unternehmen, unterliegt der Arbeitsstättenverordnung und damit auch klaren Vorgaben, welche Abstände Bildschirm und Tastatur haben muss oder welche Sitzhöhe der Stuhl.
Für einen mobilen Arbeitsplatz, der auch in der Arbeitsstättenverordnung definiert ist, reicht theoretisch ein Bildschirmgerät aus – Handy, Tablet oder Laptop. Mobil gearbeitet werden kann im Zug, in Hotels oder woanders außerhalb des Unternehmens, vor allem auf Geschäftsreisen oder gelegentlich auch zuhause. „Im Zuge der Corona-Pandemie wurde definiert, dass Homeoffice eine Form des mobilen Arbeitens ist“, so Stephan. „Diese Arbeitsschutzregel gilt allerdings nur solange, wie die Corona-Pandemie andauert.“
Was fehlt, sei eine klare Kriterien für das Arbeiten im Homeoffice, sagt Andreas Stephan von der VBG. Die Definition für den Bildschirmarbeitsplatz ist nur auf einen Telearbeitsplatz anwendbar. Für das mobile Arbeiten gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Allerdings würden trotzdem alle anderen Arbeitsschutzbestimmungen greifen. Der Arbeitgeber sei also in der Pflicht, auf die Gesundheit der Arbeitnehmer zu achten und den Arbeitsplatz dementsprechend auszustatten. Allerdings ergibt sich ein größerer Spielraum.
Welche Argumente können meinen Arbeitgeber von einer besseren Ausstattung überzeugen?
Ein gutes Argument ist sicher der gesundheitliche Aspekt. Denn wer Schmerzen hat und krankgeschrieben wird, fällt aus und kann keine Leistung für das Unternehmen erbringen. Ein anderes Thema ist die Leistungsfähigkeit, sagt Andreas Stephan. Wer ständig damit beschäftigt ist, die richtige Sitzposition zu finden, um seinen Rücken zu schonen und Schmerzen zu vermeiden, kann sich nicht auf seine Aufgaben konzentrieren und arbeitet nicht effizient. Und Mitarbeiter können auch motiviert werden, wenn sie sehen, dass dem Arbeitgeber seine Gesundheit wichtig ist und sich um die richtige Ausstattung kümmert.
Weitere Informationen zum Thema Homeoffice hat die gesetzliche Unfallversicherung VBG auf dieser Seite zusammengestellt: www.certo-portal.de/homeoffice