Ein bisschen Haushalt in der Pause? Vom Büro aus undenkbar
Melanie Joos, 29 Jahre, lebt in Oberteuringen und arbeitet von dort aus in einem Häfler Unternehmen mit. „Ich musste im Homeoffice lernen, mir Pausen zu nehmen. Anfangs habe ich gar keine gemacht. Mein Mittagessen war dann oft einfach ein belegtes Brot, das ich nebenbei gegessen habe.“ Inzwischen nehme sie sich gezielt Auszeiten zwischendurch und entdecke die Vorteile der Arbeit von zuhause aus. Auch für die Pausen hat sie eine Lösung gefunden, um diese tatsächlich zu nehmen: „Ich kann in den Pausen ein bisschen Haushalt machen, die Wäsche aufhängen beispielsweise. Das würde in der Mittagspause im Büro nicht funktionieren. Ich fahre allein zwanzig Minuten von dort.“
Sie erlebe es auch als positiv, durch die wegfallende Fahrzeit etwas mehr Freizeit zu haben, die sie unter anderem für die Betreuung ihrer Pferde nutzen könne. Nur an ihrem Schreibtisch müsse sie noch etwas verbessern: „Im Büro ist der höhenverstellbar. Den Unterschied spüre ich schon, wenn ich länger sitze und arbeite.“
Da wird das Esszimmer auch mal zum Seminarraum
Frank Heimpel-Labitzke, 60 Jahre, lebt in Friedrichshafen und gibt derzeit als Freiberufler virtuell von dort aus Seminare und Trainings für Teilnehmer aus ganz Deutschland. „Wie die meisten Freiberufler ist für mich Arbeit im Homeoffice der Normalzustand. Was sich bei mir allerdings verändert hat, sind Seminare und Trainings, die ich von zuhause aus abhalte“, schildert er. Im Esszimmer richte er sich dafür mit mehreren Kameras einen Seminarraum ein. „Das hat schon auch Vorteile: Ich war vorher oft selbstausbeuterisch unterwegs. Abends spät noch nicht zuhause, am nächsten Tag morgens um 8 Uhr ein paar Hundert Kilometer entfernt im nächsten Seminarraum.“

Durch den Wegfall der Reisezeiten habe er weniger Stress, zudem könnten Menschen von unterschiedlichen Orten gleichzeitig teilnehmen: „Manche Veranstaltungen wären in Präsenz so nie zustande gekommen.“ Gleichzeitig sei die virtuelle Arbeit auf ihre Weise anstrengender: „Mir fehlen einfach ein paar Ebenen, die real ganz nebenbei wahrnehmbar wären.“ Und auch, Pausen zu nehmen, müsse man sich ganz aktiv vornehmen: „Ich rate meinen Teilnehmern immer, da dann auch wirklich aufzustehen und rauszugehen und das setze ich auch selbst um.“
Ein Sichtschutz trennt Arbeit und Privates
Laura von Albedyhll, 31 Jahre, lebt in Friedrichshafen und arbeitet von dort aus als Dozentin an der Pädagogischen Hochschule in Weingarten. Ihren Schreibtisch hat sie um einen Sichtschutz ergänzt: „So ist einfach klarer, wo das Private aufhört und die Arbeit beginnt.“ Auch unterscheide sie zwischen Onlinekonferenzen, bei denen ihre Kinder dazukommen könnten, und solchen, bei denen sie auf keinen Fall ins Bild laufen dürften: „Wenn ich ein Seminar halte, geht es einfach nicht, dass da ein Kind zwischendrin etwas reinruft.“

Sie ist froh über den Blick ins Grüne, den sie von ihrem Schreibtischplatz aus hat: „Da habe ich es gut, manche schauen in ihrem Homeoffice auf eine Wand. Ich habe hier freie Sicht nach draußen.“ Einen besonders großen Unterschied merke sie beim Zwischenmenschlichen: „Meine aktuelle Schwangerschaft läuft total unsichtbar ab. Die anderen fragen auch kaum danach, weil das gar nicht so präsent ist. Mein Bauch ist im Ausschnitt der Webcam gar nicht zu sehen.“ Sie ist sich sicher, dass einige überrascht sein würden, wenn sie ihr jetzt real begegneten.

Für die Wohnungssuche am Sitz des neuen Arbeitgebers bleibt Zeit
Navdeep Nurpuri, 32 Jahre, lebt in Friedrichshafen und arbeitet von dort aus als Programmierer beim IT-Unternehmen „Log Me In“ für dessen deutschen Sitz in Dresden. Seit einem Jahr ist er inzwischen im Homeoffice. „Am Anfang musste ich mich erst daran gewöhnen, aber inzwischen funktioniert es gut“, schildert er. Bis vor Kurzem war er noch für einen Tettnanger Arbeitgeber tätig. „Seit eineinhalb Monaten ist mein Arbeitgeber eigentlich in Dresden. Da das Büro dort sowieso nicht besetzt ist, muss ich aber vorerst nicht umziehen.“
So arbeite er nun unverändert von seinem Homeoffice in Friedrichshafen aus, nur eben für einen mehrere Hundert Kilometer entfernten Arbeitgeber. „Das ist ein Vorteil an der aktuellen Situation“, erklärt er, „und auch ein bisschen lustig: Ich sitze eigentlich am selben Schreibtisch, äußerlich hat sich nichts verändert, arbeite aber für jemand anders.“ Für die Wohnungssuche am Sitz seines neuen Arbeitgebers bleibe so außerdem besonders viel Zeit.
Zeit für eine Pause? Muss man erstmal mitbekommen
Wolfgang Aich, 56 Jahre, lebt in Ailingen und arbeitet von dort tageweise aus dem Homeoffice als Pressesprecher und Leiter des Vorstandsstabs der Sparkasse Bodensee.
In sein Büro zuhause führt ein LAN-Kabel mit Verlängerung und weist so den Weg dorthin. „Das WLAN ist hier zu schwach und das ein Provisiorium seit dem ersten Lockdown 2020“, schmunzelt Aich.

Als weitere Herausforderung erlebe er die Pausenzeit: „Ich muss immer wieder daran erinnert werden, dass das Essen jetzt auf dem Tisch steht und ich eine Pause einlegen sollte.“ Das sei im Büro deutlich einfacher, auch der Feierabend sei dort eindeutiger: „Irgendwann mag ich dann doch nach Hause gehen, aber im Homeoffice bin ich da ja schon.“
So habe er den Eindruck, dass er entgegen aller Vorurteile im Homeoffice eher mehr Arbeit erledige als weniger. Bei der Sparkasse seien sie darauf allerdings auch gut vorbereitet gewesen: Der sichere Zugang zum Rechenzentrum sei gang und gäbe und viele Akten seien heutzutage auch digitalisiert: „Früher wäre das schwierig geworden, da hätte man erst einmal die dicken Ordner mitschleppen müssen.“. Ein positiver Nebeneffekt entsteht so auch für Ehefrau Nicole: „Ich kann mir zwischendurch eine kleine Auszeit nehmen, wenn er da ist und in seiner Pause auf die Kleine aufpasst.“