Muss ich nun in Quarantäne wenn ich aus einem Risikogebiet komme oder nicht? Dass viele Menschen verunsichert sind, ist kein Wunder: Jedes Land hat andere Regeln, wann man als Reiserückkehrer in Quarantäne muss. Schon im europäischen Vergleich gelten unterschiedliche Risikogebiete, je nachdem, wie scharf die Kriterien der zuständigen Behörden sind. Nun soll zumindest innerhalb Deutschlands eine einheitliche Verordnung Klarheit schaffen. Allerdings ist sie nur ein Muster und gilt lediglich als Empfehlung für die Bundesländer. Dabei drängt die Zeit: Gerade hat das Robert-Koch-Institut neue Risikogebiete angekündigt, demnach werden ganz Frankreich, die Niederlande und große Teile der Schweiz zum Risikogebiet erklärt.
Doch die Landesregierung braucht noch Zeit: Markus Jox, Sprecher des Landessozialministeriums, sagt dem SÜDKURIER, das Ministerium arbeite bereits an einer Landesverordnungen, die die Empfehlungen der Muster-Verordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium aufgreife. Allerdings gelten auch immer „landesspezifische Besonderheiten“ – etwa bei den Teststrategien, die berücksichtigt werden müssten.
Trotzdem sieht Bundestagsabgeordneter Andreas Jung (CDU) in dem Entwurf eine gute Grundlage: „Damit wird nun ein Weg aufgezeigt, wie konsequenter Gesundheitsschutz und Zusammenleben in Grenzregionen vereinbart werden können.“ Er fürchtet allerdings, dass es zu Problemen kommen könnte, wenn die Neuregelung nicht bis Samstag in Kraft sei. Faktisch käme die Quarantänepflicht für ausländische Einreisende auch für kurze Aufenthalte dann einer Grenzschließung gleich, sagt er dem SÜDKURIER.
Aber welche Regeln gelten denn nun in Baden-Württemberg und was würde sich durch die neue Verordnung ändern? Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.
Wann muss ich grundsätzlich in Quarantäne wenn ich aus einem Risikogebiet im Ausland komme?
Bislang gilt in Baden-Württemberg, dass Auslandsaufenthalte in einem Risikogebiet unter 48 Stunden keiner anschließenden Quarantäne bedürfen. Allerdings gilt das nur für Deutsche, die ins Risikogebiet reisen und zurückkommen. Für Ausländer gilt das in der jetzigen Verordnung nicht. Nach der Neuregelung gelten nur noch 24 Stunden, allerdings gilt das dann für alle. Bislang unterscheiden sich die Ein- und Ausreiseregeln in den verschiedenen Bundesländern erheblich. In Rheinland-Pfalz und im Saarland kann man derzeit bis zu 72 Stunden in ein Risikogebiet im Ausland reisen oder aus einem ausländischen Risikogebiet bis zu 24 Stunden einreisen. Das soll nun einheitlich werden.
Muss ich als Grenzgänger, Berufspendler oder Schüler in Quarantäne?
Nein. Dafür gibt es nach wie vor Ausnahmen, diese werden auch in der neuen Verordnung bestehen bleiben. Wer eine Schule im Ausland besucht, einen Wohnsitz in einem Risikogebiet hat oder berufsbedingt unterwegs ist, muss nicht in Quarantäne. Das soll auch in der neuen Verordnung so bleiben. Allerdings gilt hier nach der Neuregelung eine Beschränkung auf 72 Stunden.
Kann ich meine Familie, Ehepartner oder Lebenspartner im Ausland besuchen, ohne dass ich bei meiner Rückkehr in Quarantäne muss?
Ja. Diese Ausnahmen sind alle in der Verordnung enthalten – auch in der aktuell geltenden in Baden-Württemberg. Ausnahmen gelten entsprechend auch bei Familiensituationen wie geteiltem Sorgerecht, ein Umgangsrecht, der Besuch des Lebenspartners, oder Pflege schutzbedürftiger Personen. Neu ist, dass diese Besuche auf bis zu 72 Stunden ausgedehnt werden können.
Wie lange muss ich in Quarantäne, wenn ich keine Ausnahmeregelung erfülle?
14 Tage, es sei denn, man hat einen aktuellen negativen Test, der nicht älter als 48 Stunden ist. Zwei Dinge werden nun geändert: Zum einen soll die Quarantäne auf 10 Tage verkürzt werden. Hintergrund dürfte sein, dass inzwischen davon ausgegangen wird, dass ein Infizierter nach diesem Zeitraum bereits nicht mehr ansteckend ist. Ein negativer Test kann dagegen erst nach fünf Tagen vorgelegt werden, um die Quarantäne nach dem Aufenthalt in einem Risikogebiet zu verkürzen: Denn es kann sein, dass das Virus anfänglich noch nicht nachweislich ist.
Was ist, wenn die Schweiz und Frankreich wieder komplett zum Risikogebiet werden oder die Grenzgebiete zu Deutschland wie der Kanton Thurgau in der Schweiz und die französische Region Grand Est?
Solange das Robert-Koch-Institut diese Gebiete nicht als Risikogebiet eingestuft hat, passiert nichts. Wenn die Grenzgebiete allerdings als solche gelten sollten, greift die bestehende Regelung mit den bisherigen Ausnahmen. „Wir haben ja festgestellt, dass man die vielen grenzüberschreitenden Beziehungen über die Grenzen nicht mit Ausnahmen regeln kann“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung aus dem Wahlkreis Konstanz. Er fürchtet etwa neue Beschränkungen beim Einkaufen, wenn die Neuregelung nicht in Kraft ist: „Faktisch käme das einer neuen Grenzschließung gleich.“ Ein Schweizer aus einem Risikogebiet dürfte demnach nicht einkaufen, wenn er in Konstanz einkaufen wollte, bis die neue Verordnung in Kraft ist.