Die Nachricht hat es in sich: Das Bundesinnenministerium schließt Grenzkontrollen zu den Nachbarländern nicht mehr aus. Konkret sagte ein Sprecher des Ministeriums, man beobachte das Geschehen in den Nachbarländern genau und versuche mit den derzeitigen Maßnahmen wie Quarantäne nach dem Aufenthalt in Risikogebieten und die Verpflichtung, sich nach der Rückkehr testen zu lassen, „das Notwendige sicherzustellen, ohne über andere Maßnahmen an den Grenzen nachdenken zu müssen“.

Fast ganz Frankreich ist Risikogebiet

Die Infektionszahlen gehen nach oben: In Frankreich sind fast alle Gebiete vom Auswärtigen Amt als Risikogebiet benannt, die Behörde rät von Reisen dorthin unbedingt ab. In Österreich gelten Tirol, Wien und Vorarlberg als Risikogebiet. In der Schweiz gelten die Kantone Genf und Waadt als Risikogebiet, fast die gesamten Niederlande gelten als Risikogebiet, ebenso wie Luxemburg. Lediglich Polen und Tschechien wurden noch nicht zum Risikogebiet erklärt, aber auch dort steigen die Zahlen stark.

Das Chaos an den innerdeutschen Grenzen hatte im Frühjahr wochenlang für Aufruhr gesorgt – viele Menschen durften nicht über die Grenze, obwohl Angehörige in der Schweiz oder in Deutschland lebten. Es nahm Wochen in Anspruch, bis sich beide Seiten auf ein annähernd vergleichbares Grenzregime einigen konnten, bevor die Kontrollen im Juni wieder aufgehoben wurden.

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„Wir müssen unter allen Umständen verhindern, dass es wieder Grenzkontrollen gibt“, sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete Andreas Jung aus dem Wahlkreis Konstanz dem SÜDKURIER. Gerade die Region habe im Frühjahr stark unter den Maßnahmen gelitten. Zudem seien dadurch mehr Probleme entstanden als Nutzen gebracht. „Was wir doch gelernt hat ist, dass man den Virus nicht an den Grenzen bekämpft, sondern mit gemeinsamen Strategien.“

Andreas Jung (CDU) spricht während einer Sitzung des deutschen Bundestages. Er will neue Grenzkontrollen verhindern.
Andreas Jung (CDU) spricht während einer Sitzung des deutschen Bundestages. Er will neue Grenzkontrollen verhindern. | Bild: Kay Nietfeld

Kontaktverfolgung läuft auch mit Nachbarländern besser

Es gebe inzwischen einen intensiven Austausch der deutschen Behörden mit den Nachbarländern, um etwaige Kontakte nachzuverfolgen, ergänzt Jung. Deshalb herrsche nun eine andere Situation. Zudem habe sich gezeigt, dass Grenzkontrollen „kein taugliches Mittel sind, um Corona einzudämmen, weil die Berufspendler ohnehin die Grenze passieren dürfen.“ Das werde niemand bestreiten können, so Jung weiter. Corona mache keinen Unterschied zwischen Binnengrenzen und Außengrenzen.

Trotzdem gibt es weiter Probleme bei der Nachverfolgung von Infektionsketten, gerade zwischen der EU und der Schweiz. Nach wie vor kann die Schweizer Corona-Warn-App nicht mit den Apps der EU-Mitgliedstaaten vernetzt werden. Bislang stehe das nicht unterzeichnete Rahmenabkommen dem im Wege, genauer gesagt das schwierige Thema Datenschutz.

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„Ich erwarte dringend, dass Brüssel und Bern zusammenkommen in dieser Lage“, betont Jung. Um den Datenschutz zu gewährleisten, könnte eine kurzfristige Vereinbarung zur Warn-App getroffen werden, damit die Verknüpfung schnell möglich sei. Das Rahmenabkommen dürfte vor Jahresende kaum mehr auf den Weg kommen: Tatsächlich fordert die Schweiz nach der jüngsten Volksabstimmung Nachverhandlungen mit Brüssel. Die Aussichten sind schwierig.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte anders als der Sprecher des Bundesinnenministeriums deutlich, dass sie keine Grenzkontrollen will: „Nein, das wollen wir nicht. Wir wollen das wenn möglich vermeiden. Das haben wir ja gesehen, wie viel schwierige Situationen da entstanden sind. Wir können einen weiteren Anstieg mit vergleichsweise überschaubaren Maßnahmen verhindern.“