Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) ist das Motto des Nationalparks Schwarzwald durchaus bekannt. Es heißt „Eine Spur wilder“. Es ist eine Anspielung auf die biologische Vielfalt dort. Zum Beispiel hat man vor Jahren die Zitronengelbe Tramete entdeckt, was sogar unter Wissenschaftlern eine kleine Sensation war. Es war das erste Mal, das man diese Pilzart in Baden-Württemberg nachweisen konnte.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist ein Fan dieser seltenen Urwaldart – und als Biologe auch des Nationalparks. Minister Hauk jedoch hat Kretschmann nun empfindlich gereizt. Dessen Aussagen zum Nationalpark haben Kretschmann richtig erzürnt, wie aus seinem Umfeld zu hören ist. Sie waren ihm dann doch eine Spur zu wild ausgefallen.
Hauk hatte bei einem Besuch im Nordschwarzwald kundgetan, dass er gar nicht daran denke, den Nationalpark zu erweitern, wie es im grün-schwarzen Koalitionsvertrag vereinbart worden ist. „Das, was netto in der Lücke dazukommt, muss irgendwo an den Rändern wieder weg“, sagte Hauk.
Der Nationalpark besteht noch aus zwei einzelnen Teilstücken, die zusammen 10.000 Hektar ergeben – die Mindestfläche, die die Internationale Union zum Schutz der Natur vorgibt. Die Landesregierung hat die Zusammenlegung beschlossen. Im Koalitionsvertrag heißt es auf Seite 31: „Wir erweitern und entwickeln den Nationalpark Schwarzwald auf Basis fachlicher Kriterien in einem transparenten Beteiligungsprozess weiter.“

Davon wollen Hauk und die CDU-Fraktion plötzlich nichts mehr wissen. Das gefällt Kretschmann nicht, dem es vor allem darum geht, dass seine Regierung möglichst geräuschlos und ohne öffentlichen Streit ihrer Arbeit nachgeht. Seine Verärgerung war auch in der Landespressekonferenz herauszuhören, als er sagte: „Für mich hat die Erweiterung eine sehr hohe Priorität. Ich rate allen Ministern, auch Hauk, solche Debatten nicht öffentlich zu führen. Sie sind in der Sache nicht dienlich.“
Das war an Klarheit nicht zu überhören und für Kretschmann ungewöhnlich scharf. Er nannte Hauks Aussagen sogar „unprofessionell“. Denn bei der Erweiterung des Nationalparks steht die Landesregierung nun vor Verhandlungen mit Waldbesitzern, unter anderem mit der Murgschifferschaft, einer seit dem späten Mittelalter bestehenden Holzhandelsgesellschaft. Dabei gehe es auch ums Geschäft, um mögliche Ausgleichsflächen, um den Preis der Erweiterung, so Kretschmann. „Da muss man extrem zurückhaltend sein.“
Auch der Nabu stimmt in die Kritik ein
Unterstützung erhält Kretschmann vom Naturschutzbund Deutschland, Nabu. Der Vorsitzende Johannes Enssle teilt mit, dass im Nationalpark zusammenwachsen müsse, was zusammengehört. „Was der Minister persönlich will oder nicht will, ist dabei unerheblich. Wir erwarten, dass sich auch der Waldminister von der CDU an das hält, was Grün-Schwarz gemeinsam im Koalitionsvertrag der Bevölkerung versprochen hat.“
Doch noch haben konkrete Verhandlungen gar nicht begonnen, bisher gab es nur Vorgespräche. Das liege vornehmlich daran, betonen Regierungsmitglieder, dass Hauk das ganze Thema verzögert, er will keinen Wald hergeben, weil er diesen in erster Linie als Einnahmequelle sehe und gar kein Interesse daran habe, dass dieser sich selbst überlassen wird.

Noch ist auch nicht endgültig entschieden, wer die Verhandlungen führen wird, Hauk oder doch Thekla Walker als Umweltministerin, die auch der Nationalparkverwaltung vorsteht. Kretschmann jedenfalls wird das Thema am Ende der Woche ansprechen, wenn er sich mit Hauk trifft. Davor soll es schon auf Amtschef-Ebene einen Austausch geben, wie es nun weitergeht. Hauk sei nun gefordert, Ergebnisse zu liefern.
Kretschmann ließ keinen Zweifel daran, dass er endlich Fortschritte sehen möchte. Er erzählte von seinen Ausflügen in den Nationalpark im Bayerischen Wald, vier-, fünfmal sei er schon dort gewesen. Er habe sich selbst ein Bild davon machen können, wie wichtig solche Schutzzonen gerade auch in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels seien. „Sie sind von eminenter Bedeutung und dienen dabei als Großlabore.“ Man müsse verstehen, was den Wald stresse und welche Maßnahmen man ergreifen müsse.