Dass dies sein neuer Job sein würde, hätte sich Siegfried Lorek (CDU) wohl vor einigen Wochen noch nicht ausmalen können. Der Staatssekretär im Ministerium für Justiz und Migration hat seit dem Wochenende einen neuen Posten inne – die Leitung des „Stabs für Flüchtlinge aus der Ukraine“, wie das Sondergremium genannt wird. Der Stab soll von jetzt an werktags um 9 Uhr tagen und die drängendsten Fragen klären. Beteiligt sind neben dem Städte- und Gemeindetag auch der Landkreistag sowie Vertreter der vier Regierungspräsidien. Der Krisenstab soll vor allem die Unterbringung der erwarteten Flüchtlinge aus dem Osten koordinieren. Doch vieles ist noch unklar.

Wie viele Ukrainer tatsächlich nach Deutschland und schließlich nach Baden-Württemberg kommen werden, ist derzeit nicht einmal annähernd zu schätzen. „Da gibt es keine verlässlichen Prognosen, das hängt von den Kampfhandlungen in der Ukraine ab“, sagt Lorek. Selbst die Frage, wie viele Ukrainer sich derzeit visafrei in Baden-Württemberg aufhalten und wegen des Krieges nicht zurückkehren können, lässt sich nicht beantworten. Denn wer für bis zu 90 Tage aus der Ukraine einreist, braucht kein Visum. Wer kein Visum hat, wird auch nicht registriert.
Unklare Prognosen
Tatsächlich variieren schon die Zahlen derer, die aus der Ukraine flüchten, je nach Quelle erheblich. Lorek geht davon aus, dass viele Ukrainer in Polen Schutz suchen werden, weil es dort mit 1,5 Millionen Menschen eine große ukrainische Gemeinschaft gibt. Auch in Italien und Spanien gibt es größere ukrainische Gemeinschaften. Klar ist, dass Baden-Württemberg 13 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen muss, die nach Deutschland kommen – nach dem Königsteiner Schlüssel. Was das für Südbaden bedeutet, kann der 44-Jährige aber noch nicht sagen.
An diesem Donnerstag wollen die Innenminister der EU die sogenannte Massenzustromsrichtlinie in Kraft setzen, wodurch Flüchtlinge ohne Asylantrag temporären Schutz in den EU-Mitgliedstaaten bekommen können. Damit könnte es sehr schnell gehen, bis Flüchtlinge in Südbaden ankommen.
Für die Kommunen in der Region bedeutet das, dass die Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA) theoretisch nicht die erste Anlaufadresse sein müssen, die Flüchtlinge auch direkt verteilt werden können. Lorek betonte aber, dass man zunächst die freien Kapazitäten in den LEA ausnutzen wolle. Loreks neuer Job ist es, nach Möglichkeiten zur Ausweitung der Kapazitäten zu suchen. „Wir schauen, wo wir zusätzliche Plätze bereitstellen können, aber vieles wird auf Stadt- und Landkreisebene stattfinden müssen“, macht er klar.
Das Justizministerium will deshalb auch eine Anlaufstelle einrichten, wohin sich Bürger wenden können, die privat Unterkünfte für Ukrainer anbieten – um sie an die entsprechenden Kommunen weiterzugeben. So sollen Formulare bereitgestellt werden, die Hilfsbereite ausfüllen können, so dass strukturiert private Unterkünfte registriert werden können.
Coronaauflagen bremsen
Bis zu 4600 Flüchtlinge könnten bislang in den LEA Platz finden, wegen der Coronaauflagen aber derzeit nur 1250. Genau das ist
Das Land will vorbereitet sein – doch vieles hängt von den Entscheidungen auf Bundes- und EU-Ebene ab. Bis dahin kann der Krisenstab nur bedingt koordinieren.