„Wir müssen uns darauf einstellen, dass Putins Krieg Fluchtbewegungen auslöst und Menschen vor diesem Krieg auch zu uns nach Baden-Württemberg flüchten“, sagt Justizministerin Marion Gentges schon an Tag Eins des Ukrainekriegs. Maßnahmen werden sofort eingeleitet, sagt die CDU-Politikerin.
In den Landeserstaufnahmeeinrichtungen, die seit der Flüchtlingskrise 2015 eingerichtet wurden, können insgesamt 6440 Menschen unterkommen. Derzeit seien 2600 Plätze belegt. „Selbst unter Pandemiebedingungen bestünden dort somit aktuell weitere Kapazitäten für mindestens 1250 Personen“, erklärt das Ministeriums. Zusätzliche Aufnahmemöglichkeiten werden geprüft.
Vorbereitungen in den Landkreisen laufen
Auch in den Landkreisen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Im Bodenseekreis verzeichne man bereits seit dem vergangenen Herbst eine Zunahme von Flüchtlingen und eine stärkere Auslastung der Gemeinschaftsunterkünfte, so Sprecher Robert Schwarz. Derzeit könnten nur 110 zusätzliche Flüchtlinge in den Unterkünften aufgenommen werden.
Aktuell werden demnach Gemeinschafts- und Büroräume in den Gemeinschaftsunterkünften in zusätzliche Wohnräume umgewandelt. Zudem suche das Landratsamt nach Immobilien, die kurzfristig für die Unterbringung von Flüchtlingen angemietet werden könnten.
Bodenseekreis schon vorbereitet
Auch die Einrichtung von Notunterkünften in Sport- oder Mehrzweckhallen bereitet der Landkreis bereits vor: „Bei Bedarf könnten diese innerhalb weniger Wochen eingerichtet werden“, so Schwarz. Entsprechendes Material wie Notbetten und ähnliches gebe es allerdings noch nicht. „Im Extremfall wäre die Unterbringung und Versorgung einer größerer Anzahl von Menschen mit dem Einsatz der Hilfsorganisationen möglich“, betont Schwarz.
Im Schwarzwald-Baar-Kreis laufen die Vorbereitungen ebenfalls: „Zu unserer Planung gehört immer auch der Notfall beziehungsweise eine Krisensituation wie sie im Falle des Ukraine-Krieges eintreten könnte“, betont Sprecherin Heike Frank.
Derzeit sind ihren Angaben zufolge 246 der 389 verfügbaren Plätze in den Gemeinschaftsunterkünften belegt. Überlegungen, wo und wie schnell man Unterbringungskapazitäten aufbauen kann, gebe es aber bereits. Landrat Sven Hinterseh sagt dem SÜDKURIER: „Aufgrund der aktuellen politischen Lage in der Ukraine werden wir unsere Suche nach weiteren Unterkünften intensivieren.“
Aus dem Landkreis Waldshut konnten am Freitag keine genauen Verfügbarkeiten in den Gemeinschaftsunterkünften genannt werden. Landrat Martin Kistler sagt dem SÜDKURIER aber: „Es steht außer Frage, dass wir mit den Menschen in der Ukraine und jenen, die flüchten, solidarisch sind.“
Landkreis Konstanz sucht zusätzliche Unterkünfte
Im Landkreis Konstanz heißt es, man prüfe „die kurzfristigen Möglichkeiten zur weiteren Aufnahme von Flüchtlingen“. Aktuell seien etwa 100 freie Plätze in den Gemeinschaftsunterkünften verfügbar, planmäßig würden aber bis März wegen der bisher bereits gestiegenen Flüchtlingszahlen weitere 200 Plätze geschaffen.
Landrat Zeno Danner sagte dem SÜDKURIER: Der Landkreis sei „natürlich bereit, Flüchtlinge aus der Ukraine bei uns aufzunehmen.“ Dazu erwarte Danner „eine enge und rasche Abstimmung zwischen dem Bund, den Ländern und Landkreisen in den kommenden Tagen, um eine Aufnahme zu koordinieren“.
Im Kreis Sigmaringen hält man sich mit konkreten Planungen dagegen noch zurück: „Selbstverständlich werden wir als Landkreis alles daran setzen, Menschen, die vor dem Krieg fliehen, Schutz zu bieten“, erklärte Sprecher Tobias Kolbeck. Da die Lage derzeit noch nicht einschätzbar sei und „wie viele Menschen wann zu uns kommen werden“, warte man noch ab.
Städtetag warnt vor Konflikten
Der baden-württembergische Städtetag teilte mit, dass die Kommunen im Land bereits vorbereiteten, Menschen aus der Ukraine Schutz zu bieten. Gudrun Heute-Bluhm, geschäftsführendes Vorstandsmitglied, geht davon aus, dass zusätzlich zu den Unterkünften des Landes und der Kreise auch privat Menschen Unterkünfte für Schutzsuchende anbieten: „Es werden ganz andere Reserven mobilisiert als in anderen Situationen“, glaubt sie.
Heute-Bluhm warnt aber auch vor Konflikten mit russischen Aussiedler-Gemeinden: „Wir müssen damit rechnen, dass der Konflikt im Kleinen auch in unseren Städten ankommt“, warnte sie. Teile der Aussiedler-Gemeinschaften unterstützten Putins Vorgehen, „auch, weil ihre Informationsquelle der staatliche russische Auslandssender Russia Today ist.“ Es werde auch Aufgabe der Kommunen sein, „diesen Menschen eine Chance zu geben, solidarisch zu sein gegen diesen Krieg“.
Auch der Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg hält sich bereit: „Die Aufnahme von Menschen, die aus der Ukraine flüchten, ist eine politische Entscheidung, die wir abwarten müssen“, so Sprecher Thomas Maier gegenüber dem SÜDKURIER. Am Wochenende werden aber bereits 170 Kinder aus einem Heim in der Ukraine erwartet, die von der evangelischen Stadtmission betreut wurden. Die Stadt habe bereits alle Vorbereitungen getroffen, hieß es, um die Flüchtlinge vorläufig unterzubringen.