Da fährt der frisch gewählte Bürgermeister der Stadt Tengen, Selcuk Gök, von dem Besuch eines Volksfestes Richtung Heimat. An einer Unterführung verliert er die Kontrolle über sein Auto und fährt eine Böschung hinauf. Das Auto wird erheblich beschädigt. Die Polizei riecht Alkohol und misst den Atemalkohol. Der zeigt einen stattlichen Wert von umgerechnet 1,8 Promille (absolute Fahruntüchtigkeit) und es wird auch eine Blutprobe angeordnet.

Bild 1: Bürgermeister fuhr betrunken Auto: Was darf berichtet werden?
Bild: FOTO WOEHRSTEIN SINGEN

In der Gemeinde spricht sich dies schnell herum. Als der SÜDKURIER das Thema aufgreift und ein Gespräch mit dem Bürgermeister führt, sieht der dies als private Angelegenheit an und sagt nicht viel. In der Stadt wird Kritik laut, dass die Medien das Thema aufgreifen. Doch dies völlig zu Unrecht, denn über eine solche Alkoholfahrt, die eine Straftat (§ 315c oder § 316 StGB) darstellt, dürfen die Medien sehr wohl, hier sogar mit voller Namensnennung, berichten.

Öffentlichkeit hat Interesse, das zu erfahren

Dies ist sozusagen der klassische Fall der zulässigen Verdachtsberichterstattung: Es gibt den begründeten Verdacht einer Straftat einer in der Öffentlichkeit stehenden Persönlichkeit, der durch bestimmte Umstände auch belegt ist. Der Bürgermeister ist eine solche Persönlichkeit, er hat einen Vorbildcharakter, und wenn er in dem Verdacht steht, eine erhebliche Straftat begangen zu haben, dann hat die Öffentlichkeit ein Interesse daran, dies zu erfahren.

Selcuk Gök.
Selcuk Gök. | Bild: Matthias Güntert

Wer mit einem solchen Alkoholgehalt noch Auto fährt, zeigt, dass er bereit ist, ein hohes Risiko für sich und andere einzugehen und verantwortungslos handelt. Die Medien müssen dem Betroffenen nur die Gelegenheit zur Stellungnahme geben, um seine Sicht der Dinge aufzuzeigen. Dies muss in die Berichterstattung einfließen und es muss klar werden, dass es ein Verdacht ist und noch keine feststehende Tatsache.

Eine solche Berichterstattung ist sogar geeignet, vielen – auch falschen – Gerüchten, den Boden zu entziehen und für Klarheit zu sorgen. Damit muss auch ein Politiker oder sonst Prominenter jederzeit rechnen. Und zu hoffen, dass eine solche Straftat nicht bekannt wird, ist leichtfertig.

Aber es geht in solchen Fällen noch weiter: Die Medien haben gegenüber den Behörden einen Anspruch darauf, zu erfahren, wie es weitergegangen ist. Die Behörden müssen ihnen mitteilen, wie ein Strafverfahren ausgegangen ist, welche Strafe verhängt, bei einer Alkoholfahrt auch die Tatsache, für wie lange der Führerschein entzogen wurde.