
„Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist.“ Diese Bauernregel besagt, dass bis zum Tag der Heiligen Sophie am 15. Mai Nachtfrost auftreten kann. Das ist der letzte Tag der Eisheiligen und einige Gärtner setzen erst danach empfindliche Pflanzen in die Erde. Die Eisheiligen sind Namenstage von christlichen Heiligen vom 11. bis zum 15. Mai, der Reihe nach: Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonitfatius – und eben Sophia/Sophie.
Wie oft stimmt die Bauernregel in unserer Region? Ein Blick in die Daten des Deutschen Wetterdiensts (DWD) zeigt, wie oft die Regel in der Vergangenheit wahr wurde:
Frost im Schwarzwald
In Villingen-Schwenningen misst der DWD seit 1951 die Temperaturen in fünf Zentimetern über dem Erdboden.
Also in etwas mehr als einem Drittel der Jahre. Frost bedeutet, dass die Temperatur auf unter 0 Grad fiel.
In den Frostjahren lag die Temperatur teilweise deutlich unter 0 Grad:
Wer pflanzen wollte, tat in den Jahren gut daran, das nicht während den Eisheiligen zu machen. Der Haken daran: Auch nach den Eisheiligen war die Stadt nicht immer sicher vor Frost. Seit 1947 wurde in vier Jahren am 31. Mai die Null-Grad-Marke unterschritten. 1953 gab es am 30. Juli noch Bodenfrost. Vor Nachtfrost waren die Gärtner in Villingen-Schwenningen also auch nach dem Tag der Heiligen Sophie nicht sicher.
Deutlich wärmer am Bodensee
In Konstanz ist es tendenziell wärmer als im Schwarzwald. Dort misst eine Wetterstation seit Ende 1972 die Temperaturen.
Das war im Jahr 1995. Der späteste Bodenfrost im ersten Halbjahr kam am 24. Mai 2004. Das war auch das einzige Jahr, in dem es nach den Eisheiligen Frost gab. Es gab also in zwei Prozent aller Jahre Frost während und in weiteren zwei Prozent Frost nach den Eisheiligen.
Die Pflanzen, die nach oder während den Eisheiligen in den Boden gesetzt werden, waren also in über 95 Prozent der Jahre sicher vor Bodenfrost.
Meteorologisches Phänomen im Mai
Die Eisheiligen sind aber nicht nur eine Bauernregel. „Das ist eine Wetter-Singularität. Das sind Perioden, die deutlich vom Mittelwert für diese Zeit abweichen“, erklärt Andreas Walter vom Deutschen Wetterdienst. „Die halten sich aber nicht an den Kalender, da kann es Schwankungen von zwei bis drei Wochen drumherum geben.“
Die Wetter-Singularität der Eisheiligen ist also nicht immer gleichzeitig mit den Namenstagen der christlichen Heiligen. Deshalb gibt es im Durchschnitt der Tagestemperaturen seit 1973 in Konstanz keinen großen Einbruch.
Im Durchschnitt ist die Tagestemperatur am 11. Mai 0,3 Grad geringer als am Tag vorher. Nach den Eisheiligen geht die Temperatur im Schnitt 0,4 Grad nach oben. Solche Sprünge sind aber nicht ungewöhnlich. Am 27. Mai war es im Schnitt sogar 0,7 Grad kälter als am Vortag.
Das Phänomen der Eisheiligen wird sichtbarer, wenn man einzelne Jahre betrachtet, etwa wie die vergangenen vier Jahre:
Dreimal gab es Mitte Mai einen Temperaturabfall. Im Jahr 2022 dagegen waren die Temperaturen Mitte Mai ungewöhnlich hoch. Sie fielen dann aber gegen Ende Mai unter den Durchschnitt.
„Der Mai ist ein Übergangsmonat. Manchmal bekommen wir relativ kalte Luft aus dem Norden und manchmal relativ warme aus dem Süden. Bei Luft aus dem Norden ist die Gefahr hoch, dass es zu Frost kommt“, erklärt Walter das Phänomen des Temperaturabfalls im Mai.
Kein Temperatursturz in den nächsten Tagen
Die Namenstage der Heiligen kommen auch dieses Jahr mit Sicherheit wieder, aber bringen sie auch das Wetterphänomen der Eisheiligen mit? Freitag und Samstag soll es laut Walter in der Region mild und eher sonnig bleiben. „Dann zieht das Hoch nach Skandinavien ab und aus dem Süden kommt kalte Luft“, sagt Walter. Am Montag könne es auch zu Starkregen kommen, aber die Temperaturen sollen mild bleiben.
Da die Eisheiligen nicht immer am gleichen Datum sind, kommt vielleicht diesen Mai kein Frost mehr: „Anfang Mai hatten wir dieses Jahr eine relativ kalte Phase, das könnten die Eisheiligen schon gewesen sein“, so Walter.