Nach dem schweren Erdbeben in Myanmar liegen große Teile des Landes in Trümmern. Weite Teile der Infrastruktur sind beschädigt, Brücken, Straßen, Tempel, Wohnhäuser eingestürzt.
Mindestens 1700 Menschen haben laut Berichten ihr Leben unter den Trümmern verloren, rund 4000 sollen verletzt sein. Diese Zahl dürfte weiter steigen, die Suche nach Vermissten ist noch immer nicht abgeschlossen. Das Land benötigt Hilfe – diese kommt jetzt von der Reichenau.
35.000 Euro Spenden seit Freitag
Das Ärztepaar Marlies und Fritz Fröhle verfolgen die Nachrichtenlage von der Reichenau aus. Das Ehepaar ist seit 2019 Vorstand des 2004 gegründeten Vereins Aktion Myanmar. Einige Male waren sie bereits selbst in Myanmar, zuletzt in den Jahren 2018 bis 2020 mehrere Monate als Mediziner. Dort finanzierten sie die Behandlung von unter anderem schwer herzkranke Kinder. Seit dem Militärputsch im Februar 2021 konnten sie nicht mehr in das Land reisen.
Als die Nachrichten über das Erdbeben über sie hereinbrachen, überlegte sich Fritz Fröhle erneut, selbst vor Ort mitzuhelfen – entschied sich aber dagegen. Vom Sofa aus kann er mehr bewirken, als wenn er Geld und Zeit in Flugtickets investiert, sagt Fritz Fröhle.

Mit ihrem Verein konnten sie in den vergangenen Jahren 60.000 bis 80.000 Euro pro Jahr für medizinische Projekte in Myanmar sammeln.
Nach den Nachrichten über das Erdbeben haben sie einen erneuten Spendenaufruf gestartet. Seit Freitagabend sind rund 35.000 Euro Spenden bei dem Ärztepaar eingegangen. Das dürften noch mehr werden, ist sich Fritz Fröhle sicher.
Verheerende Lage vor Ort
In Myanmar sei die Lage schlimm, sagt Fröhle. Dort habe es derzeit 45 Grad am Tag, nachts sind es 27 Grad. Klimaanlagen gibt es nicht und unter den Trümmern verwesen die Leichen.

Die Spendengelder fließen deshalb hauptsächlich in die Wasserversorgung. Es braucht Wasser, für die Einheimischen, für die Helfer. Das Infektionsrisiko ist hoch. Aufgrund der kaputten Infrastruktur und des Bürgerkriegs sei es schwierig für die Helfer, überhaupt ins Erdbebengebiet zu kommen, sagen die Fröhles. Auch Journalisten haben laut Medienberichten derzeit einen schlechten Stand bei der Einreise ins Land.
Damit das Spendengeld direkt vor Ort ankommen kann, braucht es einen Kontaktmann. Der Gastronom Oliver Esser lebt seit fast 30 Jahren in Myanmar. Mit den Spendengeldern versorgt die Menschen im Erdbebengebiet mit Mahlzeiten und das Ärztepaar auf der Reichenau mit genauen Informationen.
„Ohne einen Kontaktmann geht es nicht“, sagt das Ehepaar. Oliver Esser haben sie auf ihren Reisen kennengelernt. Weitere Spendengelder fließen in die Versorgung mit medizinischen Hilfsgütern.

Der Bürgerkrieg tobt weiter
Als Touristen war das Ehepaar 2012 das erste Mal in Myanmar. Das „Myanmar-Virus“ infizierte sie und sie verliebten sich in das Land. Die „zurückhaltende Freundlichkeit“ der Menschen habe man genossen. „Jeder, der mal vor Ort war, ist begeistert“, schwärmt Marlies Fröhle.
Später als Ärzte knüpften sie Kontakt zu Personen aus der Regierung. Der Gesundheitsminister Zaw Wai Soe war sogar schon zu Gast bei den Fröhles auf der Reichenau. Die Erdbeben-Katastrophe berührt das Ehepaar. Myanmar sei ein Land, das regelmäßig von Naturkatastrophen heimgesucht wird – erst vor rund zwei Jahren hat ein Zyklon Teile des Landes verwüstet.
Zusätzlich zum Erdbeben hält der Bürgerkrieg weiter an, sagt Marlies Fröhle. Wenige Stunden nach dem Beben seien Kampfjets über das Land hinweggezogen. „Es wird immer noch gekämpft“, sagt Marlies Fröhle, „das ist das Schlimmste, was einem Volk passieren kann.“
Spenden kommen direkt in Myanmar an
Die gesammelten Spenden fließen nahezu zu 100 Prozent nach Myanmar. Das ist den Fröhles wichtig. Die wenigen Verwaltungskosten werden von den Mitgliedern getragen, der Verein ist gemeinnützig. Die größte Einzelspende habe bislang 2000 Euro betragen, „Kleinvieh macht aber auch Mist“, so Fritz Fröhle.
Viele Spendenwillige würden sogar persönlich bei dem Ehepaar klingeln und das Geld abgeben, so groß sei das Vertrauen in den Verein. Gespendet werden kann über den Bezahldienst PayPal oder die Website der Aktion Myanmar.