Als David Markovic am Dienstagabend mit seiner Freundin in Langenargen an der Uferpromenade sitzt, sieht er ein Licht am dunklen Nachthimmel, das immer heller wird. Er zückt sein Handy und beginnt, zu filmen. „Ich dachte zuerst, es ist eine Sternschnuppe oder ein Komet“, sagt Markovic. Dann sieht er, dass das Licht in immer kleinere Teile zersplittert. „Wir waren total fasziniert. Es sah ziemlich schön aus.“
Markovic ist nicht der Einzige, der diese Beobachtung macht: In verschiedenen Städten Baden-Württembergs erhält die Polizei am Dienstagabend Anrufe von Bürgerinnen und Bürgern, die einen Feuerschein am Himmel beobachtet hatten. Entsprechende Anrufe gehen etwa bei den Polizeipräsidien in Ravensburg, Konstanz und Stuttgart ein. Am Morgen ist klar: Ein Satellit ist in der Atmosphäre verglüht.
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Der Satellit über Langenargen:
Himmelsspektakel in Baden-Württemberg war ein Satellit
Der Leiter des Büros für Weltraumschrott der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), Tim Flohrer, sagt auf SÜDKURIER-Nachfrage, dass man von einem Starlink-Satelliten ausgehe, der die Erdatmosphäre gegen 21.30 Uhr über Frankreich, der Schweiz und Norditalien erreichte.
Ob Teile des Satelliten auf der Erde landeten oder ob er vollständig verglühte, kann Flohrer nicht bewerten. Dazu fehlten der ESA Informationen über die Konstruktionsdaten des Satelliten.
120 Tonnen Weltraummüll pro Jahr in der Erdatmosphäre
Dass Satelliten in die Erdatmosphäre eindringen, ist nicht ungewöhnlich, sagt Manuel Metz. Er ist beim Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR) Experte für das Thema Weltraummüll. Jährlich treten laut Metz etwa 100 bis 120 Tonnen Weltraummüll in die Erdatmosphäre ein.
Außergewöhnlich sei hingegen, dass so viele Menschen den Satelliten sehen konnten: „Das wird normalerweise nicht sehr häufig beobachtet“, sagt Metz. Dass es jetzt anders war, hänge damit zusammen, dass der Satellit über einem bewohnten Gebiet und zu einer Uhrzeit am Himmel erschien, zu der noch sehr viele Menschen wach waren.
Satelliten sollen wieder in die Atmosphäre eindringen
Wenn Satelliten abgeschaltet werden, schweben sie als Weltraummüll durch den Orbit. „Das ist ein großes Risiko, denn niemand kann die Objekte steuern“, sagt Metz. Vor allem auf einer Höhe bis 800 Kilometer könnte der Weltraummüll mit anderen Satelliten kollidieren.
Dass der Weltraummüll in die Erdatmosphäre eindringt, sei daher gewünscht. Derzeit müssen Unternehmen wie SpaceX dafür sorgen, dass abgeschaltete Satelliten nach spätestens 25 Jahren aus dem Orbit verschwinden. Es gibt aber Forderungen, diese Frist zu verkürzen. „Die Unternehmen haben auch ein Eigeninteresse: Wenn die Satelliten im Orbit stranden, stellen sie eine Gefahr für andere, noch aktive Satelliten dar“, sagt Manuel Metz.
Spektakel künftig häufiger sichtbar
Da SpaceX und andere Unternehmen zunehmend Satelliten ins Weltall schicken, wird es künftig also wahrscheinlicher, verglühende Satelliten am Himmel zu sehen. Die Unternehmen würden ihre Satelliten dabei so konstruieren, dass möglichst alle Teile verglühen, bevor das Objekt den Erdboden erreicht. „Darauf müssen wir uns verlassen“, sagt Manuel Metz vom DLR. Eine Gefahr für Menschen durch herabfallende Trümmerteile besteht nicht.
Eine Studie aus den USA zeigte jetzt allerdings, dass das Eintreten in die Atmosphäre auch Auswirkungen auf die Ozonschicht haben könnte. Entsprechende Belege fehlen jedoch noch, die Langzeitfolgen möchten die Forscher nun untersuchen.
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Leserreporterin Sveva Hiermaier hat das Ereignis über Villingen-Schwenningen gefilmt:
Der Satellit über dem Bodensee:

Der Satellit über Liggeringen:
Der Satellit über Öhningen auf der Höri:
Auch über Frankreich und in Österreich war der Feuerschein am Himmel zu sehen: Zahlreiche Nutzer posteten in den sozialen Medien wie X, vormals Twitter, Videos von dem Ereignis.