Eigentlich war Politik ihr Leben. Mit 16 Jahren trat Susanne Eisenmann der Jungen Union bei. Sie war Büroleiterin des damaligen CDU-Fraktionschefs und späteren Ministerpräsidenten Günther Oettinger, sie war jahrelang Bildungsbürgermeisterin in Stuttgart und seit 2016 ist sie Kultusministerin von Baden-Württemberg. In der CDU nennen sie sie „Nanni“. Nun wollte sie die erste Ministerpräsidentin des Landes werden - und scheiterte krachend. Eisenmann zieht die Konsequenz und beendet ihre politische Laufbahn.

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Die Grünen gewannen die Landtagswahl am Sonntag mit einem Rekordergebnis von 32,6 Prozent. Die bisher mitregierende Südwest-CDU stürzte in ihrer einstigen Hochburg auf das schlechteste Ergebnis in ihrer Geschichte: 24,1 Prozent. Die Grünen haben nun die Wahl, mit SPD und FDP ein Ampel-Bündnis zu bilden oder in einer grün-schwarzen Koalition weiterzuregieren. Eisenmann wird aber definitiv kein Teil einer solchen Regierung mehr sein, sollten die Grünen erneut mit der CDU in Baden-Württemberg koalieren. Eisenmanns Sprecher bestätigte am Dienstagabend den „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“, dass sie sich zum Ende der Legislaturperiode komplett aus der Politik zurückziehen werde.

Eisenmann hat sich im Landesverband einige Feinde gemacht

Eisenmann hatte bereits am Wahlabend von einem „enttäuschenden und desaströses Wahlergebnis“ gesprochen. Die 56-Jährige hatte betont, dass sie Verantwortung übernehmen werde und keine führende Rolle in der Partei mehr anstreben wolle. Nun folgt der komplette Rückzug aus der Politik. Dabei ruhte bei ihrer Kür zur Spitzenkandidatin noch die ganze Hoffnung der gebeutelten Südwest-CDU auf ihr - Eisenmann sollte die Partei im Südwesten zu alter Stärke führen. Mit ihrer ruppig-resoluten Art hatte sie CDU-Landeschef Thomas Strobl im Wettbewerb um die Spitzenkandidatur 2019 zur Seite gedrängt. Sie hat sich im Landesverband einige Feinde gemacht.

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Eisenmann übernimmt Verantwortung für Ergebnis, sieht sich aber nicht als Alleinschuldige Video: Mirjam Moll

Ihr Auftritt bei der Wahlanalyse am Montag vor der CDU-Fraktion und im Landesvorstand hatten der 56-Jährigen allerdings durchweg Respekt eingebracht. Eisenmann hatte sich der Verantwortung für das desaströse Wahlergebnis klar und souverän gestellt, keine Ausflüchte gesucht und keine Mitschuldigen in die Verantwortung gezogen. Dennoch kommen der klare Schnitt und die Ankündigung einer vollständigen beruflichen Neuorientierung zu diesem Zeitpunkt überraschend. Eisenmann entzieht sich damit den Spekulationen über ihren Verbleib und zieht selbst einen Schlussstrich unter ihre lange und durchaus erfolgreiche politische Karriere. Und das in einer Art und Weise, wie es ihrer Persönlichkeit entspricht: selbstbestimmt und in Eigenregie.

Selbst die CDU-Landesgeschäftsstelle wurde überrascht

Selbst die Landesgeschäftsstelle der CDU wurde am Nachmittag von diesem Schritt überrascht. Kommunikation hatte dazu hatte vorab nicht stattgefunden. „Wir respektieren und anerkennen die Entscheidung von Susanne Eisenmann. Sie übernimmt Verantwortung, das zeigt Größe. Wir danken Susanne Eisenmann für ihren langjährigen und großen Einsatz für unser Land und unsere CDU Baden-Württemberg“, sagte CDU-Generalsekretär Manuel Hagel am Abend noch in einer ersten Reaktion.

Nun ruhen die Hoffnungen des Landesverbands auf Strobl - er soll die Südwest-CDU in eine Neuauflage eines grün-schwarzen Bündnisses führen. Strobl kann gut mit Kretschmann. Die Christdemokraten fürchten, in die Opposition gedrängt zu werden. Man müsse vom konfrontativen zum kooperativen Stil mit den Grünen zurückfinden, sagt Strobl. Für den stehe er.

Mit dem Griff nach der Macht hat sich Eisenmann ins Abseits manövriert

Denn zuletzt gab es viel Reibereien zwischen Grünen und CDU. Eisenmann hatte im Wahlkampf vergeblich versucht, sich als Gegenentwurf zum beliebten Amtsinhaber Winfried Kretschmann (Grüne) zu inszenieren. Sie hatte den grünen Koalitionspartner immer wieder wegen des Managements in der Corona-Krise angegriffen. Sie betonte auch immer wieder, dass sie eine Frau sei und eine ganze Ecke jünger als der grüne Amtsinhaber mit seinen 72 Jahren, weniger philosophisch-abwägend als zupackend und entscheidungsfreudig. Sie sei eher Stürmerin als Verteidigerin, beschreibt sie als leidenschaftlicher VfB-Fan sich selbst. Mit dem Griff nach der Macht hat sich die Stürmerin ins Abseits manövriert.

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Eisenmann hat es nicht geschafft, sich aus dem Schatten des übermächtigen und beliebten Regierungschefs freizustrampeln. Und sie leistete sich politische Fehler - etwa, als sie in der Corona-Pandemie recht früh auf eine Schulöffnung „unabhängig von Inzidenzen“ pochte. Und dann krachte auch noch die Maskenaffäre um Bundestagsabgeordnete der Union in ihren Wahlkampf-Endspurt. Eisenmann hielt ihren Kurs bis zum Wahlabend, aber ihre Strategie zahlte sich nicht aus. Sie scheiterte auch in ihrem Wahlkreis gegen den grünen Verkehrsminister Winfried Hermann. Mit einem Direktmandat hätte sie noch als Abgeordnete in den Landtag einziehen können.

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Ihr Amt als Kultusministerin will Eisenmann noch regulär zu Ende führen

Eisenmann ist verheiratet mit Christoph Dahl, dem ehemaligen Sprecher Oettingers. Er brachte fünf Kinder in die Ehe. Ihr Amt als Kultusministerin will sie der „Stuttgarter Zeitung“ zufolge noch regulär bis zur Vereidigung einer neuen Regierung zu Ende führen. Dies sei nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie notwendig. Wie es dann weitergeht für die promovierte Germanistin, ist noch völlig offen, heißt es. Parteimitglied wolle sie jedenfalls bleiben, sagte ihr Sprecher der dpa.