An den Schulen in Baden-Württemberg soll wieder etwas mehr Verlässlichkeit einkehren: Nach zwei von Fernunterricht geprägten Schuljahre wird Präsenzunterricht wieder zum Standard – vorerst zumindest. Dennoch sind dabei einige Corona-Regeln zu beachten – welche gelten in welchem Bereich? Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu auf einen Blick - bereits eingearbeitet sind dabei die neuen Landesbeschlüsse nach den Beratungen im Bund vom 8. September.

Muss jetzt jedes Kind wieder in die Schule oder darf man Kinder bei gesundheitlichen Bedenken noch im Fernunterricht belassen?

Nein, letzteres ist nicht mehr ohne weiteres möglich. Die Präsenzpflicht besteht wieder nahezu ausnahmslos. Nur ein ärztliches Attest, das dem Kind oder im gleichen Haushalt lebenden Personen das Risiko eines besonders schweren Covid-Verlaufs bescheinigt, kann von dieser Anwesenheitspflicht entbinden.

Wie geht es mit den Tests weiter?

Weiterhin gilt an allen Schularten eine Testpflicht, zwei mal pro Woche müssen sich die Schüler auf Corona testen. Die Selbsttests werden weiterhin von den Schulen zur Verfügung gestellt. Diese Pflicht gilt unabhängig von der Inzidenz. Nicht testen müssen sich geimpfte und genesene Menschen. Umso strenger ist dafür die Regel nach einer Anpassung vom 8. September für Lehrer und alle anderen Mitarbeiter in Schulen: Sie müssen sich tagtäglich testen, falls sie nicht geimpft oder genesen sind.

Weiterhin Pflicht: Ein Schüler testet sich selbst auf Corona.
Weiterhin Pflicht: Ein Schüler testet sich selbst auf Corona. | Bild: Sebastian Gollnow

Gelten Schüler durch diese Tests immer automatisch als getestet und können damit zum Beispiel in die Innengastronomie?

Ja. Und dafür müssen die Schüler nicht einmal Testergebnisse vorweisen, sondern nur ihren Schülerausweis. Durch die Testpflicht gilt er automatisch als Testnachweis – und das auch in den Ferien, als „pragmatische Lösung“, wie das Kultusministerium auf seiner Internetseite schreibt. Selbst ein Schülerabo des Nahverkehrs oder bei jüngeren Kindern der schlichte Altersnachweis soll nach Ministeriumsangaben ausreichen.

Können Eltern weiterhin ihren Kindern negative Tests bescheinigen?

Nur in einigen Fällen: Wenn eine Grundschule oder ein sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum entscheidet, dass die Tests grundsätzlich daheim von den Eltern vorgenommen werden, ist das weiterhin erlaubt. Auf eigene Faust kann man sich jedoch nicht für diese Möglichkeit entscheiden, an weiterführenden Schulen ist sie sogar grundsätzlich ausgeschlossen.

Müssen Lehrer und ältere Schüler ihre Tests bald selbst bezahlen, da sie sich ja auch impfen lassen könnten?

Anders als bei den Bürgertests ist das zumindest vorerst nicht geplant. Bis zu den Herbstferien – also 29. Oktober – sei die für Schüler und Lehrer kostenlose Teststrategie bereits verlängert worden, erklärt das Kultusministerium des Landes auf SÜDKURIER-Anfrage. 73 Millionen kostet das für die sieben Schulwochen nach den Sommerferien. „Der Entscheidung der Landesregierung, wie es nach den Herbstferien weiter gehen soll, können wir nicht vorgreifen“, erklärt ein Sprecher des Kultusministeriums.

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Was gilt bei der Maskenpflicht?

Sie gilt nach der aktuellen Corona-Verordnung unabhängig von der Inzidenz für Lehrer und Schüler immer, also nicht nur wie vor einigen Wochen angekündigt in den ersten zwei Wochen nach den Ferien. Ausnahmen gibt es nur im Sportunterricht, beim Singen, auf Schulhöfen, wenn der Abstand gewahrt werden kann, und für das Essen und Trinken.

Was passiert bei einem Corona-Fall in einer Klasse?

Kurz gesagt: Erst einmal nicht mehr so viel. Auch nicht, nachdem auf Bundesebene strengere Regeln beschlossen worden sind. Es bleibt in Baden-Württemberg dabei: Der Betroffene muss natürlich in Quarantäne, 14 Tage lang, aber selbst sein direkter Sitznachbar nicht mehr.

Für die Schüler der betroffenen Klasse ist fünf Schultage lang jeden Tag ein Schnelltest Pflicht. Geimpfte und Genesene sind in allen Fällen ausgenommen. Ursprünglich war vorgesehen, dass in Grundschulen ein einziger Test am Folgetag reicht, um die Quarantäne zu vermeiden. Das ist nicht mehr der Fall, auch hier gilt die Fünf-Tage-fünf-Tests-Regel.

Zudem gibt es bei allen Schularten dann fünf Tage lang keine gemeinsamen Unterrichtsstunden der betroffenen Klasse mehr mit anderen Klassen, also etwa Sportunterricht. Ohnehin ist für die betroffene Klasse dann nur noch Sport im Außenbereich erlaubt, im Musikunterricht darf nicht mehr gesungen oder blasmusiziert werden.

Wenn nun allerdings 20 Prozent der Klasse  innerhalb von zehn Tagen eine Infektion aufweisen, kann das Gesundheitsamt doch die ganze Klasse in Quarantäne schicken, informiert das Landessozialministerium.

Und wann droht wieder Fernunterricht?

Rein formal gar nicht mehr, es gibt keinen Inzidenz- oder sonstigen Wert mehr in der Corona-Verordnung, der automatisch Fernunterricht auslösen würde. Komplett ausgeschlossen ist es aber nicht. Es sei Ziel des Kultusministeriums „so viel Präsenzunterricht wie möglich“ anzubieten, erklärt ein Ministeriumssprecher. Welche Warnwerte diesen nun aber doch wieder einschränken könnten, ist offen. „Darüber beraten aktuell die Gesundheitsminister der Länder“, sagt der Sprecher.

Auch Kinder ab 12 Jahren können sich mittlerweile impfen lassen – rund jeder vierte Heranwachsende hat das Angebot bisher angenommen.
Auch Kinder ab 12 Jahren können sich mittlerweile impfen lassen – rund jeder vierte Heranwachsende hat das Angebot bisher angenommen. | Bild: Fabian Sommer/dpa

Wie viele Jugendliche sind bereits geimpft?

Von den Zwölf- bis 17-Jährigen in Baden-Württemberg sind nach RKI-Angaben vom 8. September 31,6 Prozent einmal geimpft, 25 Prozent zweimal. Für jüngere Kinder ist die Impfung noch nicht freigegeben.

Welche Inzidenz herrscht derzeit in den Altersgruppen der Schüler?

Das Landesgesundheitsamt nennt auf SÜDKURIER-Anfrage hohe Werte, vor allem bei älteren Jahrgängen. In der drittletzten Ferienwoche betrug die Sieben-Tages-Inzidenz in Baden-Württemberg bei Sechs- bis Neunjährigen 84,2. Bei den Zehn- bis 19-Jährigen lag die Inzidenz sogar bei 144,4, höher als in jeder anderen Altersgruppe. In diese Statistik fließen aber alle Menschen in diesem Alter ein, nicht nur Schüler. Beide Werte liegen über der Inzidenz in der Gesamtbevölkerung im Südwesten.  Die Infektionszahlen in den Altersgruppen der Schüler lagen in jener Woche zudem rund fünfmal so hoch wie in der letzten Schulwoche vor den Ferien.

Wie sich das Ausbruchsgeschehen an den Schulen entwickelt, wird das Kultusministerium nach eigenen Angaben auch nach den Ferien erfassen, die entsprechenden Berichte sind hier einzusehen.

Und wie viele Lehrer sind geimpft?

Unklar. Das Kultusministerium hat nach eigenen Angaben keine Daten dazu, da der Beruf bei der Impfung nicht erfasst wird. Ein Sprecher des Ministeriums beruft sich jedoch auf Angaben von Lehrerverbänden, wonach die Impfquote höher als in der Gesamtbevölkerung sei. In Baden-Württemberg sind bei den 18- bis 59-Jährigen rund 65 Prozent der Menschen vollständig geimpft.

Gezielt abfragen dürfen Schulen den Impfstatus der Lehrer nicht. Uwe Lahl, Amtsdirektor im Sozialministerium, kann sich hier jedoch eine Gesetzesänderung vorstellen. Dem SÜDKURIER sagte er: „Ich kann mir eine Auskunftspflicht auch in Schulen und Kitas vorstellen, beispielsweise für Lehrer und Erzieher, nicht-geimpftes Personal stellt eine hohe Gefahr für unsere Kinder dar.“ Die Grundlagen dafür müsste jedoch der Bund schaffen.