Es gab kurz empörtes Geschrei bei der Sitzung des Landesvorstands am Montagvormittag in der Stuttgarter CDU-Landesgeschäftsstelle. Auslöser war allerdings nicht die Zukunft von Thomas Strobl an der Spitze der Landespartei, sondern der erst wenige Wochen alte Sohn von Isabell Huber. Die CDU-Generalsekretärin und Neckarsulmer Landtagsabgeordnete hatte ihren Nachwuchs kurzerhand mitgenommen in die mit Spannung erwartete Sitzung. Der Protest war schnell beigelegt.
Abgesehen davon sei alles friedlich und harmonisch abgelaufen, sagten mehrere Mitglieder des Landesvorstands im Anschluss an die Sitzung. Diese läutete nichts weniger als einen Zeiten- und Generationenwechsel für die Südwest-CDU ein. Schon seit dem Morgen war gemeldet worden, dass Strobl seinen Rückzug vom Landesvorsitz beziehungsweise seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur bekanntgeben werde, und noch während der Sitzung sickerten die Bestätigungen aus der Parteizentrale.
Seite an Seite mit dem designierten Nachfolger
Als der Noch-Landesvorsitzende Thomas Strobl und sein designierter Nachfolger Manuel Hagel dann im Anschluss an der Seite von Generalsekretärin Huber zu kurzen Statements vor die Presse traten – Fragen waren nicht erwünscht –, trugen sie ernste Mienen zur Schau, Anspannung war trotz wohlgesetzter Worte durchaus spürbar.
„Seit 18 Jahren stehe ich an der Spitze der Südwest-CDU, seit 2011 als Landesvorsitzender, zuvor seit 2005 als Generalsekretär. Ich habe dem Landesvorstand heute mitgeteilt, dass ich mich beim Parteitag im November nicht erneut um das Amt des Landesvorsitzenden bewerben werde“, sagte der 63-jährige Strobl. Worte, von denen noch wenige Stunden vorher wohl niemand aus dem Landesvorstand ganz sicher war, ob sie tatsächlich fallen würden.

Von Druck auf ihn könne nicht die Rede sein, sagte der CDU-Politiker. „Ich trete nicht zurück, sondern werde nicht erneut kandidieren. Ich trete beiseite und arbeite in der Mannschaft weiter. Das ist eine souveräne Entscheidung und nicht unter wahnsinnigem Druck geschehen, wie von Ihnen mehrfach schon berichtet wurde“, stellte er klar. Seine Ämter als Innenminister und Vize-Regierungschef werde er weiter wahrnehmen.
Ein Punkt, der Strobl sehr wichtig gewesen sei, wie ein Präsidiumsmitglied dem SÜDKURIER sagte: Strobl habe auf keinen Fall wie ein – am Ende aus dem Amt – Getriebener dastehen wollen.
Hagel kam an diesem Montag nur die Rolle zu, Strobl Respekt zu zollen. „Die Partei und auch ich persönlich haben ihm sehr viel zu verdanken“, sagte der 35-Jährige. Dass Strobl selbst Hagel als seinen Nachfolger im Landesvorsitz vorgeschlagen habe, machte Generalsekretärin Huber öffentlich – und auch sie verwies darauf, dass es Strobl gewesen sei, der in den vergangenen Jahren junge Köpfe und auch Frauen gefördert und die Partei neu ausgerichtet habe. Am Mittwoch will sich Hagel den Kreisvorsitzenden und dem Landesvorstand erklären.
Tatsächlich hatte es am Vorabend in Heilbronn erneut ein Gespräch von drei der vier CDU-Bezirksvorsitzenden mit Strobl zur künftigen personellen Ausrichtung der Partei gegeben, wie schon mehrere dieser Art in den Wochen zuvor. Einzig der Südbadener Andreas Schwab hatte sich dabei aus familiären Gründen entschuldigen lassen.
Strobl soll die Entscheidung allein getroffen haben
Grund der wiederholten Zusammenkünfte: Die Bezirkschefs wollten Strobl auf die Stimmung an der Parteibasis hinweisen und gemeinsam mit ihm ausloten, was der beste Schritt für die Zukunft der Partei sei. Nicht alles, sagt ein Teilnehmer, habe dabei gegen Strobl gesprochen, und die Entscheidung habe einzig bei ihm gelegen, aber auch am Sonntagabend habe keiner der Beteiligten danach gewusst, was Strobl vorhabe.
Am 18. November kommt die Südwest-CDU zum Landesparteitag zusammen, dabei steht turnusmäßig auch die Wahl eines neuen oder einer neuen Landesvorsitzenden an. Die Wahl und der Landesvorsitz gelten als vorentscheidend für eine Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2026. Und die, so lauteten übereinstimmend viele Signale aus der Partei in den vergangenen Wochen und Monaten, werde jedenfalls nicht an Thomas Strobl gehen.

Dieser hatte aber bislang wenig Bereitschaft gezeigt, zur Seite zu treten. Nicht wenige hatte ihm zugetraut, sich erneut zur Wahl stellen zu wollen. Trotzdem er 2021 nur noch mit gut 65 Prozent im Amt bestätigt worden war, und das ohne Gegenkandidaten. Eine Schlappe, die an Strobl abzuperlen schien wie schon so manche zuvor.
Er hatte den Landesvorsitz 2011 nach dem Machtverlust in schwierigen Zeiten übernommen. Zweimal – 2016 und 2021 – hatte ihm die Partei dennoch die Spitzenkandidatur verwehrt – und zweimal verhandelte Strobl die CDU nach bitteren Wahlschlappen doch noch in die Regierung und sich in ein führendes Amt. Strobl blieb, während die gescheiterten CDU-Spitzenkandidaten Guido Wolf und Susanne Eisenmann verschwanden.
Nun macht er erneut den Weg frei für einen anderen. „Liebevoll und vertrauensvoll“ seine manche Gespräche mit Hagel gewesen, es habe aber auch andere gegeben. Am Ende aber stellt sich Strobl erneut in den Dienst der Partei – und macht den Weg frei. „Diesen Übergang machen wir in einer freundschaftlichen und harmonischen Art und Weise, das ist doch schon ein schöner Wert an sich“, sagt er. Ein friedliches Lächeln kommt ihm dabei aber nicht ins Gesicht.