Rissiger Boden, staubige Felder, höchste Waldbrandgefahr in vielen Wäldern im Südwesten, alarmierend niedrige Pegelstände – die anhaltende Trockenheit macht der Natur in Baden-Württemberg schwer zu schaffen. In einigen Landkreisen wie dem Bodenseekreis, dem Kreis Ravensburg oder in der Ortenau gilt bereits ein Wasserentnahmeverbot für Oberflächenwasser in Bächen, Seen und Flüssen. Und auch der Bodenseewasserspiegel sinkt.

Eine „stark ausgeprägte Niedrigwassersituation im Land“ meldete gestern die Hochwasservorhersagezentrale an der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) in ihrem Lagebericht. Zwei Drittel der gemessenen Gewässerpegel in Baden-Württemberg lagen Stand Freitag, 15. Juli, unterhalb des niedrigsten Wasserstandes in einem durchschnittlichen Jahr.

Viel weniger Regen als sonst

Ursache des Niedrigwassers ist, dass in den Monaten Januar bis Juni landesweit nur rund 80 Prozent der langjährigen durchschnittlichen Regenmenge fielen – und es gleichzeitig überdurchschnittlich warm war. Entwarnung ist vorerst nicht in Sicht. Denn auch der Juli ist den Experten zufolge bislang zu trocken und zu warm – und es steht in den kommenden Tagen noch mehr Hitze bevor.

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„Besonders in der Westhälfte und im Nordosten Baden-Württembergs fielen im Juli bislang weniger als 25 Millimeter Niederschlag. In einem durchschnittlichen Juli (Vergleichszeitraum 1961 bis 1990) ist in Baden-Württemberg im Mittel mit 90 Millimeter zu rechnen“, heißt es im Lagebericht.

Insbesondere in der westlichen Landeshälfte, am Oberrhein und an der Donau, führten nahezu alle Gewässer Niedrigwasser, aber auch im Osten sind viele Gewässer betroffen. Am Hochrhein und im Bodensee sind die Wasserstände zwar ebenfalls deutlich niedriger als für die Jahreszeit üblich, die Niedrigwasser-Mittelwerte sind aber noch nicht unterschritten.

Bodensee hatte zuletzt 2006 so tiefen Mitte-Juli-Wert

Wobei die Marke am Bodensee schon deutlich ist: Der Bodensee-Pegelstand in Konstanz lag am Freitag 70 Zentimeter unter der für die Jahreszeit üblichen Messmarke – zuletzt wurde im Jahr 2006 zu dieser Zeit ein niedrigerer Bodenseewasser-Pegelstand gemessen.

Droht jetzt neben der Gaskrise auch noch eine Wasserkrise? Die Experten und Versorger sind sich einig: So schlimm wie in den Dürrejahren 2018 und 2019 ist es in Baden-Württemberg trotz allem noch nicht. „Nach den Dürrejahren hat sich der Grundwasserspiegel im vergangenen Jahr durch die vielen Niederschläge im Sommer in Teilen des Landes wieder etwas erholt“, sagt LUBW-Pressesprecherin Tatjana Erkert. Schwierig könnte es für die Landwirtschaft werden, meint die LUBW-Sprecherin. „Aber die Trinkwasserversorgung ist nicht in Gefahr.“

Bodensee-Wasserversorgung kann genug Wasser ziehen

Das bestätigt auch Teresa Brehme, Unternehmenssprecherin der Bodensee-Wasserversorgung. Der Zweckverband versorgt rund vier Millionen Menschen in rund 320 Städten und Gemeinden mit Trinkwasser. „Schwankungen im Wasserstand sind ein natürlicher Vorgang im Bodensee und haben keine Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung. Nach den heutigen Erkenntnissen werden wir auch in Zukunft genügend Wasser im Bodensee haben“, so Brehme.

„Der Bodensee liefert quasi Wasser im Überfluss. Der Alpenrhein liefert mit Abstand das meiste Wasser dafür. Insgesamt 11,5 Milliarden Kubikmeter Wasser fließen jährlich in den Bodensee. Das ist hundertmal mehr, als die Bodensee-Wasserversorgung entnimmt“, so Brehme.

Bis zu 670 Millionen Liter darf die Bodensee-Wasserversorgung täglich aus dem See entnehmen – bei einer Wassermenge von 48 Milliarden Kubikmeter. Auf den Pegel des Bodensees habe die Entnahme von Trinkwasser jedenfalls keinen messbaren Einfluss. Im Gegensatz zur Sonne: Die Verdunstung sei in der Regel doppelt so hoch wie die Entnahme durch die Bodensee-Wasserversorgung.

Keine Gefahr auch für Nicht-Bodensee-Wasserkunden

Auch beim Zweckverband Landeswasserversorgung, dem zweiten großen Wasserversorger im Land, an dem ebenfalls landesweit 250 Kommunen hängen und damit knapp ein Viertel aller Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg, sieht man die Trinkwasserversorgung trotz der aktuellen Hitze- und Trockenperiode nicht in Gefahr.

Das Trinkwasser des Zweckverbands stammt zu 80 Prozent aus Grundwasser und Donauwasser. „Momentan geben wir 330.000 Kubikmeter Trinkwasser pro Tag ab, was einer hohen, aber keiner kritischen Abgabemenge entspricht“, sagte Pressesprecherin Juliane Conte. Beide Wasserversorger appellieren aber an die Bevölkerung, schonend mit der Ressource Trinkwasser umzugehen – sowohl mit dem Oberflächenwasser als auch mit dem Trinkwasser.