Bauteile aus der Region in russischen Waffen – das gibt es, hat unsere Recherche gezeigt. In Untersuchungen sind elektronische Komponente von Unternehmen aus Baden-Württemberg und der Schweiz aufgetaucht. Betroffene Firmen haben uns nur wenig Erklärung geliefert. Aber dieser Geschäftsführer aus der Region schildert die Sicht der Unternehmen: Können Firmen überhaupt verhindern, dass ihre Produkte in russischen Waffen auftauchen?

Wissen Unternehmen, wo ihre Produkte am Ende landen?

Nicht immer, nein. Es gibt natürlich Bestrebungen, den Lieferweg transparent zu halten. Aber es gibt dann immer wieder Situationen, bei denen das in einer Sackgasse endet. Dann weiß man vielleicht noch, in welches Land geliefert wurde, aber wohin das Produkt dann geht, kann man dann nicht mehr nachvollziehen.

Warum ist es für Unternehmen so schwierig zu verhindern, dass ihre Produkte in Russland landen?

Wir stellen individuelle Schaltnetzteile her. Das sind Baugruppen für elektronische Geräte, mit denen werden zum Beispiel Rollladen betrieben oder sie werden in Windkraftanlagen genutzt. Unsere Teile landen also in ganz verschiedenen Anwendungen und werden individuell für unsere Kunden hergestellt. Wo unsere Teile letztendlich hineinkommen, wissen wir aber nicht.

Noch schwieriger ist es für Unternehmen, die standardisierte Baugruppen herstellen. Die werden über eine Art Großhandel auf der ganzen Welt frei am Markt verkauft. Da ist nicht nachvollziehbar, wo was ganz genau hingeht.

Unternehmen haben ihre nachfolgenden Lieferketten nur bis zu einem gewissen Grad unter Kontrolle. Was die Kunden oder deren Kunden am Ende mit den Produkten machen, können sie nur bedingt über die Datenblätter und Betriebsanweisung einschränken. Eine Verwendung in nicht dafür vorgesehene Anwendungen kann damit nicht verhindert werden. Nur wenn sie nichts mehr verkaufen, ist dies möglich.

Wie sehr schadet es Unternehmen, wenn herauskommt, dass ihre Produkte in Russland landen und dort sogar zu militärischen Zwecken genutzt werden?

Das führt zu großen Reputationsverlusten. Da gerät man bei Mitarbeitern, Partnern und Kunden schnell in große Erklärungsnot, gewollt haben dies die Unternehmen sicher nicht.

Wie kann es sein, dass Komponenten, die gar nicht für die militärische Nutzung gedacht sind, in Waffen landen?

Es gibt zum Beispiel Kameras, die eigentlich für den ganz normalen Gebrauch von Endkunden gedacht sind. Zum Beispiel Dashcams oder Spiegelreflexkameras. Die kommen aber auch auf Drohnen zum Einsatz, weil sie eine so gute Optik haben. Obwohl sie dafür gar nicht vorgesehen sind.

Seit dem Dual Use Gesetz müssen Unternehmen angeben, ob es möglich ist, Teile in Waffen zu verwenden. Aber dann müsste fast jedes Elektronik-Unternehmen das machen, denn grundsätzlich ist das nie völlig auszuschließen.

Was würden Sie sich als Maßnahme vom Staat wünschen?

Im Moment würde ich mir vor allem weniger Bürokratie wünschen. Jetzt sollen wir unsere Kunden in Verträgen darauf hinweisen, dass sie unsere Produkte nicht nach Russland weiterverkaufen dürfen. Wir können das zwar machen, aber ob sich alle in den darauffolgenden Ketten daranhalten, das können wir nicht kontrollieren.

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Die Gesellschaft muss akzeptieren, dass die kriegsführenden Parteien immer Wege suchen und finden werden, um ihre Waffen mit elektronischen Teilen zu bestücken. Es gibt überall schwarze Schafe, auch in den Unternehmen. Wenn jemand ein Tochterunternehmen im Ausland gründet, nur um dem russischen Militär Teile zum Bau von Waffen zu besorgen, ist das eine verbrecherische Handlung. Und da muss der Staat durchgreifen. Aber allen immer mehr Bürokratie aufzuerlegen, wird das Problem nicht lösen.