Ein Schlaganfall kann jeden treffen. Auch jüngere Menschen, die noch einige Jahrzehnte vor sich haben. Für sie und ihre Angehörigen stellt sich die Frage: Wie geht mein Leben weiter?

Zwischen körperlichen und seelischen Einschränkungen, Therapien und Verständigung mit den Kostenträgern geht es für Patienten zunächst darum, ihr Leben in den Griff zu bekommen und neu zu sortieren. In der Klinik sagt man ihnen dazu vor der Entlassung wenig.

Was zu tun ist, das weiß Margarete Strübig (80). Lange ist sie in Rente, aber den Ruhestand kennt sie nicht, sondern ist eine wandelnde Ideenwerkstatt.

Seit 15 Jahren leitet sie die Schlaganfall-Selbsthilfegruppe Kreis Konstanz. Bald wurde ihr bewusst, dass es bei der Nachsorge eine Leerstelle gibt. Auch im vermeintlich lückenlosen deutschen Gesundheitssystem.

Nach der Akutversorgung alleingelassen

Nach der Akutversorgung werden die Menschen de facto alleingelassen. Aus der Klinik – aus dem Sinn. Bürokratischen Hickhack gibt es dafür umso mehr.

Das hat Margarete Strübig keine Ruhe gelassen. Sie gründete Selbsthilfegruppen in Radolfzell und Singen. Es kommen Menschen ab Mitte 50, in der Regel mehr Männer als Frauen. Inzwischen stoßen auch Jüngere dazu, oft sind sie im besten Alter – Anfang bis Mitte 40.

Aufklärung müsste von den Kassen kommen

„Schlaganfall kann ganz unabhängig vom Alter auftreten“, sagt die Helferin. Vor diesem Hintergrund sei es umso fragwürdiger, dass Kostenträger und auch die Kommunen für das Thema Nachsorge kaum ansprechbar seien. Es wird quasi privatisiert.

Die Probleme, mit denen sich Betroffen konfrontiert sehen, sind in allen Altersschichten ähnlich. Die Angst, das Haus zu verlassen, die Furcht vor Ausgrenzung, das Risiko, zu vereinsamen. Zudem wissen viele Versicherten nicht, welche Leistungen ihnen von der Krankenkasse zustehen.

Bei einem Schlaganfall wird die Blutversorgung im Gehirn unterbrochen.
Bei einem Schlaganfall wird die Blutversorgung im Gehirn unterbrochen. | Bild: peterschreiber.media - stock.adobe.com

Strübig leistet Aufklärung, die nach ihrer Ansicht im Grunde von den Kassen kommen müsste. In ihren wöchentlichen Runden finden Betroffene nicht nur seelischen Halt. Vorträge zu medizinischen, therapeutischen oder sozialrechtlichen Themen ergänzen das Angebot.

Therapeutin vermittelt motorische Fähigkeiten

Heute hat Margarete Strübig Monique Moelter an ihrer Seite, eine Therapeutin für Orthopädie, Neurologie und Lungensport. Die studierte Theaterpädagogin leitet die Teilnehmer zu Übungen an, die die motorischen Fähigkeiten fördern und Selbstvertrauen schenken.

Manche Patienten werden von ihren Angehörigen begleitet. Auch für sie sind die Gespräche ebenso wohltuend wie wichtig.

An ihr Engagement geht Strübig mit Herzblut heran. Sie berät etwa in Sachen Rente und Pflegeversicherung, kann aber bürokratiefrei einen Rollator organisieren.

Bauliche Veränderungen in der Wohnung

Wer bauliche Veränderungen in der Wohnung vornehmen muss, sollte sie fragen, was notwendig ist und was nicht. „Mir geht es darum, benachteiligte Menschen zu beraten, zu stärken und Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten.“

Angeknackstes Selbstbewusstsein kann so wieder aufgebaut werden. Für die Inklusion Benachteiligter habe die Politik zwar die Weichen gestellt. Aber die Umsetzung in der Praxis muss zur Sache der Bürger werden. „Inklusion darf nicht nur ein Wort bleiben, sondern muss gelebt werden.“

Sie will das Leben von Senioren verbessern

Strübig wohnt mit ihrem Partner in Radolfzell. Wo es etwas zu tun gab, war sie immer zur Stelle, ein Zurücklehnen kennt sie nicht. Die einstige Betriebswirtin war in Rheinland-Pfalz Mitbegründerin eines Pflegeelternkreises.

Zu ihren leiblichen beiden Kindern nahm sie zwei weitere auf. Sie kennt die Aufgaben als Mutter, schenkt aber auch Senioren im Heim Aufmerksamkeit. Mit 80. Um auch deren Leben ein klein wenig besser zu machen.