Seit acht Wochen wird geimpft. Dennoch ist die Bilanz in Baden-Württemberg ernüchternd. Das Robert-Koch-Institut veröffentlicht täglich einen Impfbericht, Baden-Württemberg liegt in der Statistik nicht gerade weit vorne. Im Gegenteil. Ein Überblick, wo der Südwesten derzeit steht (Stand 18. Februar).
Wie viele Menschen gehören der Kategorie 1 an und haben Anspruch auf eine Impfung?
In Baden-Württemberg zählen etwa eine Millionen Menschen in diese Kategorie. Dazu gehören Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeheimen, Menschen über 80 Jahre und medizinisches Personal wie Ärzte und Pfleger.
Wie hoch ist die Impfquote mittlerweile?
Die Impfquote in Baden-Württemberg liegt immer noch bei 1,6 Prozent. Spitzenreiter bundesweit ist Rheinland-Pfalz, wo bereits 2,8 Prozent geimpft sind. 552.335 Impfdosen sind hierzulande bereits verabreicht worden. 371.095 sind Erstimpfungen, 181.240 Zweitimpfungen. Die Impfquote bezieht sich auf die Zweitimpfungen – umfasst also die Menschen, die bereits den vollen Impfschutz erhalten haben.
Wie viele Pflegeheime sind bereits abgedeckt?
Nach Angaben des Sozialministeriums sind 63 Prozent der Pflegeeinrichtungen mit Erstimpfungen abgedeckt, 29 Prozent mit Zweitimpfungen. Allerdings haben noch nicht alle Pflegeeinrichtungen einen Termin bei den mobilen Impfteams bekommen. 92 Prozent wurden den Angaben zufolge aber bereits kontaktiert.

Wie sieht es in der Region aus?
Dazu hat das Land kein zentrales Register – das sei zu aufwendig, weil es zwei Systeme zu berücksichtigen gebe, so der Sprecher des Sozialministeriums. Denn in den Landkreisen werden teilweise ja nicht nur Kreisimpfzentren, sondern auch zentrale Impfzentren betrieben. In der Region trifft dies aber nicht zu. Die Zentralen Impfzentren liegen in Freiburg, Offenburg, Karlsruhe, Heidelberg, Stuttgart, Rot am See, Tübingen und Ulm.
Was sagen die Statistiken der Kreise in der Region?
Im Kreis Sigmaringen sieht es schon ganz gut aus. In allen 23 Pflegeheimen wurde das erste Mal geimpft, bald sollen auch alle Pflege-Wohngemeinschaften das erste Mal versorgt sein, teilt Sprecher Tobias Kolbeck auf Anfrage mit. Anschließend soll Tagespflegeeinrichtungen geimpft werden. Bisher wurden vom Kreisimpfzentrum insgesamt 3040 Personen geimpft, davon etwa 1000 in den Heimen, 322 Personen davon haben die zweite Impfung erhalten.

Im Kreis Konstanz haben die mobilen Impfteams 2950 Bewohner und Mitarbeiter in Pflegeheimen erstmals geimpft, 890 haben bereits die zweite Dosis erhalten. Insgesamt wurden in den Kreisimpfzentren bereits 1077 Erstimpfungen und 411 Zweitimpfungen verabreicht. Davon erhielten 440 Menschen über 80 die erste Impfung, 281 davon bereits die zweite. Alle übrigen sind Ärzte und andere medizinische Mitarbeiter, die zur ersten Impfgruppe zählen.
Im Kreis Waldshut haben die mobilen Impfteams insgesamt 2507 Menschen, also Bewohner und Mitarbeiter, in den Pflegeheimen geimpft. Im Kreisimpfzentrum wurden bisher nach Angaben von Sprecherin Susanna Heim 903 Über-80-Jährige geimpft. „Hier gilt es allerdings zu beachten, dass es auch Leute gibt, die aus anderen Kreisen hierher kamen“, die große Mehrheit stamme aber aus dem Kreis Waldshut.
Im Schwarzwald-Baar-Kreis wurden 1.869 Coronaschutzimpfungen im Kreisimpfzentrum verabreicht, 3170 Impfungen durch die mobilen Impfteams kommen nach Angaben von Sprecherin Kristina Diffring noch in den stationären Pflegeeinrichtungen hinzu. Somit wurden im Schwarzwald-Baar-Kreis insgesamt 5039
Menschen geimpft, 892 davon haben schon den vollen Impfschutz.
Welche Konzepte gibt es für gebrechliche Menschen, die nicht mehr selbst ins Impfzentrum kommen können?
Bislang keine ausgereiften. „Wir wissen um die Probleme älterer Menschen“, betont ein Sprecher des Sozialministeriums. Wegen des aktuell noch knappen Impfstoffs liege die Priorität aber bei den Impfungen in Alters- und Pflegeheimen, wo das Virus die meisten Todesfälle verursache.
Langfristig ist zudem geplant, dass die mobilen Impfteams nachdem ihre Arbeit in den Pflegeheimen abgeschlossen ist, in den Kommunen Impfungen anbieten sollen.
„Wir arbeiten aber an einem Konzept“, so der Sprecher. Demnach sieht der Plan vor, Bürgern, zu ermöglichen, selbst zu entscheiden, ob sie sich im Impfzentrum oder in der Gemeinde vor Ort impfen lassen wollen.
Was ist aktuell für Menschen, die nicht mehr mobil sind, möglich?
Patienten, die bereits wegen ihres generellen Gesundheitszustands Fahrten zum Arzt von der Krankenkasse ersetzt bekommen, können sich auch auf Kosten der Kasse zum Impfzentrum bringen lassen. Dazu gehören Menschen mit einem Schwerbehindertenausweis der Kategorie „aG“, „Bl“ oder „H“. Auch Menschen, die die Pflegestufe 3, 4 oder 5 haben, gehören dazu.
Warum sind noch keine Impfungen beim Hausarzt möglich?
Weil die bisherigen Impfstoffe einer besonders starken Kühlung von minus 70 Grad bedürfen. Dennoch ist geplant, dass die Impfungen später in die Regelversorgung übergehen, also beim Hausarzt erhältlich sein sollen. Die Hersteller arbeiten derzeit an Varianten ihrer Impfstoffe, die beständiger sind.
Astrazeneca bildet als Vektorimpfstoff zwar eine Ausnahme und braucht keine besonders starke Kühlung, wegen seiner eingeschränkten Zulassung nur für unter 65-Jährige müssten viele Patienten beim Hausarzt auf Alternativen warten. Der noch nicht zugelassene Impfstoff von Curevac könnte hier eine Marktlücke füllen – er braucht keine besondere Kühlung.
Wieso gehen die Impfungen trotz der Zulassung von Astrazeneca als zusätzlicher Impfstoff so langsam voran?
Dieser Impfstoff kommt nur für Menschen zwischen 18 und 64 Jahren in Frage, weil er in Deutschland nur eine Teilzulassung bekommen hat aufgrund befürchteter stärkerer Nebenwirkungen. Deshalb wird er in Deutschland zunächst nur medizinischem Personal verabreicht.
Derzeit hat das Land gut über 100.000 Impfdosen erhalten, verimpft wurden bislang aber nur 1086 Dosen. Bis Mitte März erwartet das Land etwa 450.000 Dosen von Astrazeneca. Dadurch erhofft sich das Land, die Impfungen deutlich beschleunigen zu können.
Wann kommt die nächste Gruppe dran?
Weil Astrazeneca nicht für ältere Menschen eingesetzt werden soll, rechnet das Land derzeit damit, ab „Anfang oder Mitte März mit Impfungen in der zweiten Priorität beginnen“ mit dem Impfstoff von Astrazeneca zu können, wie ein Sprecher dem SÜDKURIER auf Anfrage mitteilt.

Für die nächste reguläre Impfgruppe der Menschen über 70 Jahre lasse sich hingegen noch keine Prognose machen, wann sie sich impfen lassen können. „Die Zahl der Berechtigten über 65 in der Gruppe der ersten Priorität ist noch recht groß und der dafür zugelassene Impfstoff von Biontech und Moderna weiterhin sehr begrenzt“, erklärt der Sprecher. Hier hänge alles davon ab, „wie viel dieser Impfstoffe wir in nächster Zeit bekommen“.
Was passiert mit den übrig gebliebenen Dosen am Abend eines Impftags?
Impfdosen werden nicht weggeworfen, wenn sie übrig bleiben, sondern meist an medizinisches Personal gegeben. Teilweise haben Impfzentren aber auch Wartelisten mit Menschen eingerichtet, die kurzfristig kontaktiert werden können. Hausbesuche schließt das Sozialministerium aber noch aus.
Denn bislang schreibt das Impfregime vor, dass die Patienten nach der Injektion noch eine halbe Stunde unter Beobachtung bleiben müssen. Das könne ein normaler Hausarzt nicht leisten. Zudem sind angebrochene Fläschchen, in denen im Fall von Biontech etwa zehn Dosen enthalten sind, nur sechs Stunden haltbar. Der Zeitrahmen, innerhalb dessen die Dosen dann noch anderweitig vergeben werden können, ist also nicht allzu groß.
Wie lange ist die Warteliste für Termine derzeit?
Nach Angaben des Sozialministeriums standen bis zum Donnerstagnachmittag 102.500 Menschen auf der Warteliste für einen Impftermin.