Der „Schwede“. Nicht der Patrick. Nicht der Besewski. Nein, einfach nur der „Schwede“. So wird er genannt. Aber wieso eigentlich? „Ich stamme ursprünglich aus Osnabrück. Erst als ich sieben Jahre alt war, kamen wir nach Konstanz. Und da für den Konstanzer Schweden ungefähr bei Osnabrück beginnt, gab mir einer diesen Spitznamen und seither heiße ich so“, erzählt er.

Seit einigen Jahren wohnt der 57-Jährige in Zürich, arbeitet dort als Koch. Den Kickern vom Fußballverein Grashoppers hat er bereits seine Gerichte kredenzt, auch auf Food-Festivals zeigt er sein Können. Zuvor war er unter anderem als Küchenchef in Zermatt tätig. Seine Küche bezeichnet er als „alternative Smokerküche.“

Bei seiner Schwester findet Patrick Besewski die benötigte Hilfe

Er kocht das, was er selbst gerne isst und was sich im Gespräch mit den Gästen ergibt – gerne geräuchert und vom Grill. Seine größte Leidenschaft aber ist die Musik. Mit der Blues- und Country-Größe David Waddell aus Texas tourte er bereits mehrmals auch durch unsere Region.

Der US-Amerikaner David Waddell und Patrick Besewski tourten immer wieder als „Cowboy & The Alien“ durch die Region. Ein Duo, das die ...
Der US-Amerikaner David Waddell und Patrick Besewski tourten immer wieder als „Cowboy & The Alien“ durch die Region. Ein Duo, das die Leute mit Blues und Country begeistert. | Bild: Patrick Besewski

Doch der Tod seiner großen Liebe vor drei Jahren zog ihm den Boden unter den Füßen weg. Zwischen Krebsdiagnose und dem Ende lagen gerade mal 22 Tage. Kaum Zeit, ein solches Schicksal zu verarbeiten. Kurz danach starb auch noch sein Vater.

Damals versuchte er, mit noch mehr Alkohol und noch mehr Drogen als ohnehin schon sein Bewusstsein zu betäuben. „Ich dachte, ich brauche das, um schlafen zu können und herunterzukommen“, blickt er zurück.

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„Doch das war Quatsch. Ich wurde depressiv, habe meinen Briefkasten zwei Monate nicht geleert, konnte mich von nichts trennen, habe alles von meiner Frau behalten. Wirklich alles.“ Hilfe wollte er zunächst nicht annehmen, „ich glaubte, dass ich das allein schaffe. Doch das war ein Fehler.“

Schon vor dem Schicksalsschlag war er nach eigener Aussage Alkoholiker. „Ich war ein Kampftrinker und ein Kampfkiffer“, sagt er. „Auch Kokain habe ich genommen. Nach dem Tod meiner Frau aber ist es ausgeufert.“ Seine Schwester, Dozentin für Psychologie in Zürich und daher vertraut mit solchen Situationen, nahm sich seiner an.

Und dann bestellte der Konstanzer „Schwede“ sein letztes Bier

„Wir räumten meine Wohnung aus, schmissen sehr viele Dinge weg. Dann zog ich bei ihr ein“, erzählt Patrick Besewski. Mit der ungewohnten Situation, Hilfe anderer anzunehmen, musste er erst fertig werden. „Ich war immer der, der alles machte und immer gut drauf war. Richtig schlecht ging es mir nie. Und nun zeigte ich Schwäche.“

Dank des Schweizer Systems bekam er schnell professionelle Hilfe. Als Mann mit einer diagnostizierten schweren Depression kam er in eine Spezialklinik, als Mann mit einer diagnostizierten leichten Depression kam er nach fünf Wochen wieder heraus.

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Heute sagt er lachend: „Ich habe in der Klinik das Kommando übernommen, habe gekocht und Musik gemacht. Gleichzeitig habe ich jede Behandlung und Sitzung mitgenommen.“ Nach wie vor geht er regelmäßig zur Prävention.

Am 1. Mai des vergangenen Jahres kam dem damals 56-Jährigen die Erkenntnis, dass zwei seiner Probleme nach wie vor existierten: Alkohol und Drogen. „Ich ging in eine Kneipe, bestellte mir ein Bier und sagte jedem: Das ist mein letztes Glas“, erinnert er sich. Sein letzter Zug an einem Joint folgte – und seither hat er beiden Süchten abgeschworen.

Nun möchte Patrick Besewski anderen Menschen helfen

„Bis dahin war ich immer laut und es gab immer Alarm. Ich habe ADHS und Bluthochdruck. Ich bin heute vielleicht nicht viel ruhiger, aber es geht mir besser.“ Er habe kein Bedürfnis nach Alkohol oder Drogen, „ich trinke wahrscheinlich zu viel Cola und rauche zu viel. Aber ein paar Laster hat jeder.“

In den sozialen Netzwerken geht er ganz offen um mit der Thematik und postet regelmäßig die Tage, Wochen und Monate, in denen er clean und trocken ist. Nun möchte er anderen Menschen helfen, denselben Weg einzuschlagen. „Ich würde gerne ein Peer werden“, sagt Patrick Besewski.

Hinter dem Begriff verbirgt sich ein von Bundesministerium für Gesundheit gefördertes Programm, in dem Menschen zum Experten aus eigener Erfahrung werden und Mitmenschen helfen – der Begriff Peer kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Gleichwertige oder Ebenbürtige. Zu einem Peer können Personen werden, die selbst über Krankheits- und Therapieerfahrung verfügen und inzwischen wieder genesen sind – so wie Patrick Besewski, der „Schwede“.