Aus Südamerika ist die Kartoffel im 16. Jahrhundert von den Spaniern nach Europa gebracht worden. Ursprünglich war sie als Reiseproviant und als Geschenk für den König vorgesehen. Die Spanier dachten bestimmt nicht daran, dass die Knolle eine deutsche Tradition an Weihnachten werden würde. Aber dieses Gericht kommt bei etwa einem Drittel der Deutschen am 24. Dezember auf den Tisch: ein goldgelber Kartoffelsalat mit einem knackigen Würstchen.
Die unterschiedlichen Theorien
Auf Nachfrage des SÜDKURIER, wie es dazu kam, kann die Erzdiözese Freiburg keine eindeutige Erklärung liefern. Es scheint drei mögliche Ursprünge zu geben. „Erst mit dem Beginn der Christmette oder der Vesper in der Nacht zum 25. Dezember beginnt liturgisch das Weihnachtsfest“, sagt Pressesprecher Marc Mudrak.
Aus diesem Grund gehört Heiligabend formal noch zur Adventszeit – er ist also kein Festtag. Zudem ist der 24. Dezember für viele Menschen ein Arbeitstag. Da Kartoffelsalat vergleichsweise schnell und einfach zubereitet ist und damit mehr Zeit für Kirche und Familienrituale bleibt, ist das Essen aus der Sicht der Praktikabilität beliebt, wenn nicht sogar Tradition.
„Am Aschermittwoch ist alles vorbei …“ – diesen Spruch kennen viele. Er läutet die Fastenzeit bis Ostern ein. Doch auch vor Weihnachten gibt es eine Fastentradition. So galt laut Mudrak in der katholischen Kirche Heiligabend bis zur Christmette als Fastentag. Würstchen und Kartoffelsalat sind zwar kein strenges Fastenessen, aber im Vergleich zu üppigen Braten bescheidener.
Das Geld reicht nur für ein Festmahl
Die dritte Erklärung geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Dabei geht es darum, dass die Menschen früher nicht so viel Geld hatten und dieses dann lieber für das Festmahl an den folgenden Weihnachtsfeiertagen sparten. Die preiswerte Kartoffel eignete sich daher sehr gut für den Weihnachtsvorabend.
Doch scheinbar nicht bei allen. Zwei-Sterne- und TV-Koch Tim Raue kann das Gericht zum Beispiel nicht mehr sehen, bei ihm kommt es an Heiligabend auch nicht auf dem Tisch: ‚Auf gar keinen Fall. Das ist ein Kindheitstrauma, das kann ich nicht essen.‘
Wer sich noch keine Gedanken über sein Festmahl an Heiligabend gemacht hat, ist der Freiburger Erzbischof Stephan Burger: „Ich werde einfach schauen, was der Kühlschrank hergibt.“ Weder Burger noch Raue gehören also zu den 36 Prozent der Deutschen, die am 24. Dezember laut dem Statistik-Portal Statista Würstchen mit Kartoffelsalat essen.

Selbermachen ist die beste Option
Wie das Essen am Ende auf den Tisch kommt, steht jedem frei. Allerdings muss man beim Einkaufen der Produkte aufpassen, denn die Preise im Supermarkt können in die Irre führen. Laut dem Statistischen Bundesamt sind die Preise für Kartoffeln 2024 im Vergleich zu 2023 um 3,7 Prozent zurückgegangen. Dabei wurden jeweils die Preise aus dem November betrachtet.
Andererseits berichten Forscher des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), dass die Inflation auch nicht vor dem Kartoffelsalat haltmacht: So stieg der Preis für den Weihnachtsklassiker auf Mayonnaise-Basis für vier Personen von maximal 6,24 Euro vor drei Jahren auf heute im Schnitt 7,29 Euro. Mit Essig und Öl sei das Gericht mit 6,22 Euro im Durchschnitt deutlich günstiger. Die Berechnungen des IW basieren auf Preisen des Lebensmittelhändlers Rewe. Index-Grundlage sind Rezepte mit Essig und Öl oder Mayonnaise für jeweils vier Personen.
Was bedeutet das also für das traditionelle Gericht am 24. Dezember? Selbermachen. So schmeckt es bekanntlich am besten.