Daisendorf – „Daisendorf soll mehr Dorf werden.“ So hatte der SÜDKURIER vor knapp einem Jahr getitelt, als der Häfler Stadtplaner Thomas Hirthe im Rathaus erstmals die Pläne für die Neugestaltung der Ortsmitte vorgestellt hatte. Nun werden die Ideen des damals präsentierten „städtebaulichen Entwurfs“, dem eine Bürgerbeteiligung vorausgegangen war, konkret – in Form eines detaillierten Bebauungsplans, der Baufenster, Kubaturen, Dachformen und einiges mehr festlegt. In der Gemeinderatssitzung ist der Vorentwurf des Bebauungsplans „Alter Ortskern“ nun erstmals der Öffentlichkeit präsentiert worden. Er umfasst ein knapp 8,2 Hektar großes Areal hauptsächlich rund um die Ortsstraße.

In mehreren Arbeitssitzungen haben Gemeinderat und Stadtplaner die detaillierten Vorgaben ausgearbeitet, die künftig für das Gebiet gelten sollen. Sie wurden den wenigen anwesenden Besuchern vorgestellt. Schnell wird dabei deutlich, dass man es mit dem dörflichen Charakter ernst meint. So sollen im gesamten Plangebiet künftig nur noch Satteldächer mit einer vergleichsweise steilen Dachneigung zwischen 40 und 50 Grad zulässig sein. Flachdächer wird es bei Neubauten künftig nicht mehr geben – allenfalls noch auf Carports. Dort sind sie, sofern nicht für Solar genutzt, ebenso zu begrünen wie Tiefgaragen.

Zudem sind künftig klare Gebäudestrukturen vorgesehen, also ohne ausufernde Balkone, Gauben oder sonstige Anbauten. Daher gibt es auch hier recht klare Vorgaben. So ist für Neubauten ein Längen-Breiten-Verhältnis von mindestens 1,5 zu 1,0 einzuhalten. Quadratische Gebäude sind tabu. Anbauten, etwa Wintergärten oder Balkone, werden in ihren Ausmaßen klar begrenzt, gleiches gilt für Gauben. Nur Schlepp- oder Satteldachgauben soll es bei Neubauten noch geben, und nicht in zweiter Reihe. Festgelegt werden auch die Firstrichtungen, die parallel oder quer zur Straße verlaufen sollen. Selbst die Farbgebung ist im neuen Bebauungsplan geregelt. Erlaubt sein sollen für die Hauswände nur noch „helle, nicht grelle Farbtöne“. Die Dächer hingegen sollen rot, rotbraun oder grau sein. Das alles dient klar dem Ziel, architektonische Auswüchse zu vermeiden und die Ortsmitte wieder als wirklichen Dorfkern erkennbar zu machen. Die Zuhörer der Sitzung beruhigte Planer Hirthe: Das alles gelte ja nur, sobald Häuser neu gebaut würden. Interessant wurde es bei den drei ausgewiesenen Teilgebieten. In einem Bereich um das Rathaus, der auch den früheren Dorfkrug umfasst, soll im Erdgeschoss eine „überwiegend gewerbliche Nutzung“ vorgeschrieben werden, mit Ausnahme von Ferienwohnungen. So soll eine lebendige Dorfmitte entstehen. Gemeinderätin Monika Bernhard gab zu bedenken, dass eine solche Verpflichtung Leerstände provozieren könnte. Gemeinderat Hasan Ögütcü war mit der geplanten Grundflächenzahl von 0,4 nicht zufrieden. 40 Prozent eines Grundstücks dürften mit einem Hauptgebäude bebaut werden.

Das Baurecht lasse bis zu 0,6 zu. Angesichts allgegenwärtiger Wohnungsnot sollte man diese ausschöpfen. Mit diesem Vorschlag blieb er aber allein. Auch einige Korrekturen müssen offenbar noch gemacht werden. So war Monika Bernhard aufgefallen, dass auf einem Grundstück gar kein Baufenster eingezeichnet war.

Der neue Bebauungsplan soll veröffentlicht sowie im Rathaus offengelegt werden. Bürger haben einen Monat Zeit, Einwendungen vorzubringen. Nach deren Einarbeitung muss der Gemeinderat final darüber entscheiden. Mit dem neuen Plan verabschiedet sich Daisendorf somit vom architektonischen Wildwuchs der vergangenen Jahre. Bis das Gesicht des Dorfes wieder klare Kanten zeigen wird, dürften Jahrzehnte vergehen. Alle Regelungen gelten nur für Neubauten.