Albert Scherer, Privatwaldbesitzer aus Unterhomberg wendet sich entsetzt an den SÜDKURIER: „Ich habe eine Nachricht von der Holzverwertungsgenossenschaft (HVG) Genoholz erhalten, dass ich für mein Sturmholz nicht einmal 27 Euro pro Festmeter bekommen soll.“ Vor vielleicht 100 Jahren hätte sein Urgroßvater die Bäume gepflanzt, sie wurden gepflegt und jetzt sei es ein Minusgeschäft, völlig unwirtschaftlich. Und er macht die Rechnung auf: Für fast 47 Festmeter erhält er netto 1250 Euro. Für die Aufarbeitung des Holzes, Pflanzmaterial für neue Bäume, Waldweginstandsetzung und Forstamtgebühren musste er 3300 Euro aufwenden. Das ergibt ein Minus von 2040 Euro.

Daraufhin kam ein Vor-Ort-Termin im Wald von Albert Scherer zustande, bei dem verschiedene Seiten zu Wort kamen.
Viele Waldbesitzer haben schon aufgegeben

Josef Eichenhofer, Kleinwaldbesitzer im Deggenhausertal und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der HVG, hat Verständnis für die Klagen von Scherer: „Bei mir wurden 600 Festmeter Wald zu Schadholz zerstört, weil ein Waldnachbar sein Sturmholz und Käferholz (vom Borkenkäfer befallene Bäume) zu spät aufgearbeitet hat und der Käfer auf meine Bäume übergewechselt ist.“ Viele Waldbesitzer hätten ihren Wald bereits aufgegeben.
Seit drei Jahren wird kein Planholz mehr eingeschlagen

Elmar Reisch, stellvertretender Leiter des Forstamts im Landratsamt Bodenseekreis, hat interessante Hintergrundinformationen parat: „Seit drei Jahren ist es viel zu trocken. Deshalb wird nur Dürre-, Käfer- und Sturmholz aufgearbeitet – und kein Planholz mehr“. Im Deggenhausertal sei für dieses Jahr der Einschlag von 14 000 Festmetern geplant gewesen; tatsächlich seien bis jetzt bereits 24 000 Festmeter eingeschlagen worden – ohne normale, planmäßige Nutzung.
Die Auswirkungen seien für jeden im Wald deutlich sichtbar. Unabhängig der wirtschaftlichen Schäden für die Waldbesitzer gehe die Funktion des Waldes zur Luftreinhaltung, als Wasserspeicher und der Erholungseffekt für die Bevölkerung zurück. Wobei Reisch fürs Deggenhausertal betont, vom Wuchs der Bäume, Boden, Wasser und Klima sei man in Deutschland noch ganz vorne mit dabei und sei mit 500 bis 600 Festmetern Bäume pro Hektar gut aufgestellt.

„Dem letzten muss jetzt klar sein, dass der Klimawandel im Tal angekommen ist“, betont dennoch Kleinwaldbesitzer Reiner Huber, der die letzten Jahre rund fünf Hektar Wald verloren hat. „Die landwirtschaftlichen Märkte, wie auch der Schweinemarkt, sind insgesamt sehr empfindlich unter Preisdruck und jetzt auch der Wald“, so Huber. Es sei politisch beklagenswert, dass die Leistungen der Waldbesitzer für die Gesellschaft nicht über den Holzpreis bezahlt werden.
Großsägereien können bei Überangebot Preise bestimmen

Zur Holzpreisentwicklung erklärt Sebastian Hornstein, Vorstand der HVG Oberschwaben: „Nachdem kleine, auch regionale Sägewerke aufgegeben haben, bestimmen Großsägereien den Markt, die oftmals 1,2 Millionen Festmeter pro Jahr sägen und bei dem Überangebot an Holz aufgrund von Sturm, Hitze und Käfer die Preise bestimmen.“ Nachdem Sturm- und Käferholz aktuell mit 20 bis 30 Euro pro Festmeter bezahlt wird, gebe es gute Aussichten, dass Frischholz in absehbarer Zeit auf 65 Euro und mehr je Festmeter steigen kann.

Elmar Reisch macht Mut mit Gesprächen der Behörden über Förderungen der Waldbesitzer mit einem Notfallplan Wald, Aufarbeitungshilfen, Förderung von Hackholz und der Wiederbewaldung – auch auf EU-Ebene. Albrecht Scherer zieht für sich als Fazit: „Ich sehe kein Licht am Horizont und für das Geld gebe ich mein Holz nicht ab, da lasse ich es lieber im Wald liegen.“