Herr Kramer, wie kam es, dass Sie sich auf die Stelle des Revierförsters in Deggenhausertal beworben haben?

Das war eher ein Zufall. Elmar Reisch war 27 Jahre Förster im Deggenhausertal und eigentlich war angedacht, dass meine Kollegin Lara Schulz das Revier langfristig übernimmt. Sie ist dann aber aus persönlichen Gründen in einen anderen Landkreis gewechselt. Infolgedessen wurde ich gefragt, ob ich das Revier übernehmen möchte, was mich natürlich sehr gefreut hat, aber es war auch sehr überraschend für mich.

Welche Voraussetzungen mussten Sie erfüllen?

Grundsätzlich benötigt man ein abgeschlossenes Studium im Bereich der Forstwirtschaft und die Laufbahnbefähigung zum gehobenen Forstdienst. Diese erwirbt man in Baden-Württemberg über eine zweijährige „Traineezeit“ und einer anschließenden Abschlussprüfung. Ich bin seit Juli 2018 Trainee beim Forstamt Bodenseekreis und erwerbe meine Laufbahnbefähigung voraussichtlich im Juli 2020. Ich darf also ausnahmsweise bereits vorher ein Revier leiten, wobei dies nach meiner Kenntnis nicht unbedingt eine Seltenheit ist in Baden-Württemberg. Herr Reisch hat noch letztendlich ‚die Hand über dem Revier‘.

Für welche Wälder sind Sie verantwortlich?

Also es gibt ein paar Flächen der Schulstiftung Baden-Württemberg die im Landkreis Sigmaringen liegen und von mir betreut werden. Die meisten Flächen der Schulstiftung liegen aber im Deggenhausertal. Und ich bin für die Betreuung sämtlicher Kleinprivatwälder zuständig, sowie für körperschaftliche Wälder, wie zum Beispiel dem Gemeindewald des Deggenhausertals, der Schulstiftung, sowie mehrerer kleinerer Kirchenwälder.

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Was sind die Aufgaben des Revierförsters im Tal?

Die Aufgaben eines Försters sind sehr vielfältig. Zum einen geht es vor allem um die Beratung der Privatwaldbesitzer bezüglich der Aufforstung von Waldflächen und der Auswahl von standortgerechten, geeigneten Baumarten, aber auch zum Beispiel um die Beratung im Wegebau beziehungsweise der sinnvollen Erschließung von Waldflächen und um die Durchforstung von Wäldern. Nach der eigentlichen Beratung erfolgt dann die Auftragsvergabe an Forstunternehmer und die Abstimmung der Vorgehensweise mit diesen. Derzeit kommen den Umständen entsprechend viele Anfragen zur Aufarbeitung der Sturmwürfe und der restlichen Käferhölzer aus dem Spätherbst. Eine weitere wichtige Aufgabe ist natürlich auch das Holz aufnehmen, also das Vermessen und das Einteilen des gepolterten Holzes in Güten/Qualitätsstufen und die Erstellung der dazugehörigen Holzlisten.

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Wie beurteilen Sie die allgemeine Waldbeschaffenheit im Deggenhausertal?

Seit des Dürresommers 2018 leiden die Wälder enorm unter Dürreschäden und Borkenkäferbefall. Auch für dieses Jahr scheint der Befallsdruck durch den Borkenkäfer (Buchdrucker) noch sehr hoch zu sein. Durch Käferbefall und Dürre aufgerissene, geschädigte Bestände sind leider zwangsläufig wiederum für Windwurf, Sonnenbrand und weiteren Käferbefall anfällig, da die Bäume, die vorher im geschlossenen Bestand geschützt waren, durch die plötzliche Freistellung viel mehr Angriffsfläche für Stürme und Sonneneinstrahlung bieten. Die diesjährigen Sturmereignisse sind auch im Tal zu spüren. Die Windwürfe sind meistens sehr verteilt (Einzelwürfe); nur stellenweise sind ganze Bestände geworfen, sodass es insgesamt im Tal glimpflicher verlief als zum Beispiel in den Nachbarkreisen Biberach oder Ravensburg. Wenn man dem Sturm etwas Gutes abgewinnen möchte, dann, das man nun wenigstens gezwungen ist, in sämtlichen Wäldern nach Sturmwurf zu suchen und dabei auch das ein oder andere „Käfernest“ findet, welches gleich mit aufgearbeitet wird.

Elmar Reisch deutet auf einen toten Borkenkäfer (Buchdrucker) im Gemeindewald in Deggenhausertal. Der Borkenkäfer bohrt sich durch die ...
Elmar Reisch deutet auf einen toten Borkenkäfer (Buchdrucker) im Gemeindewald in Deggenhausertal. Der Borkenkäfer bohrt sich durch die Rinde und frisst darunter Gänge. Dadurch wird die Nährstoffzufuhr für den Baum gestört und der Baum stirbt. | Bild: Wolf-Dieter Guip

Sorgen macht die Esche, richtig?

Die Esche bleibt nach wie vor leider ein Sorgenkind, da sie aufgrund des Eschentriebsterbens häufig zu einem Problembaum wird. Vor allem entlang von Straßen müssen kranke, abgängige Eschen gefällt werden, da sie nicht mehr verkehrssicher sind. Laut der Wissenschaft sollen rund ein bis drei Prozent der Eschen resistent sein gegenüber dem Triebsterben. Es besteht also noch Hoffnung, dass sich eine widerstandsfähige Eschennaturverjüngung langfristig durchsetzt. Zum Wildbestand kann ich noch nicht so viel sagen. Nach meinem ersten Eindruck ist der Rehwildbestand stellenweise hoch, was wiederum für den Wald nicht förderlich ist. Die Wildschweinbestände sind, glaube ich im Tal eher gering.

Wie gestaltet sich die Entwicklung der Holzpreise bezüglich des Waldbewirtschaftungsplans für die rund 137 Hektar Gemeindewald? Hier war wohl ein Überschuss von rund 12 000 Euro zu erwarten?

Aufgrund der Sturmwürfe und des dadurch entstandenen Überangebots an Holz, sanken die Holzpreise deutlich. Anfang des Jahres lagen diese noch bei Ende 70 Euro je Festmeter für frisches Langholz, nun liegen diese bei Ende 50 Euro. Aufgrund der Corona-Krise läuft nun auch der Absatz des Palettenholzes viel zäher, aber auch der der übrigen Sortimente. Ob die Ziele im Gemeindewald erreicht werden können, ist derzeit noch nicht vorhersehbar. Auf bisher noch unbestimmte Zeit dürfen nur Schadhölzer, also Käfer- und Sturmholz geschlagen werden und kein planmäßiges Frischholz aus Durchforstungen. Wie sich der Holzmarkt im Herbst und Winter entwickelt bleibt abzuwarten.

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Welches sind Ihre Ziele?

Meine Ziele in der Waldbewirtschaftung sind kurzfristig erst einmal die Bewältigung der noch anhaltenden „Schadholzwelle“, die uns vermutlich leider noch eine Zeit lang beschäftigen wird. Langfristig möchte ich, da wo es forstwirtschaftlich sinnvoll und gewollt ist, die Wälder in stufige, stabile und leistungsstarke Dauerwälder überführen und wo immer möglich Mischbaumarten fördern.

Seit kurzem gibt es eine Holzgenossenschaft zur Vermarktung des Holzes aus dem Wald. Was hat das für Privatwaldbesitzer für Vorteile?

Allen Privatwaldbesitzern kann ich nur raten Mitglied bei der Holzverwertungsgenossenschaft Oberschwaben e.V., kurz Genoholz zu werden. Hölzer, die die Privatwaldbesitzer selbst nicht verwenden können, werden von der Genossenschaft im Auftrag des Waldbesitzers verkauft. Dazu muss man Mitglied in der Genossenschaft werden und einen einmaligen Geschäftsanteil von 10,25 Euro bezahlen. Genoholz verkauft seit Anfang des Jahres die Hölzer der Landkreise Ravensburg und Bodenseekreis, da dies die zuständigen Forstämter nicht mehr machen dürfen.

Froh zeigt der ehemalige Revierförster Elmar Reisch (links) seinem Nachfolger im Amt, Markus Kramer, und Orientierungspraktikantin ...
Froh zeigt der ehemalige Revierförster Elmar Reisch (links) seinem Nachfolger im Amt, Markus Kramer, und Orientierungspraktikantin Henriette Rüttler aus Heilbronn natürlich nachgewachsenen, gesunden Wald. | Bild: Wolf-Dieter Guip

Elmar Reisch gibt Amt als Revierförster in Deggenhausertal ab

Herr Reisch, warum haben Sie die Stelle als Revierförster im Tal aufgegeben?

Es gibt für mich neue Herausforderungen, neue Aufgaben, neue Perspektiven. Es war die gute Möglichkeit, junge, fähige Kollegen und Kolleginnen für das Deggenhausertal zu gewinnen und ich kann weiterhin in der Übergangsphase bei Bedarf Hilfe anbieten. Das Deggenhausertal liegt mir weiter am Herzen. Es war keine leichte Entscheidung, aber ich bereue sie nicht.

Was sind jetzt Ihre Aufgaben im Landratsamt und welche Perspektiven gibt es?

Neu ist der Bereich stellvertretender Amtsleiter Forstamt, Kreisjagdamt, innere Verwaltung und Wildtierbeauftragter. Es bleibt der Bezug zum Privat– und Körperschaftswald, da die Aufgabe Dienstleistung Forst und Waldnaturschutz auch in meiner Zuständigkeit ist.

Wie lange waren Sie Revierförster im Deggenhausertal?

Es waren genau 27 Jahre, und dies sehr gerne. Die Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Waldbesitzern war sehr erfolgreich und prägend. Es war ‚mein‘ Wald.

Wie hat sich der Wald im Tal, während Ihrer Tätigkeit entwickelt und verändert?

Die Tätigkeit wird immer anspruchsvoller, da immer mehr gesellschaftliche Ansprüche mit zu berücksichtigen sind. Auch die Veränderung des Klimas ist deutlich zu spüren. Früher konnte im Winter auf den Frost gewartet werden um kritische Böden zu befahren, dieser war garantiert. Heute ist für diese Arbeiten die Trockenheit im September und Oktober geeigneter. Früher waren Schneeketten im Auto, heute reicht im Winter die ärmellose Weste. Die Stürme Wiebke und Lothar, wie auch die Windhose und der Schneebruch 2009 haben die ideale Altersstruktur der Wälder stark beeinflusst. Nun kommen Dürreperioden und anhaltende Temperaturen über 30 Grad noch dazu. Stress pur für die Wälder und ein Eldorado für den Borkenkäfer. Der naturnahe und standortgerechte Wald konnte mit den Waldbesitzern überwiegend verwirklicht werden. Dennoch, das Gesicht der Wälder hat sich in den 27 Jahren durch Naturereignisse sehr verändert, sodass es sogar dem Waldbesucher auffällt. Alt- und Baumhölzer sind verschwunden, Baumarten ändern sich.