Julian M. aus Tettnang ist 18, hat seit Mai sein Abi in der Tasche – und ist seit Juni Mitglied in der IG Metall. Der Grund: "Ich habe rund 400 Euro mehr verdient", sagt der junge Mann, der zwei Monate bei ZF als Ferienjobber gearbeitet hat. Für den Schulabsolventen, der ab Oktober ein Studium als Wirtschaftsingenieur beginnt, ist das viel Geld. Und nicht nur für ihn: Jetzt in den Sommerferien sind nach ZF-Angaben mehr als 500 Ferienarbeitskräfte allein am Standort Friedrichshafen beschäftigt. Weitaus mehr kommen im Jahresverlauf zusammen, weil Schüler und Studenten auch zu anderen Ferienzeiten bei ZF jobben. Und die große Mehrzahl unterschreibe vorher den Aufnahmeantrag bei der Gewerkschaft. „Ferienarbeitskräfte erhalten bei ZF eine attraktive Vergütung. Bestimmte Zusatzleistungen sind dabei an eine Gewerkschaftsmitgliedschaft gekoppelt", bestätigt ein ZF-Sprecher. Auch ein Sprecher bei MTU erklärt, dass "gewerkschaftlich organisierte Ferienjobber die tarifvertraglich vereinbarte Vergütung" erhalten.
Kein Geheimnis bei Gewerkschaft
Mehr Geld für junge Gewerkschafts-Mitglied? Die IG Metall macht kein Geheimnis daraus. "Nur Mitglieder haben einen Rechtsanspruch auf tarifvertragliche Leistungen", erlärt Helene Sommer, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben; allerdings nur in Unternehmen, die an einen Tarifvertrag mit der Gewerkschaft gebunden sind. Für alle anderen Ferienjobber gelten eben nur die gesetzlichen Regelungen.
Einen Tag Urlaub mehr pro Monat
Und die sehen beispielsweise nur einen Urlaubsanspruch von zwei Tagen pro Kalendermonat vor. Wer in der IG Metall ist, bekommt drei Tage und daraus resultierend auch mehr Urlaubsgeld, das keine gesetzliche Leistung ist. Da die Urlaubstage bei Ferienjobber in der Regel ausbezahlt werden, verdienen Schüler und Studenten deutlich mehr – rund 250 Euro in vier Wochen und rund 400 Euro in acht Wochen Werksarbeit. Was den reinen Lohn anbetrifft, würden ZF-Ferienjobber das Gleiche verdienen – egal, ob sie in der Gewerkschaft sind oder nicht, so das Unternehmen. Und auch bei Überstunden oder Schichtzuschlägen gäbe es keine Unterschiede in der Bezahlung.
2350 Euro für 35 Stunden Arbeit
Gutes Geld für Schüler oder Studenten gibt es so oder so. Am ZF-Standort Friedrichshafen werden Ferienjobber überwiegend in der Fertigung, Montage und Logistik eingesetzt. Julian M. beispielsweise arbeitete überwiegend im Werk 2 im Lager, durfte hier sogar den Staplerführerschein machen. Das Monatsgehalt liegt bei etwa 2350 Euro für 35 Wochenstunden – ohne Zuschläge. Und doch sind die Zusatzleistungen der IG Metall für die meisten Schüler und Studenten als Werksangehörige auf Zeit so attraktiv, um Mitglied der Gewerkschaft zu werden. Zumal der Beitrag gering ist: Wer länger als vier Wochen in den Ferien arbeitet, zahlt einmalig ein Prozent des Monatsbruttos, also rund 23 Euro. Danach ist nur noch der Mitgliedsbeitrag in der Gewerkschaft von 2,05 Euro im Monat für Schüler und Studenten fällig, wenn sie sonst nichts dazu verdienen.
Mehr Vorteile für junge Leute
Julian will "wegen der paar Euro" nicht gleich wieder austreten. Auch die anderen, die mit ihm bei ZF geschafft haben, wollen erstmal in der Gewerkschaft bleiben, erzählt er. Das bestätigt auch Helene Sommer. Die IG Metall biete den jungen Leuten nicht nur mehr Geld, sondern Beratung, Rechtsschutz oder kostenlose Seminare zu Themen rund um den Berufseinstieg etwa.
Strategie der IG Metall geht auf
Für die Gewerkschaft schlägt sich die Anwerbung junger Leute über den Geldbeutel, die es auch bei der MTU in Friedrichshafen oder in den Daimler-Werken gibt, in den Mitgliederzahlen entsprechend nieder. Bei rund 14.000 Mitgliedern der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben machen rund 1000 Ferienjobber, die eintreten, immerhin 14 Prozent aus.
Bei ifm in Tettnang bekommen alle gleich viel
Ohne Belang ist die IG-Metall-Mitgliedschaft in Unternehmen ohne Tarifvertrag, bei ifm in Tettnang etwa. Hier bekommen Ferienjobber mit oder ohne Gewerkschaftsbuch den gleichen Lohn. Es gibt aber auch Tarifunternehmen, die freiwillig allen Ferienbeschäftigten die tarifvertraglichen Leistungen zahlen – ohne dass die jungen Leute vorher einen Mitgliedsantrag bei der Gewerkschaft unterschreiben müssen.
Mehr Mitglieder gewonnen
In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der jungen Leute in der IG Metall deutschlandweit um rund 40 000 Mitglieder angestiegen. So informierte die Gewerkschaft zu Jahresbeginn, als Bilanz für 2017 gezogen wurde. Zum Jahresende 2017 waren demnach 130 436 junge Berufsanfänger Mitglieder der IG Metall, darunter allein 50 000 Studierende. Eingerechnet sind auch Auszubildende und dual Studierende. Wie viele insgesamt als Ferienjobber eingetreten sind, wird bei der Gewerkschaft nicht erfasst. Ende 2017 gehörten der IG Metall insgesamt 2,26 Millionen Menschen an, davon 1,57 Mitglieder in den Betrieben – der höchste Wert in den letzten zehn Jahren. Insgesamt standen knapp 107 000 Neuaufnahmen rund 94 000 Austritte gegenüber. (kck)