Er wiegt so viel wie eine Oberklasse-Limousine, ist auch in seine Maßen nicht größer, mit 2,5 Meter nur etwas höher. Doch im Ego-Mover finden 15 Menschen Platz, nicht nur fünf wie im normalen Auto. Zehn Fahrgäste können in dem elektrischen Stadtbus sitzen, dazu kommen fünf Stehplätze.
Ein kleines Raumwunder. Aber das allein macht noch keinen potenziellen Verkaufsschlager aus dem Fahrzeug, das es ab 2020 tatsächlich zu kaufen geben wird. Es ist der nach Herstellerangaben weltweit erste elektrische Kleinbus mit voller Straßenzulassung. Er darf also im öffentlichen Verkehr unterwegs sein. Und: Der Kleinbus kann automatisiert fahren, kommt also ohne Fahrer aus.
Ab Herbst wird der Ego-Mover auch in Friedrichshafen mit Fahrer im Testbetrieb unterwegs sein, berichtet Robert Buchmeier, Projektleiter bei ZF. Vom Häfler Konzern stammen die wesentlichen Komponenten für den Kleinbus. ZF liefert nicht nur den elektrischen Antrieb, Bremsen und Lenkung, sondern auch Sensoren für die automatisierten Fahrfunktionen.
Die werden mittels künstlicher Intelligenz vom Zentralrechner ZF ProAI gesteuert. „Der Ego-Mover ist das erste serienreife Fahrzeug mit ZF-Systemen, um ein automatisch fahrendes Mobilitätskonzept für Städte zu ermöglichen“, erklärte ZF-Vorstandsvorsitzende Wolf-Henning Scheider im Januar bei der Consumer Electronics Show (CES) in Las Vegas (USA). Hier verkündete Scheider eine Partnerschaft mit dem französischen Verkehrsunternehmen Transdev, das täglich elf Millionen Fahrgäste mit unterschiedlichsten Transportmitteln befördert – quasi der erste Kunde für den Ego-Mover.
Ab Sommer 2020 zu kaufen
Gebaut und vermarktet wird der Kleinbus von der e.GO Moove GmbH, einem Joint Venture der e.GO Mobile AG in Aachen und der Zukunft Ventures GmbH, einem Tochterunternehmen von ZF. In Aachen wird gerade das Werk errichtet, in dem der Ego-Mover, aber auch der Ego-Life, ein Elektroauto der Kleinwagenklasse, vom Band laufen werden.
Wenn die Hallen im Frühjahr 2020 stehen, geht es nach Unternehmensangaben mit der Serienproduktion los. Werk 3 für den Ego-Mover sei auf eine jährliche Produktionskapazität von zirka 15 000 Fahrzeugen pro Schicht ausgelegt, sagt Sprecherin Christine Häußler. Im Sommer 2020 sollen die ersten Kleinbusse zu kaufen sein. In der ÖPNV-Version komme der elektrische Stadtbus mit Fahrerplatz -also ohne Automatisierungsstufe – auf einen Preis von knapp unter 100 000 Euro.
Gibt es denn schon potenzielle Kunden für den Kleinbus? "Das Interesse ist sehr groß", sagt Häußler. Aktuell lägen dem Unternehmen über 100 Projektanfragen für den Ego-Mover vor. Vor allem Verkehrsbetriebe, die mit dem Gefährt bestehende Systeme im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) ergänzen wollen, haben angeklopft. Gerade in der Innenstadt spiele er seine Vorteile am besten aus. Er ist klein und wendig und produziert keine Abgase.
Grüne wollen Kleinbus haben
Damit wäre der Ego-Mover die perfekte Alternative für die Häfler Innenstadt – dachten sich zumindest die Grünen. Im März stellte die Ratsfraktion den Antrag an die Stadtverwaltung, eine Erweiterung des Nahverkehrs-Angebots in der Fußgängerzone zu prüfen. Viele Menschen – Häfler wie Gäste – wünschten sich, bequem die Innenstadt zu erreichen. „Die grüne Fraktion sieht dringenden Handlungsbedarf", erklären die Stadträtinnen Stephanie Glatthaar und Christine Heimpel in einer Pressemitteilung.
Große Busse wie vor 20 Jahren seien aber das falsche Mittel und nicht mehr zeitgemäß. "Wir brauchen emissionsarme Kleinbusse“, so Stephanie Glatthaar. „Mit dem People-Mover von ZF, der mit oder ohne Fahrer einsetzbar ist, können wir am Stammsitz des Unternehmens mit gutem Beispiel vorangehen“, findet Christine Heimpel.
Vorschlag: Rundkurs mit Bus
In ihrem Antrag schlägt die Grünen-Fraktion vor, einen Kleinbus-Rundkurs vom Stadtbahnhof über die Friedrich-, Schanz- und Karlstraße über den Buchhornplatz und von dort über die Friedrichstraße zurück zum Stadtbahnhof einzurichten. Die Verwaltung soll zudem prüfen, ob man mit diesem Angebot den Wegfall der Parkplätze im „Parkhaus am See“ kompensieren kann und ob die Versicherung die Kosten übernimmt.
Nicht zuletzt stehe die Frage im Raum, ob es für diese erweitere ÖPNV-Angebot Fördermittel von Bund, Land oder der EU gebe. „Mit den Kleinbussen könnte die Innenstadt bequem erreicht werden und somit der Autoverkehr und der dadurch entstehende Parkdruck im Innenstadtbereich verringert werden“, schreiben die Antragsteller.

Teststrecke ohnehin in der Stadt
Noch spannender wird die Sache, wenn der Stadtbus dann autonom und automatisiert – eben ohne Fahrer – unterwegs ist. "Der e.Go-Mover kann mit Assistenzfahrfunktionen des höchsten Levels 4 ausgestattet werden", sagt Robert Buchmaier. In Friedrichshafen werden Fahrzeuge mit dem Level 2 und 3 seit vergangenem Herbst – immer noch mit Fahrer an Bord – auf der Teststrecke für automatisiertes Fahren getestet. Die mobile Zukunft ist nicht mehr weit.
Variantenreich
Der Ego-Mover wird nicht nur für den Personennahverkehr gedacht und gebaut. Der Kleinbus ist universell ausbau- und einsetzbar, kann also auch für private oder gewerbliche Transportaufgaben ausgerüstet werden. Umgebaut kann er auch bei der Auslieferung von Waren auf der sogenannten letzten Meile eingesetzt werden. Neben dem People Mover (zu deutsch: Menschenbeweger) sei auch eine Cargo-Version in Planung, bestätigt Christine Häußler. Und mit dem in Genf vorgestellten Ego-Lux mit weißen Ledersitzen und goldenen Radkappen soll das Interesse für einen komfortablen Mini-Bus sondiert werden. (kck)