Es ist ein in Deutschland stark beachtetes Zukunftsprojekt, das derzeit in Friedrichshafen zur Realität wird. Die Teststrecke für autonomes Fahren, die bereits seit Herbst in Betrieb ist, wird in die Innenstadt und die Fußgängerzone erweitert. Das Institut für Weiterbildung, Wissens- und Technologietransfer (IWT) und der Autozulieferer ZF wollen dort Daten sammeln, um das autonome Fahren schon bald möglich zu machen. Ab dem 7. Januar werden Messfahrzeuge der ZF durch die Altstadt und die Innenstadt rollen. Die Strecke verläuft entlang der Eugen-, Olga- und Friedrichstraße, in der Fußgängerzone in durch die Karl- und Schanzstraße. Der Überblick:
Auf einer Pressekonferenz erläuterten die Verantwortlichen die genauen Pläne und Details der Teststrecken-Erweiterung.
Wie viele und welche Autos werden dort fahren?
Wie Torsten Gollewski, Leiter Zentrale Vorentwicklung bei ZF, erläuterte, werden drei verschiedene Fahrzeuge auf der Strecke im Einsatz sein. Diese sehen wie normale Autos aus, werden aber eine Kennzeichnung an der Seite tragen. Maximal sollen zwei Fahrzeugen gleichzeitig unterwegs sein, so die Verantwortlichen.
Im Laufe des Jahres soll auch der gemeinsam von ZF und der Aachener Ego-Mobile GmbH entwickelte "Ego Mover", ein elektrisch betriebener Kleinbus, durch die Straßen der Zeppelinstadt rollen. Wann das aber genau sein wird, ist bisher noch nicht bekannt.
Zu welchen Zeiten fahren die Testfahrzeuge in der Fußgängerzone?
Wie Hans-Jörg Schraitle, Leiter des Amtes für Bürgerservice, Sicherheit und Umwelt, erläuterte, dürfen die Wagen montags bis freitags zwischen 7 und 19 Uhr fahren. Sie bekommen dafür eine Sondergenehmigung und müssen sich an die generelle Regelung halten, Schrittgeschwindigkeit zu fahren. "Wie bisher auch haben Fußgänger und Radfahrer Vorrang", so Schraitle. Veranstaltungen, beispielsweise der Wochenmarkt in der Innenstadt, werden nach Angaben der Stadt von den Testfahrten nicht beeinträchtigt, da sie umfahren werden.

Ist das denn überhaupt sicher?
Ja. Denn alle Autos und auch der Ego Mover werden keineswegs führerlos unterwegs sein, sondern werden von einem Erprobungsingenieur gelenkt. "Den Projektpartnern geht es vor allen Dingen darum, in einem echten Straßenumfeld mit Kameras und Sensoren möglichst viele Daten zu erfassen, die zu Simulationszwecken nötig sind. Denn nur so wird es möglich sein, dass sich autonome Fahrzeuge sicher im Verkehr bewegen", erklärt Torsten Gollewski von der ZF. Hans-Jörg Schraitle betonte, dass alle Fahrzeuge eine Straßenzulassung haben und daher nicht von einer Gefährdung der Fußgänger auszugehen sei.

Warum müssen die Autos dort überhaupt entlang fahren?
Bei der Vorstellung der Pläne erläuterte Torsten Gollewski die Erweiterung: "Mit dieser Teststrecke legen wir den Grundstein für neue Mobilitätskonzepte der Zukunft." Die Fahrzeuge sind mit Kameras, Radar- sowie Lidarsensoren ausgestattet und verfügen über einen Hochleistungsrechner, der die erfassten Umfeldsignale verarbeitet und auswertet. "Mit den bei den Test- und Messfahrten gesammelten Daten können wiederum Fahrten simuliert werden, diese Simulationen verringern dann den Bedarf an realen Testfahrten", so Gollewski. Ziel ist es, dass die Fahrzeuge mithilfe der Daten darauf trainiert werden, auch mit komplexen Verkehrssituationen umzugehen. So können sich in einigen Jahren autonome Fahrzeuge sicher im Verkehr bewegen und neue Möglichkeiten der Mobilität schaffen, hoffen die Projektverantwortlichen.
Werden die Ampelanlagen aufgerüstet?
Derzeit werden bereits die Ampelanlagen entlang des ersten Streckenabschnittes in der Nordstadt ausgerüstet. "Es geht dabei um so genannte Road Side Units, die mit den Autos in Verbindung stehen, aber auch um sie barrierfrei und blindengerecht auszustatten", erklärt Erster Bürgermeister Stefan Köhler. Insgesamt investiert die Stadt Friedrichshafen rund 1,5 Millionen Euro in diese technische Ausstattung. Die Stadt betont dabei aber auch, ein großes Interesse daran zu haben, innovative und zugleich sichere Weiterentwicklungen zu fördern.
Warum muss diese Teststrecke in Friedrichshafen sein?
Alle Projektverantwortlichen betonen, dass die Teststrecke Modellcharakter hat. Denn viele bereits bestehende Strecken befinden sich nicht in der Stadt und können so auch nicht die nötigen Daten liefern, die für detaillierte Simulationen nötig sind. Zudem hat die Strecke den Vorteil, ganz in der Nähe der ZF zu sein, die die Entwicklung technisch vorantreiben will. "Wir sind froh, dass wir mit der Stadt Friedrichshafen einen Partner haben, der uns diese Zukunftstechnologien erproben lässt. So können wir aus dem Labor direkt auf die Teststrecke", erklärt Gerhard Gumpolitsberger, Leiter Innovationsprojekte bei ZF. "Es wäre komisch, wenn Friedrichshafen eine solche Teststrecke nicht möglich machen würde, schließlich sind wir mit der ZF eng verknüpft", sagt Bürgermeister Stefan Köhler.
Was passiert mit den gesammelten Daten?
„Die Datensicherheit ist dabei stets gewährleistet, denn die gesammelten Daten werden strikt gemäß Datenschutzgesetzen verwendet“, sagt Torsten Gollewski.
Wie geht es weiter mit der Teststrecke?
Sarah Kluge, Kaufmännische Leiterin bei der IWT, erklärt, dass künftig auch andere Partner die Teststrecke nutzen könnten. "Das Ganze soll ein offenes Projekt sein, um auch andere Technologien erproben zu können", erklärt Kluge. Es gäbe bereits ein großes Interesse anderer Unternehmen, sich an dem Projekt zu beteiligen. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass deswegen mehr Autos unterwegs sein werden. Es könnten auch beispielsweise Antennen getestet werden oder Kommunikationsunternehmen könnten neue Technologien ausprobieren. Zudem gehe es darum, die Akzeptanz in der Bevölkerung zum autonomen Fahren zu erforschen.