Kerstin Mommsen und Jana Meßmer

Schwarz verschimmelte Butter, abgelaufenes Hähnchen- und Putenfleisch, keimbelastete Nudeln oder verschimmelter Ingwer sind nur ein paar Schlagworte, die im aktuellen Bericht über die „Ergebnisse von Kontrollen der amtlichen Lebensmittelüberwachung“ des Bodenseekreises nachzulesen sind. Die Bilder in dieser Geschichte stammen aus dem Archiv des Veterinäramtes und sich nicht mit den aktuellen Kontrollergebnissen in Zusammenhang zu bringen, sondern dienen als Beispiele.

Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Dieses Muschelfleisch, das die Lebensmittelkontrolleure bei ihrer Arbeit entdeckten, ist von einem ...
Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Dieses Muschelfleisch, das die Lebensmittelkontrolleure bei ihrer Arbeit entdeckten, ist von einem Schimmelrasen überzogen. | Bild: Landratsamt Friedrichshafen

Es geht aber auch um ungekühlte Lebensmittel, verschmutzte Küchengeräte, erhöhte Keimzahlen oder um Schinken, der eigentlich gar keiner ist.

Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Auch Kaffeemaschinen können im Laufe der Zeit zu einer ekeligen Angelegenheit werden.
Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Auch Kaffeemaschinen können im Laufe der Zeit zu einer ekeligen Angelegenheit werden. | Bild: Landratsamt Friedrichshafen

Wenn Lebensmittelkontrolleur Markus Bulach seinen Job macht, wird er nicht immer mit offenen Armen empfangen. „Manche geben uns sehr deutlich zu verstehen, dass wir nicht willkommen sind, manche aber sind sogar dankbar für die Hinweise, um ihre Abläufe zu verbessern“, erzählt Markus Bulach.

Nicht immer ist Lebensmittelkontrolleur Markus Bulach bei seinen „Kunden“ willkommen.
Nicht immer ist Lebensmittelkontrolleur Markus Bulach bei seinen „Kunden“ willkommen. | Bild: Guy Simon

Er ist einer von acht Kontrolleuren, die für das Landratsamt die Gaststätten in Friedrichshafen inspizieren. Bei den unangemeldeten Kontrollen entdecken die Kontrolleure täglich Auffälligkeiten. Zu schwerwiegenden Beanstandungen komme es allerdings eher selten. Doch Markus Bulach sagt: „Ich weiß morgens nicht, wo ich mittags rein komme.“ Er hat in seiner Berufslaufbahn schon so einiges gesehen – angefangen von weiß verschimmelten Würsten über verdreckte Fleischwölfe bis hin zu Schädlingen wie Kakerlaken oder Mäuse und Ratten in den Lagerräumen.

Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Schimmelige Salami gehört nicht in einen Gastronomiebetrieb.
Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Schimmelige Salami gehört nicht in einen Gastronomiebetrieb. | Bild: Landratsamt Friedrichshafen

„Besonders in Nähe zum See stellen Ratten und Mäuse ein echtes Problem dar, um das sich Gastronomen kümmern müssen“, weiß der Fachmann. Wenn er in einen Lagerraum kommt, in dem Lebensmittel neben Mäusekot lagert, muss auch er schlucken. „Dabei bin ich eigentlich nicht besonders empfindlich“, erzählt er.

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Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Manchmal entdecken die Kontrolleure auch unter den Schränken Schmutz, der dort nicht hingehört.
Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Manchmal entdecken die Kontrolleure auch unter den Schränken Schmutz, der dort nicht hingehört. | Bild: Landratsamt Friedrichshafen

Auf der Ergebnisliste des Veterinäramts sind einige Gastronomiebetriebe in Friedrichshafen aufgeführt, darunter diverse Imbissbuden, aber auch Lokale wie das „Al Porto„ oder das italienische Restaurant „La Scala“.

Das italienische Restaurant „La Scala“ am Bodenseecenter.
Das italienische Restaurant „La Scala“ am Bodenseecenter. | Bild: Jana Meßmer

Wir haben alle aufgeführten Gastronomiebetriebe kontaktiert. Nicht alle Verantwortlichen wollten sich zu den Kontrollen äußern. Bich-Thi Nguyen Thanh vom „Fernost Garten“ aber teilte mit, dass die Mängel umgehend behoben und beseitigt worden seien. Und: „Die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse erachten wir für sinnvoll und gut, da sie dem Kunden die Transparenz bietet, welche man sich als Kunde selber wünscht.“

Bei der Kontrolle am 9. Mai entdeckten die Kontrolleure in Gastronomiebetrieben unter anderem offen gelagerte Fischfilets, eine verschmutzte Aufschnittmaschine, mehrere verschmutzte Behältnisse und Bedarfsgegenstände, die direkt mit Lebensmitteln in Kontakt kommen.

Sind die Kontrollen Schikane?

Enrico Tattavito, seit 16 Jahren Geschäftsführer des „Ristorante Pizzeria La Scala“, betont, dass die Kontrollen bereits seit Bestehen des Restaurants stattfinden und es bisher lediglich Beanstandungen in geringem Umfang gegeben habe. „Die Kontrolle im Mai begann kurz nach 13.30 Uhr. Im Restaurant ist zu dieser Zeit das Mittagsgeschäft noch in vollem Gange. Wir bereiten 250 bis 300 Mittagessen zu. Es ist schlicht unmöglich, zur Hauptgeschäftszeit die Küche in einen Zustand zu versetzen, der einer Überprüfung standhält“, meint Tattavito. Er empfindet die Kontrolle in der Mittagszeit als Schikane.

Enrico Tattavito, Geschäftsführer des Restaurants „La Scala“ empfindet Kontrollen in der Mittagszeit als Schikane.
Enrico Tattavito, Geschäftsführer des Restaurants „La Scala“ empfindet Kontrollen in der Mittagszeit als Schikane. | Bild: Marcel Jud

Der 40-Jährige hat laut eigener Aussage infolge der Kontrollergebnisse das Personal verstärkt. Er beschäftige nun zwei Personen, die speziell für das Spülen und Aufräumen in der Küche zuständig seien. Sein Team und er seien stets bemüht, eine gute und saubere Arbeit abzuliefern und der Erfolg bestätige sie darin, dass ihnen dies grundsätzlich gelinge. Seine Kundschaft wisse das, doch fürchtet der Geschäftsführer, der Kontrollbericht könne sein Image bei Neukunden und Urlaubern schädigen. Grundsätzlich findet Tattavito das Prinzip der Veröffentlichung gut, jedoch wünscht er sich, dass auch die Umstände der Kontrolle transparent dargestellt werden.

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Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Manchmal finden die Lebensmittelüberwacher auch rohes Fleisch, das bereits mit grünen ...
Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Manchmal finden die Lebensmittelüberwacher auch rohes Fleisch, das bereits mit grünen Bakterienkulturen übersät ist. | Bild: Landratsamt Friedrichshafen

Seit April diesen Jahres können sich Verbraucher gleich doppelt sicher sein: Das Landratsamt macht schwerwiegende Verstöße oder Täuschungen öffentlich. Laut Gesetz müssen Verstöße, die mit einem Bußgeld von über 350 Euro geahndet werden oder von nicht unerheblichem Ausmaß sind, für sechs Monate öffentlich einsehbar sein. Danach werden sie gelöscht.

Günter Herrmann, Amtsleiter des Veterinäramts, betont aber, dass landesweit nur in einem Prozent aller Betriebe überhaupt Beanstandungen veröffentlicht werden. Doch wer auf die Liste kommt, steht dort unter der Nennung von Anschrift, Namen und der Art des Verstoßes. Dabei ist Kontrolleur Markus Bulach wichtig darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Berichten immer um Momentaufnahmen handele. „Der mündige Bürger kann mit diesen Informationen selbst entscheiden, ob er die bemängelten Lokale weiterhin besuchen möchte“, betont Bulach.

Lebensmittelkontrolleur Markus Bulach schaut, ob die Betriebe die gesetzlichen Vorschriften einhalten.
Lebensmittelkontrolleur Markus Bulach schaut, ob die Betriebe die gesetzlichen Vorschriften einhalten. | Bild: Guy Simon

„Schwachsinn ist die Veröffentlichung der Berichte“, empört sich Imbissbetreiber Yücel Kum: „Mein Nachbar hat deswegen seine Küche geschlossen. Diese Leute spielen mit dem Leben von guten Menschen. Lappalien zu veröffentlichen, schädigt unserem Geschäft und nutzt niemandem.“ Kum gehört sowohl der Imbiss „Izmir Kebap“ in der Paulinenstraße als auch das „City Kebap“ in der Häfler Innenstadt. Beide Lokale wurden in der Liste des Landratsamts beanstandet.

Das Lokal „City Kebap“ in der Innenstadt.
Das Lokal „City Kebap“ in der Innenstadt. | Bild: Jana Meßmer

„Wenn man so etwas beim zweiten Verstoß veröffentlicht, kann ich das verstehen. Oder wenn sich jemand nicht darum kümmert, die Mängel sofort zu beseitigen. Aber so wie es ist, macht das ganz viel kaputt“, sagt Kum. In seinem Betrieb fanden die Lebensmittelüberwacher abgelaufene Hähnchen- und Putenbrustfilets. „Das war das Privateigentum eines Mitarbeiters“, empört sich der Imbissbetreiber.

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Auf der Karte stünden ohnehin keine Gerichte mit Hähnchen- oder Putenbrustfilet. „Ich verkaufe nur Putendöner. Und da ist das Fleisch einwandfrei und direkt vom Spieß“, so Kum. Er kenne einen anderen Gastwirt, der bereits einen Anwalt eingeschaltet habe, erzählt der Restaurantbetreiber. „Und die sozialen Netzwerke machen alles noch schlimmer. Auf Facebook verbreiten sich diese Nachrichten wie ein Lauffeuer.“

Die Gaststätte „Izmir-Kebap“ in der Paulinenstraße.
Die Gaststätte „Izmir-Kebap“ in der Paulinenstraße. | Bild: Jana Meßmer

Die Kontrolleure schauen auch, ob die festgestellten Mängel beseitigt wurden, auch das wird in der Liste vermerkt. Inspektor Markus Bulach hat von seinen „Kunden“ schon viele Ausreden gehört. „Beliebt ist, zu sagen, dass die Lebensmittel Privatbesitz seien oder selbstverständlich nicht mehr verkauft werden“, erzählt er. Doch das ist bei einer Beanstandung egal. Schimmelsporen etwa verbreiten sich über die Luft, private Lebensmittel haben zudem in Betriebsräumen nichts verloren. „Es ist übrigens nicht so, dass automatisch größere Betriebe mehr Wert auf Hygiene legen – es gibt im Gastronomiebereich keine Regel“, erklärt er.

Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Auch Bierzapfhähne müssen gereinigt werden. Fliegen Essigfliegen darum herum, ist das ein sicheres ...
Aus dem Archiv des Veterinäramtes: Auch Bierzapfhähne müssen gereinigt werden. Fliegen Essigfliegen darum herum, ist das ein sicheres Zeichen für Verschmutzung. | Bild: Landratsamt Friedrichshafen

Als großes Problem sieht Markus Bulach, dass in Deutschland jeder eine Gastronomie eröffnen kann, ohne vorher eine besondere Ausbildung oder Prüfung ablegen zu müssen. Und die Hygienevorschriften sind streng. So müssen Küchengeräte wie Aufschnittmaschinen oder Schankanlagen täglich komplett gereinigt werden. An Ablagerungen in Zwischenräumen oder den Auslasshähnen erkennt der Fachmann, ob diese Reinigung ausreichend durchgeführt wurde. Markus Bulach ist nicht nur Kontrolleur, sondern auch Küchenmeister und kann den Betrieben daher zweckmäßige Praxistipps geben. „Manche Betriebe freuen sich darüber, wenn ich Ihnen mit meiner Expertise helfen kann“, erzählt Bulach lächelnd.