„Haben Sie auch bei Thomas Cook gebucht?“ Während die beiden Berater im Reisebüro in der Häfler Buchhornpassage im Gespräch mit Kunden sind, warten schon die nächsten Leute vor der Tür. Draußen sieht alles wie gewohnt aus. An der Litfaßsäule hängen -zig Urlaubsangebote von Bucher-Reisen, Neckermann, Öger-Tours. Doch keine davon wird mehr verkauft. Denn alle diese Veranstalter gehören zu Thomas Cook.

Reisen ab 23. und 24. September finden nicht statt

Am frühen Morgen gab die deutsche Tochter des Londoner Reisekonzerns auf ihrer Internetseite bekannt, dass sich die Thomas Cook GmbH gezwungen sehe, „auf Notgeschäftsführung umzustellen“. Das bedeutet: Reisen mit Abflug oder Abfahrt am 23. und 24. September finden nicht statt. Und: „Jeglicher Verkauf von Reisen ist gestoppt.“

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Ehepaar wollte auf Insel Kos fliegen

Der Insolvenzantrag scheint auch dem Häfler Ehepaar Helmut und Edeltraud den Urlaub zu vermasseln. Sie haben bei Neckermann gebucht und wollten eigentlich am Dienstagmorgen mit der Fluggesellschaft Condor von Stuttgart auf die griechische Insel Kos fliegen. Beide Unternehmen gehören zu Thomas Cook. „Wir lassen uns überraschen und warten mal ab“, sagte Helmut am Montagvormittag nach dem Besuch im Reisebüro. Bis 15 Uhr sollte das Ehepaar ein Anruf erreichen, ob der Flieger geht oder nicht.

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Nachmittags ist klar: Sie müssen zuhause bleiben

Am frühen Nachmittag ist jedoch klar, dass sie zuhause bleiben müssen. Urlauber, die mit Thomas-Cook-Veranstaltern gebucht haben, dürfen nicht mehr an ihr Reiseziel gebracht werden. „Ich hab‘ meiner Frau gesagt, wir hätten doch mit dem Auto nach Kroatien fahren sollen, da sind wir von niemandem abhängig“, schimpft der Rentner. Das Ehepaar sieht die Sache trotzdem relativ entspannt, denn abgebucht habe der Reiseveranstalter noch nichts. Nur die Gebühr für den Parkplatz am Stuttgarter Flughafen sei wohl umsonst bezahlt. Das deutsche Recht schützt Pauschaltouristen ohnehin vor den Folgen von Insolvenzen.

Kundin bereits zum zweiten Mal dieses Jahr von Pleite betroffen

Dass Thomas Cook nach der Anzahlung den Restbetrag nicht wie vereinbart am 2. September abgebucht hat, „fand ich seltsam“, sagte eine Häflerin, die ihren Namen nicht nennen möchte. Für sie ist es jetzt schon die zweite Pleite-Erfahrung mit einem Reiseveranstalter in diesem Jahr. Im Frühjahr war sie von der Insolvenz der Fluggesellschaft Germania betroffen, auch wenn der Flug nach Kreta dank einer Umbuchung damals doch noch klappte.

Kundin wunderte sich, warum Reisekosten noch nicht abgebucht sind

Deshalb habe sie diesmal auch im Reisebüro in der Buchhornpassage angerufen und nachgefragt, warum die Reisekosten noch nicht abgebucht wurden. Da hieß es, sie solle sich keine Sorgen mache, erzählt die Häflerin. Vor zehn Tagen seien auch die Reiseunterlagen gekommen. Zwar sind bis zum geplanten Reiseantritt am 2. Oktober noch ein paar Tage Zeit. Doch ob der Flug mit Condor stattfindet und ihr Reiseveranstalter Air Marin bis dahin noch am Markt ist? „Ich muss abwarten, hat mir der Berater gesagt“, erzählte sie.

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Murat Göran verkaufte sein Reisebüro vor gut zwei Jahren an Thomas Cook

Murat Göran vom Thomas-Cook-Reisebüro in der Buchhornpassage darf selbst keine Auskunft gegenüber unserer Zeitung geben. Trotz der Insolvenz seines Arbeitgebers ließ er die Kunden gestern nicht im Regen stehen. Freundlich und geduldig beriet er die Menschen, von denen nicht jeder ruhig und verständnisvoll blieb. Erst vor zweieinhalb Jahren hatte er sein Reisebüro an den Konzern verkauft.

Jetzt bangt er um seinen Arbeitsplatz

Jetzt ist er einer von über 20 000 Mitarbeitern von Thomas Cook, die um ihren Arbeitsplatz bangen müssen.

Flughafen: Keine Flüge am Bodensee Airport gechartert

Nur marginal betroffen von der Insolvenz ist der Flughafen Friedrichshafen. Thomas Cook oder seine Gesellschaften hätten am Bodensee Airport keine Flüge gechartert, erklärt Pressesprecher Andreas Humer-Hager auf Anfrage unserer Zeitung. Allerdings könnten Fluggäste betroffen sein, die Pauschalreisen ab Friedrichshafen gebucht haben, die beispielsweise nach Antalya oder Hurghada gehen. „Mehr wissen wir auch nicht.“