Einen Tag nach der Nachricht, dass die Fluglinie Germania ihren Flugbetrieb eingestellt hat, herrscht Katerstimmung beim Bodensee-Airport. Während die Reiseveranstalter fieberhaft versuchen, in den Urlaubsgebieten gestrandete Passagiere zurückzuholen und ihre Kunden auf andere Flüge umzubuchen, müssen sich auch die Gesellschafter des Flughafens Friedrichshafens Gedanken um die Zukunft machen. Denn finanzielle Engpässe sind zumindest zu erwarten, weil mit dem Germania-Aus ein Drittel aller Passagiere und damit auch des Umsatzes erst einmal wegfällt.
Der Bodenseekreis hält 39,38 Prozent der Anteile.
Pressesprecher Robert Schwarz schreibt auf Anfrage des SÜDKURIER: "Der Ausfall der Germania trifft uns hart aber nicht unvorbereitet. Die Fluggesellschaft hat erheblich zum Passagieraufkommen des Airports beigetragen und hat wichtige Verbindungen zu interessanten, vor allem touristischen Zielen ermöglicht. Die Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit hat gezeigt, dass solch eine Lücke nicht so schnell zu füllen sein wird, obwohl Markt und Nachfrage erwiesenermaßen vorhanden sind. Die Vorteile dieses regionalen Flugangebotes werden in der Bodenseeregion sehr geschätzt. Der Flughafen wird nun die nötigen Schritte einleiten, um den finanziellen Schaden möglichst gering zu halten. Natürlich müssen auch die finanziellen und organisatorischen Planungen an die neue Situation angepasst werden."
Auf die Frage, ob sich der Kreis an einer erneuten Finanzspritze beteilige, solle diese nötig sein, heißt es: "Wie sich der Bodenseekreis als Gesellschafter des Flughafens zu möglichen künftigen Szenarien positionieren wird, wird nach genauer Analyse in den dafür zuständigen Gremien zu beraten sein."
Erst Ende 2017 hatten die beiden Hauptgesellschafter, die Stadt Friedrichshafen und der Bodenseekreis, neue Darlehen in Höhe von 17,4 Millionen Euro gewährt.
Monika Blank, Pressesprecherin der Stadt Friedrichshafen, die auch 39,38 Prozent der Anteile hält, antwortet: "Natürlich ist diese Nachricht ein Rückschlag für den Bodensee-Airport Friedrichshafen, auch wenn die ersten Anzeichen einer drohenden Insolvenz der Germania bereits in den letzten Tagen und Wochen sichtbar geworden sind. Markt und Nachfrage sind vorhanden, die Vorteile dieses regionalen Flugangebotes werden in der Bodenseeregion gerne genutzt. Aufgabe der Flughafen-Geschäftsführung ist nun, die Auswirkungen möglichst einzugrenzen sowie die kurz-, mittel- und langfristige Planung neu auszurichten und mit Aufsichtsrat und Gesellschaftern abzustimmen.“
Auch das Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg zeigt sich zurückhaltend. "Nun gilt es, die Auswirkungen auf den Flughafen Friedrichshafen genau zu prüfen. Das ist Aufgabe der Geschäftsführung. Wir greifen dieser Prüfung nicht vor und können deshalb keine Aussagen zu möglichen weiteren Schritten machen", schreibt Pressesprecherin Martina Schäfer.
Oliver Hillinger, Pressesprecher im Ministerium für Verkehr, betont die Wichtigkeit des Bodensee-Airports: "Der Flughafen Friedrichshafen ist nach den Passagierzahlen der drittgrößte Verkehrsflughafen in Baden-Württemberg. Er ist eine wichtige Infrastruktureinrichtung am Bodensee, die auch von Passagieren aus Vorarlberg und der Schweiz genutzt wird. Der Flughafen ist von großer Bedeutung für den Geschäfts- und Werkflugverkehr der am Bodensee ansässigen international tätigen Unternehmen." Für finanzielle Fragen sei aber das Finanzministerium zuständig.
Der Verkehrsexperte der Grünen-Fraktion, Thomas Marwein, wird dagegen deutlicher: „Regionalflughäfen müssen aus der Region getragen werden. Wir haben im grün-schwarzen Koalitionsvertrag vereinbart, dass in begründeten Einzelfällen zur Verbesserung regionaler Luftverkehrsstandorte einmalige Investitionsmittel gewährt werden können. Das haben wir mit einer Million Euro Beteiligung am Gesellschafterdarlehen für das Haushaltsjahr 2019 getan. Wiederkehrende Finanzhilfen sehen wir nicht vor. Für den kostendeckenden Betrieb muss der Flughafen sorgen. Für 2019 sind im Haushalt keine weiteren Zuschüsse des Landes vorgesehen.“
Thomas Dörflinger, verkehrspolitischer Sprecher der CDU im Landtag, verweist darauf, dass noch unklar sei, ob es dem Bodensee-Airport gelinge, die von Germania gerissene Lücke mit einer anderen Airline zu füllen. "Wie das Land reagieren wird, das ist noch nicht abzusehen", so Dörflinger. Fest stehe aber, dass die CDU die Bedeutung des Regionalflughafens im Blick habe. "Die Insolvenz von Germania und die Folgen für den Flughafen Friedrichshafen sind natürlich für alle Beteiligten bitter", stellt Dörflinger fest.
Die Gesellschafter
Finanziell tragen vor allem die Stadt Friedrichshafen und der Bodenseekreis die Flughafen Friedrichshafen GmbH (FFG).
- Gesellschafter der FFG sind (in Klammern stehen immer die Prozente der Anteile): die Stadt Friedrichshafen (39,38), der Bodenseekreis (39,38), das Land Baden-Württemberg (5,74), die ZF Friedrichshafen AG (4,32), die Technische Werke Friedrichshafen GmbH (4,11), die Luftschiffbau Zeppelin GmbH (3,54), die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (1,57), die DADC Luft- und Raumfahrt Beteiligungs GmbH (Airbus/Dornier, 0,98) und die MTU Friedrichshafen GmbH (0,98). Die Stadt hat unmittelbaren Einfluss auf die Stiftungsbetriebe ZF und die Luftschiffbau GmbH sowie auf die eigene Tochter Technische Werke.
- Schulden der Vergangenheit: Ab 2012 war es gelungen, die jährlichen Verluste der Flughafen GmbH deutlich nach unten zu fahren. Für das Jahr 2014 wurde ein Verlust von 480 000 Euro ausgewiesen, nach 1,2 Millionen Euro für 2013 und 4,6 Millionen Euro für 2012. Im Jahr 2017 belief sich der Verlust auf 1,7 Millionen Euro, im Jahr 2016 waren es 1,5 Millionen Euro. (mom)