Die DRF-Luftrettung fordert bundesweit eine Verbesserung beim Disponieren von Notfällen. In Zusammenarbeit mit Fachverbänden und Hilfsorganisationen will die DRF-Luftrettung bei der Disposition von Rettungsmitteln flächendeckend die sogenannte Next-Best-Strategie umsetzen, die sie vor Kurzem bei der Präsentation ihrer Halbjahresbilanz in Filderstadt vorstellte. Dabei geht es darum, die Einsatzzeit zwischen der Meldung eines Notfalls und der Einlieferung in ein Krankenhaus zu verkürzen.
Wo die Leitstelle Bodensee-Oberschwaben Hubschrauber anfordert
Ein DRF-Rettungshubschrauber ist in Friedrichshafen am Klinikum stationiert: Christoph 45. Angefordert werden von der Leitstelle Bodensee-Oberschwaben in Notfällen auch häufiger Christoph 11 der DRF-Luftrettung in Villingen-Schwenningen und Rega 7 der Schweizer Rettungsflugwacht Rega aus St. Gallen sowie andere Rettungshubschrauber aus Zürich, Vorarlberg, Tirol und Lichtenstein. Das berichtet Jörg Pfeifer, Fachbereichsleiter der Integrierten Leitstelle Bodensee-Oberschwaben. Diese hat zwei verknüpfte Standorte in Friedrichshafen und Ravensburg, die vom Rettungsdienst Bodensee-Oberschwaben des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) betrieben werden. In der Integrierten Leitstelle landen alle Notrufe aus den Kreisen Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen.
Next-Best-Strategie soll bei sogenannten Tracerdiagnosen greifen
Ziel der Next-Best-Strategie der DRF ist, bei sogenannten Tracerdiagnosen die Zeit zwischen der Meldung des Vorfalls und der Einlieferung in ein spezialisiertes Krankenhaus möglichst kurz zu halten. Zu dieser Art von Diagnosen gehören beispielsweise Schlaganfälle, akute Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkte oder schwere Verletzungen.
Fokus liegt vielerorts auf Einhaltung der Hilfsfrist
Nach Auskunft der DRF-Luftrettung liege der Fokus bei Rettungseinsätzen in Deutschland derzeit auf der Einhaltung der sogenannten Hilfsfrist, der Zeit, die zwischen der Meldung eines medizinischen Notfalls an eine Leitstelle und dem Eintreffen der Helfer am Unglücksort liegt. Diese beträgt nach der Empfehlung der Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands zehn Minuten. Rechtlich ist laut baden-württembergischen Rettungsdienstgesetz (RDG) eine Zeitspanne von zehn bis 15 Minuten festgeschrieben.
Prähospitalzeit sollte maximal eine Stunde betragen
Neben der Next-Best-Strategie sollte laut DRF auch die sogenannte Prähospitalzeit berücksichtigt werden. Gemeint ist damit die Zeit zwischen der Benachrichtigung über einen Notfall und dem Eintreffen der Retter mit dem Patienten in einer für das Verletzungs- beziehungsweise Erkrankungsbild am besten geeigneten Klinik. Die Prähospitalzeit sollte laut DRF maximal 60 Minuten betragen.
Hubschrauber und Rettungswagen gleichzeitig losschicken
In der Praxis sehe das Benachrichtigungssystem nach Informationen der DRF-Luftrettung bei Tracerdiagnosen in der Regel so aus: Bei einem Notfall werde ein Rettungswagen losgeschickt, entweder gleich zusammen mit einem Notarzt oder dieser werde erst später nachgefordert. Erst dann werde gegebenenfalls ein Hubschrauber angefordert. „Wertvolle Minuten verstreichen beispielsweise, wenn der Hubschrauber erst nach Eintreffen eines bodengebundenen Notarztes für den Transport in eine Spezialklinik alarmiert wird“, meint dazu Peter Huber, Vorstand der DRF-Luftrettung, in einer Mitteilung. Die DRF-Luftrettung will bei Tracerdiagnosen erreichen, dass Rettungswagen und Hubschrauber zusammen mit dem Notarzt zeitgleich losgeschickt werden und der Patient dann, je nach Situation, mit dem Hubschrauber oder dem Rettungswagen in die Klinik transportiert wird.
Leistelle Bodensee-Oberschwaben nutzt GPS-Taktik
Nach Auskunft von Jörg Pfeifer nutzt die Leitstelle Bodensee-Oberschwaben eine sogenannte GPS-Taktik. Das bedeute, der Ablauf sei wie vom DRF beschrieben, allerdings erhalte man an den Standorten in Friedrichshafen und Ravensburg neben den Notrufinformationen auch die aktuelle Position der Rettungswagen.
Verfügbarkeit von Rettungshubschraubern im Blick
Zum Einsatzort losgeschickt werde der zeitlich nächste verfügbare Rettungswagen und gegebenenfalls der Notarzt. Gleichzeitig habe man an den Leitstellenstandorten die Verfügbarkeit der Rettungshubschrauber im Blick. Wenn aufgrund einer Tracerdiagnose ein Rettungshubschrauber benötigt wird oder auch die Notaufnahme einer Klinik aufgrund mehrerer Einlieferungen von Schwerverletzten überlastet ist, werde dieser vom Disponenten alarmiert, erläutert Pfeifer.
Rettungsmittel sollen künftig in einem System erfasst werden
Es sei geplant, dass in Zukunft alle Rettungsfahrzeuge und -hubschrauber in einem System erfasst werden. Dieses solle dann automatisch die effektivste Rettungsmöglichkeit errechnen.
Einsätze und Notrufe im ersten Halbjahr 2019
- Die DRF-Luftrettung flog im ersten Halbjahr dieses Jahres mit Christoph 45 von Friedrichshafen aus 452 Notfalleinsätze, hinzu kamen 107 Intensivtransporte. Insgesamt macht das 559 Einsätze, genauso viele wie im Vorjahreshalbjahr, wo 456 Notfalleinsätze und 103 Intensivtransporte gezählt wurden.
- 2018 wurden von Friedrichshafen aus 1050 Einsätze geflogen. Die DRF-Luftrettung leistete im ersten Halbjahr 2019 nach eigenen Angaben insgesamt 20 662 Einsätze, davon 19 309 von ihren Stationen in Deutschland aus.
- An 13 der 35 Stationen in Deutschland, Österreich und Liechtenstein sind die Rettungs-Crews rund um die Uhr einsatzbereit. Friedrichshafen gehört nicht dazu. Hier gibt es nur eine Flugerlaubnis von frühestens 7 Uhr bis Sonnenuntergang.
- Zur DRF-Luftrettung gehören auch die österreichische Ara-Flugrettung und die Northern Helicopter GmbH (NHC) in Norddeutschland. Beteiligt ist die DRF-Luftrettung im Netzwerk der AP3-Luftrettung in Liechtenstein.
- Bei der Integrierten Leitstelle Bodensee-Oberschwaben gingen bis Ende Juli 59 319 Anrufe über die Nummer 112 und 52 157 Anrufe über die 19222 ein.