Die Zahl der Infizierten steigt schier unaufhaltsam. Am Dienstagabend meldete das Landesgesundheitsamt für den Bodenseekreis den neuen Inzidenz-Höchstwert von 637. Allein seit dem Vortag hatten sich 340 Menschen mit dem Virus neu angesteckt.
MCB erwartet Verdreifachung der stationären Patienten
Das hat zur Folge, dass auch immer mehr Patienten im Krankenhaus versorgt werden müssen. Beim Medizin Campus Bodensee (MCB) schaut man deshalb mit großer Sorge auf die aktuelle Entwicklung. „Wir erwarten eine Verdoppelung der intensiv-medizinisch zu versorgenden und eine Verdreifachung der isoliert zu versorgenden Covid-19-Patienten in den kommenden Tagen. Diese Aufgabe kann das Klinikum Friedrichshafen allein nicht stemmen“, sagt Jochen Wöhrle, Chefarzt der Klinik für Intensivmedizin, laut einer Mitteilung.

31 Corona-Patienten, darunter sogar ein Dreijähriger
Aktuell werden nach MCB-Angaben 31 Corona-Patienten stationär behandelt, von denen 21 definitiv nicht geimpft sind. Auch ein dreijähriges Kind ist darunter. Sechs Patienten – 24 bis 84 Jahre alt – waren seit letztem Mittwoch auf der Intensivstation, davon fünf nicht geimpft. Zwei der Intensivpatienten konnten auf die „normale“ Corona-Station verlegt werden, drei starben. Ein 49-jähriger Mann muss seit zwei Wochen beatmet werden. Nach MCB-Angaben sind rund 80 Prozent der Corona-Patienten im Krankenhaus nicht geimpft.
Bei einer Verdopplung der intensivpflichtigen Patienten kommt das Klinikum Friedrichshafen also an die Kapazitätsgrenze von zehn Intensivbetten auf der Corona-Station. Bei einer Verdreifachung der Patienten, die stationär behandelt werden müssen, wie es Chefarzt Wöhle befürchtet, reichen selbst drei Isolier-Stationen im Klinikum Friedrichshafen nicht mehr aus, um alle zu versorgen.
Auch Klinik Tettnang versorgt nun Corona-Patienten
Deshalb beteiligt der MCB ab sofort auch die Klinik Tettnang an der Versorgung von Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind. Bislang hatte der Klinikverbund alles daran gesetzt, das Tettnanger Krankenhaus Corona-frei zu halten. Trotz eines großen Ausbruchs im Dezember 2020 ging die Strategie bisher auf, infizierte Patienten im Klinikum Friedrichshafen zu konzentrieren. Jetzt werden Patienten, die in Tettnang eingeliefert werden und positiv getestet sind, auch dort versorgt. Aktuell sei ein Corona-Patient auf Station.

Doch nicht nur räumlich wird es eng am MCB. Ohne genügend Personal wird die Versorgung noch schwieriger. Gerade die Betreuung von isolierten Corona-Patienten braucht mehr Zeit – nicht nur, weil das Personal nur im Vollschutz ans Bett treten darf und die gesamte Montur nach jedem Kontakt gewechselt werden muss.
Mehr Personal wird krank
„Die Pflegekräfte sind seit vielen Monaten enorm gefordert und erkranken zum Teil auch selbst“, teilt der MCB mit. So wurden seit Mittwoch vergangener Woche fünf Beschäftigte des MCB positiv getestet. „Die kommenden Wochen werden wegen Corona holperig. Wir brauchen jeden einzelnen von uns allen, um die Pandemie zu bewältigen“, sagt Volker Wenzel, Chefarzt der Klinik für Intensiv- und Notfallmedizin.

Die angespannte Situation schlägt sich im Klinikum Friedrichshafen bereits seit Mitte November auch auf das OP-Programm nieder. Geplante Eingriffe werden verschoben, was sich einfach anhört, aber nur bedingt funktioniert. „Hinter jedem einzelnen ‚geplanten‘ Patienten steht eine individuelle Krankheitsgeschichte, stehen Schmerzen oder auch Tumore.“
OP-Programm in beiden Kliniken reduziert
Seit dieser Woche müssen auch in der Klinik Tettnang OPs verschoben werden. Ein Grund dafür ist, dass Anästhesiepfleger aus dem OP abgezogen werden, weil sie Erfahrung mit beatmeten und schwerkranken Patienten haben. Und nicht nur das: In beiden Häusern mussten bereits Stationen geschlossen werden. Nur so gelinge es, teilt der MCB mit, genug Pflegekräfte für die Versorgung der COVID-Patienten zu haben.
Selbst der Ausblick fällt beim MCB in diesen Tagen trübe aus. Noch falle kein Schnee, sind die Straßen nur in den Morgenstunden glatt. „Es ist nur noch eine Frage von Wochen, dass Patienten nach Winterbedingten Unfällen in die Notaufnahme kommen oder gebracht werden.“