Die Warnung verbreitete sich über Messengerdienste rasend schnell und zog weite Kreise. Angeblich soll ein Mann vergangene Woche mit Straftaten gegenüber Kindergartenkindern gedroht haben. Davor warnte zumindest eine Kurznachricht, die vor allem unter Eltern in Friedrichshafen geteilt worden war. Die Polizei stellte schon kurz darauf klar, was wirklich passiert war. Sprecher Oliver Weißflog weiß aber auch, „wenn solche Gerüchte erst einmal in der Welt sind, ist es schwer, sie wieder einzufangen“.

Was war also vorgefallen?

„Passt auf eure Kinder auf“, hieß es in der Warnung, die vor allem über WhatsApp geteilt wurde. Weiter wurde darin beschrieben, dass bei Manzell ein „Asylbewerber die Drohung ausgesprochen“ haben soll, „für jedes Jahr, das er auf den deutschen Pass warten muss, einem Kind im Kindergarten den Hals abzuschneiden“. Die Polizei würde daher verstärkt Streife fahren. Zudem wurde dazu aufgerufen, die Augen offenzuhalten. Die Warnung verbreitete sich über verschiedene WhatsApp-Gruppen und Social-Media-Kanäle, wurde immer größer, Spekulationen und Gerüchte entwickelten eine Eigendynamik.

Oliver Weißflog, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg.
Oliver Weißflog, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ravensburg. | Bild: Hilser, Stefan

Tatsächlich kann durch ein ungeprüftes Verbreiten solcher Nachrichten eine regelrechte Hysterie losgetreten werden, sagt Oliver Weißflog. Zahlreiche Menschen hatten sich an den Polizeiposten in Immenstaad und ans Revier in Friedrichshafen gewandt. Man habe in diesem Fall glücklicherweise recht schnell klären können, was wirklich vorgefallen war und habe darüber informiert, zum einen die Einrichtung, in deren Umfeld die Meldung offenbar verbreitet worden war, zum anderen habe man eine entsprechende Mitteilung veröffentlicht.

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Den Angaben der Polizei zufolge war ein 39 Jahre alter Mann am vergangenen Dienstag trotz Hausverbots in einem Einkaufszentrum in der Stockerholzstraße aufgetaucht und soll dort Kunden angepöbelt haben. Als die Beamten eintrafen, habe sich der Mann diesen gegenüber einsichtig gezeigt und gab an, lediglich Lebensmittel benötigt zu haben. Der Polizeiposten Immenstaad ermittelt nun wegen Hausfriedensbruch.

„Das vor allem unter den Eltern eines nahegelegenen Kindergartens verbreitetes Gerücht, wonach der Mann dabei auch mit Straftaten gegenüber Kindern und Polizeibeamten gedroht haben soll, stellte sich als falsch heraus“, betont Polizeisprecher Weißflog. Tatsächlich hatte der Mann in der Vergangenheit Aussagen wie diese getätigt, war daraufhin angezeigt, der Vorfall von der Polizei verfolgt worden. Dieser liegt aber bereits ein halbes Jahr zurück.

Wellen bis nach Berlin geschlagen

Pfarrer Andreas Taut spricht von einem regelrechten „Lehrstück von Panikmache“. Die evangelische Kirchengemeinde ist Träger des Kindergartens, in deren Umfeld die Warnung verbreitet worden war. „Wie genau die Falschmeldung beziehungsweise Halbwahrheit in Umlauf kam, wissen wir nicht. Beinahe im Minutentakt sind Nachrichten eingegangen. Das Ganze hat sogar Wellen bis nach Berlin geschlagen“, sagt Andreas Taut. Ein Bundestagesabgeordneter habe bei im angerufen und wollte wissen, was los sei.

Pfarrer Andreas Taut
Pfarrer Andreas Taut | Bild: Claudia Wörner

Taut stellt klar: „Wir sind nicht blind und die Polizei geht Warnungen selbstverständlich nach.“ In Panik zu verfallen, helfe allerdings nicht weiter. „Panik vernebelt den Verstand, daher gilt es, Ruhe zu bewahren“, betont er. Diese habe er hier vermisst. Im Kindergarten habe man das Thema Ende vergangener Woche nochmal aufgegriffen, gemeinsam mit einem Moderator darüber gesprochen. Erschreckend fand er, wie das Thema immer weiter aufgebauscht worden sei. „Plötzlich redet jeder mit, weiß vermeintlich noch etwas zu berichten“, so der Pfarrer.

Warnungen kritisch hinterfragen

Auch Oliver Weißflog würde sich wünschen, dass der Polizei in Fällen wie diesen das nötige Vertrauen entgegengebracht wird. Diese nehme Hinweise ernst und gehe Warnungen nach. Doch auch jeder Einzelne müsse kursierende Warnungen kritisch hinterfragen. So empfiehlt er, die Weitergabe von derlei Informationen sorgfältig zu prüfen. Ein gut gemeinter Post als Warnung sei schnell geteilt und genauso schnell verbreitet. „Unser Eindruck ist, dass Informationen vom Hörensagen heute schneller und niederschwelliger in Umlauf gebracht werden, ohne dass sie hinterfragt werden.“ Das könne zur Polarisierung und Verunsicherung beitragen.

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Woher solche Warnungen stammen, lasse sich nicht immer zurückverfolgen. Dass Posts wie diese politisch motiviert seien, könne man nicht ausschließen, in diesem Fall sehe man dafür keine Anhaltspunkte. „Auch wenn wir nicht ausschließen können, dass Gerüchte dann von gewissen Kreisen befeuert werden.“ In diesem Fall habe man diese glücklicherweise recht schnell richtigstellen können.

Christine Waggershauser, Rektorin der Grundschule Fischbach
Christine Waggershauser, Rektorin der Grundschule Fischbach | Bild: Lena Reiner

Auch bei Christine Waggershauser, Rektorin der Grundschule Fischbach, war der aktuelle Fall aufgeschlagen. „Eine Mutter hatte sich an uns gewandt, daher habe ich mit dem Kindergarten und der Polizei Kontakt aufgenommen. Wir hatten kurz darauf Elternbeiratssitzung und konnten dann auch gleich darüber aufklären, wie das hochgekocht war“, betont sie. Sie hält es für wichtig, dass man Sorgen ernst nimmt und schnell reagiert, Warnungen aber vor allem auf Plausibilität und Richtigkeit prüft.